Der denkmalgeschützte Gasthof Traube in Weiler soll einer Seniorenwohnanlage plus Tagespflegeeinrichtung weichen. Das Haus im Ortskern stammt aus dem 17. Jahrhundert. Im Ort formiert sich Widerstand gegen den Abriss.

Schorndorf - Für manche Bürger in Schorndorf-Weiler gehört das ehemalige Gasthaus Traube zur unverzichtbaren Dorfkulisse. Seit dem 17. Jahrhundert steht das denkmalgeschützte Fachwerkgebäude, das heute ein griechisches Lokal beherbergt, mitten im Ort, gegenüber der Kirche. Doch nun sieht es so aus, als seien seine Tage bald gezählt: Dem mehrere hundert Jahre alten Gebäude droht der Abriss.

 

Die Besitzer, eine Erbengemeinschaft, wollen das Grundstück in der Winterbacher Straße an die Paulus Wohnbau GmbH aus Pleidelsheim verkaufen. Die Firma plant, auf dem rund 2000 Quadratmeter großen Areal 16 bis 20 betreute Seniorenwohnungen zu bauen. In Kooperation mit der Diakoniestation Schorndorf und Umgebung soll außerdem eine Tagespflegeeinrichtung mit 14 bis 16 Plätzen entstehen.

In der Ortschaft formiert sich Protest

Eberhard Klasse und Birgit Fischer wohnen seit Jahren in Weiler. Bislang haben sie nicht viel miteinander zu tun gehabt, doch nun haben sie etwas gemeinsam: Sie möchten beide, dass das ehemalige Gasthaus Traube vom Abriss verschont bleibt. „Das Haus ist wohl eines der ältesten in Weiler und bildet mit der Kirche ein Ensemble“, sagt Eberhard Klasse. Außerdem sei das Lokal mit seiner Kegelbahn ein wichtiger Treffpunkt für die Vereine.

„Im Ortskern von Weiler sind sowieso nicht mehr viele alte Häuser erhalten“, sagt auch Birgit Fischer. „Wenn so ein Gebäude mal weg ist, dann ist das unwiederbringlich.“ Von den Abrissplänen habe sie durch Zufall erfahren: „Das ist im Ort noch nicht sehr bekannt.“ Nun aber, da die Nachricht vom möglichen Abriss die Runde macht, erwägen einige Bewohner Weilers, eine Bürgerinitiative für den Erhalt des Hauses ins Leben zu rufen. Eberhard Klasse argumentiert, das Bauprojekt und die Erhaltung des Fachwerkhauses müssten sich nicht unbedingt ausschließen: „Man könnte das Gasthaus integrieren und als Verwaltungsgebäude oder für Gemeinschaftsräume nutzen. Hinter dem Haus ist noch viel Platz für Seniorenwohnungen.“

Ob die Erbengemeinschaft vom sich formierenden Widerstand gegen den Abriss weiß, ist unklar: Bis zum Redaktionsschluss war gestern kein Vertreter zu erreichen.

Firma hofft auf die Abrissgenehmigung

Die Firma Paulus Wohnbau sitzt derweil in den Startlöchern. „Wir hoffen auf eine positive Entscheidung der Unteren Denkmalschutzbehörde“, sagt Erwin Paulus – und meint damit die Genehmigung zum Abriss. Der Firmenchef, der selbst in einer umgebauten Scheune wohnt, beteuert, man habe sich ernsthaft mit der Frage beschäftigt, wie und ob das alte Haus erhalten und in die neue Anlage integriert werden könnte. Das Fazit: „Es ist unmöglich, weil eine Barrierefreiheit nicht zu machen ist – und die hat in solch einem Bau eben oberste Priorität“. Laut dem Denkmalamt sei nur der Saal im ersten Stock mit seinen verzierten Stahlstützen schützenswert. Die Scheune sei auch als schützenswert eingestuft, „aber sie ist in einem derart schlechten Zustand, dass so viel ausgetauscht werden müsste, dass fast nichts Originales übrig bliebe“. Sollten die Denkmalschützer ihr Veto einlegen, wäre das Projekt für Paulus gestorben. „Wir haben ein ausführliches Gutachten erstellen lassen, das der Stadt zur Prüfung vorliegt. Man hat uns signalisiert, dass möglicherweise auf den Denkmalschutz verzichtet wird.“

Jochen Schäfer von der Unteren Denkmalschutzbehörde in Schorndorf betont: „Das Verfahren ist noch in der Schwebe und wird geprüft.“ Es gehe darum, ob es wirtschaftlich zumutbar sei, dass das Gebäude erhalten werde. Sein Urteil über das betagte Haus: „Es ist schon stark sanierungsbedürftig, sehr verbaut und verwinkelt.“

Welchen Schutz der Denkmalschutz bietet

Gesetzeslage
Als Kulturdenkmal gelten laut dem Denkmalschutzgesetz des Landes „Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht“.

Erhaltungspflicht
Eigentümer eines Kulturdenkmals sind verpflichtet, dieses zu erhalten. Aber nur, wenn es im Rahmen des Zumutbaren möglich ist. Falls nicht, darf ein Kulturdenkmal abgerissen werden.

Zumutbarkeit
Ob die Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes dem Besitzer zugemutet werden kann, entscheidet die Untere Denkmalschutzbehörde. Ihr muss der Eigentümer eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen. Die Behörde prüft diese Berechnung und entscheidet dann über die Zukunft des Denkmals.