Am Samstag , 6. Januar, ist der Beginn der schwäbisch-alemannischen Fasnet. Auch im Rems-Murr-Kreis werden nun wieder Masken und Häs abgestaubt – zum Beispiel bei der noch jungen Narrenzunft Großerlacher Schelmenbuckel.

An dunklem, dichtem Wald herrscht auf der Großerlacher Gemarkung kein Mangel. Es gab aber schon Zeiten, da war das anders. Denn die zahlreichen Glashütten, die ab dem späten 16. Jahrhundert rundum entstanden, brauchten Unmengen von Holz, um das für die Gegend typische, grün gefärbte Waldglas herzustellen. Dessen Überreste kommen noch heute beim Bearbeiten der Felder in Form grünlicher Scherben zutage. Zum Beispiel auf einem Acker unweit des Ortseingangs von Altfürstenhütte. „Dort stand ab 1605 eine Glashütte“, sagt Simone Schif und zeigt dann in Richtung der Ortschaft Neufürstenhütte, wo 90 Jahre später eine weitere Produktionsstätte für Waldglas in Betrieb ging.

 

Ein grünlich gefärbtes Glas prangt auch auf der Schürze, die sich Simone Schif umgebunden hat. Dazu trägt die Zunftmeisterin der Narrenzunft Großerlacher Schelmenbuckel einen grünen Rock samt brauner Jacke sowie eine rund drei Kilo schwere, vom Schwarzwälder Holzbildhauer Simon Stiegeler geschnitzte Maske mit gewaltiger Hakennase und hüftlangem rötlichem Rosshaar. „Jede Maske sieht ein bisschen anders aus“, sagt Nadine Schmidt, die wie Simone Schif als Waldglashexe auftritt – allerdings mit dunkler Wallemähne. Die Füße der Hexen stecken in geflochtenen Strohschuhen. Diese seien erstaunlich bequem, sagt Nadine Schmidt. Nur bei feuchter Witterung werde es untenrum ziemlich ungemütlich, erzählt Simone Schif: „Dann muss man Plastiktüten in die Schuhe einziehen oder Tauchersocken anziehen.“

Die Legende zur Narrenzunft hat der Bürgermeister aufgeschrieben

Im Sommer 2021 hat die 34-Jährige, die in Großerlach aufgewachsen ist, mit anderen Fans der schwäbisch-alemannischen Fasnet die Narrenzunft Großerlacher Schelmenbuckel gegründet. „Ich war mit meiner Familie früher in einem anderen Fasnetsverein aktiv“, sagt Simone Schif. Rasch wuchs der neue Verein auf 40 Mitglieder an, etwa die Hälfte davon mischt aktiv bei Veranstaltungen wie Umzügen und Ratshausstürmen mit. Die Narrenzunft sei eine gute Methode, um Spaß zu haben, das Brauchtum zu pflegen und auch Jüngeren ein bisschen Heimatgeschichte nahezubringen, findet Simone Schif. Sagen, Legenden und historische Gegebenheiten, die man aufgreifen könne, gebe es in der Gegend ja wahrlich genug.

Im Großerlacher Bürgermeister Christoph Jäger hat die junge Narrenzunft einen begeisterten Unterstützer gefunden: Der Schultes hat für den Verein sogar eigens die Legende vom Großerlacher Schelm und den Waldglashexen niedergeschrieben. Der Naturgeist, der angeblich in der Schelmenklinge bei Großerlach haust, hatte sich demnach mit einigen Frauen – den späteren Waldglashexen – zusammengetan, die nach dem Niedergang der Glashütten von ihren arbeitslosen Ehemännern verlassen worden waren. Im Jahr 1771 stellte zum Beispiel die Glashütte in Neufürstenhütte ihren Betrieb ein. Manch einer suchte sein Glück anderswo – und ließ Frau und Kinder einfach zurück.

Ein Betrüger in feinem Zwirn

Die komplette Geschichte über den Großerlacher Schelm und die Waldglashexen kann man auf der Internetseite der Narrenzunft nachlesen. Bei deren Veranstaltungen schlüpft Simone Schifs Bruder Timo in die Rolle des Schelms und zieht sich dazu eine aus einem Holzstück geschnittene, furchteinflößende Maske mit Geweih über.

Deutlich freundlicher wirkt die Figur des Bergrats Riedel, die Dirk Leibenzeder verkörpert. Seine Maske zeigt ein menschliches Antlitz mit Bart und einem verschmitzten Gesichtsausdruck. Die Kleidung weist auf einen eher wohlhabenden Mann hin: Der Bergrat trägt weiße Kniestrümpfe zu dunklen Knickerbockerhosen und einen schwarzen, mit goldenen Zierborten geschmückten Gehrock. „Ein Bergrat war ja damals eine Art Beamter oder Verwalter von Bergwerken“, sagt Simone Schif.

Im Falle des historisch belegten Bergrats Riedel handelte es sich aber um einen Betrüger. Keines der Bergwerke, in denen Bergrat Riedel im späten 18. Jahrhundert nach Edelmetallen schürfen ließ, hat je einen Gewinn abgeworfen. Die Aktionäre des Großerlacher Projektes investierten beispielsweise im Jahr 1773 umgerechnet rund 230 000 Euro – und warteten doch vergebens auf den großen Silberfund. Der dubiose Bergrat wurde zuletzt angezeigt, vor Gericht gestellt und zu einer Haftstrafe verurteilt. Danach verliert sich seine Spur. Immerhin hat er den Großerlachern aber mit dem Silberstollen eine Attraktion hinterlassen – und eine Geschichte, die es bis heute zu erzählen lohnt.

Mehr über die Großerlacher Narren hier: www.narrenzunft-grosserlacher-schelmenbuckel.de

Hier wird im Rems-Murr-Kreis Fasnet gefeiert – eine Auswahl an Terminen

6. Januar
 Masken- & Häsabstauben der Narrenzunft Großerlacher Schelmenbuckel in Altfürstenhütte, Beginn: 14 Uhr

3. Februar
 Narrensprung mit Rathaussturm in Althütte, Beginn: 14.31 Uhr

8.
Februar
Fasnachtsspiel mit Rathaussturm in Sulzbach, Beginn: 19 Uhr

9. Februar
Fasnet in Oppenweiler mit einer Narrenmesse in der St. Stephanus Kirche, Beginn um 16.01 Uhr, ab 18.11 Uhr Rathaussturm

10. Februar
Waiblinger Narrentage mit Umzug, Beginn: 14.30 Uhr

13. Februar
ab 14 Uhr Umzug durch Schorndorf sowie ebenfalls von 14 Uhr an Umzug durch Sulzbach an der Murr