Die Koalition feiert sich für den ersten Haushalt mit schwarzen Zahlen. Dass dies gelang, ist Finanzstaatssekretär Werner Gatzer zu verdanken.

Berlin - Auf den langen Gängen im Bundesfinanzministerium wird er oft mit einem Ringordner unter Arm gesichtet. Zu den Aufgaben des beamteten Staatssekretärs Werner Gatzer gehört es, wichtige Zahlen und Entwicklungen im Blick zu behalten. Der 56-Jährige ist im Ministerium der Mann für den Haushalt. Auf ihn kann sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verlassen. Dass der Bundeshaushalt im Jahr 2014 erstmals nach 45 Jahren mit einem kleinen Überschuss von 500 Millionen Euro abgeschlossen hat, ist in erster Linie Gatzer zu verdanken.

 

Zwischen Aufstellung und Ende des Haushaltsjahres vergehen in der Regel eineinhalb Jahre. Die große Haushaltsabteilung im Ministerium muss Vorsorge treffen, damit die Erwartungen nicht enttäuscht werden. Dieses Mal wurden sie übertroffen. Auch wenn ein bisschen Glück im Spiel war, weiß Schäuble, dass das „Schicksalsbuch der Nation“, wie der Haushalt gelegentlich bezeichnet wird, beim fußballbegeisterten Staatssekretär gut aufgehoben ist. Gatzer bringt nicht nur 25 Jahre Erfahrung im Finanzministerium mit. Ins Haus kam er im Jahr 1990, als der Minister Theo Waigel (CSU) hieß. Der Experte beweist großes Geschick, wenn es darum geht, unbemerkte Reserven im Etat anzulegen. Gatzer kalkuliert vorsichtig. Von seinem rheinischen Humor sollten sich Gesprächspartner nicht täuschen lassen. Er gilt als harter Verhandler, der Schäuble den Rücken frei hält.

Der SPD-Mann arbeitet für den Erfolg Schäubles (CDU)

Dass Minister und Staatssekretär gut harmonieren, hat auch damit zu tun, dass beide Juristen sind. Die Ökonomen haben zurzeit im Finanzministerium einen schweren Stand, denn deren Erklärungen und Vorhersagen halten Schäuble und Gatzer nur für begrenzt belastbar. Dass Schäuble nach dem Regierungswechsel 2009 den Haushaltsstaatssekretär übernommen hat, war keineswegs selbstverständlich. Gatzer ist Sozialdemokrat. Unter Hans Eichel (SPD) stand er dem Leitungsstab des Ministers vor. Nach einem kurzen Abstecher zur Finanzagentur des Bundes holte ihn 2005 Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zurück. Seitdem ist er für die Haushaltspolitik verantwortlich.

Aus seiner Laufbahn weiß Gatzer, dass Licht und Schatten in diesem Job eng beieinander liegen: Nach der Finanzkrise lieferte er im Jahr 2010 die Vorlage für einen Bundeshaushalt mit einer Rekordneuverschuldung von 80 Milliarden Euro. Jetzt freut er sich, dass die Trendwende gelungen ist. Er werde oft gefragt, ob die Haushaltsabteilung überhaupt noch etwas zu tun habe, berichtet Gatzer. Die Antwort liefert er gleich mit. Es werde schwer genug, die Nullverschuldung durchzuhalten. In den vergangenen Jahren bremste das Finanzressort die Ausgabewünsche. Mit Ausgaben von 296 Milliarden Euro lag das Budgetvolumen 2014 nur etwas etwas über dem Niveau von 2009. Dass missfällt natürlich den anderen Ministerien.

Gatzer koordiniert die Bund-Länder-Verhandlungen

Dass der Vater von vier erwachsenen Kindern künftig mehr Zeit für Privates hat, ist nicht zu erwarten. Auch seinem ausgeprägten Interesse an PS-starken Autos kann er nur gelegentlich nachgehen. Denn Gatzer mischt in vielen Bereichen mit. Er koordiniert die Verhandlungen mit den Ländern über die Neuordnung der Finanzbeziehungen. Außerdem ist er für die Zollverwaltung zuständig. Diese Aufgabe liegt ihm am Herzen. Als Staatssekretär muss er Erwartungen dämpfen. Darin entwickelt er Routine. Erfahrungen sammelte Gatzer auch bei Tarifrunden des öffentlichen Dienstes, bei denen er als Vertreter der Regierung mitverhandelt. Inzwischen wird Gatzer in der Regierung so stark mit Haushaltspolitik in Verbindung gebracht, dass ihn ein Staatssekretärskollege im Ministerium jüngst als „Werner Haushalt“ ansprach – ein echt Freud’scher Versprecher.