Nur wenige Tage nach den Unruhen von Ferguson drohen auch in New York gewalttätige Ausschreitungen. Hintergrund ist die Entscheidung einer Grand Jury, im Fall eines unter zweifelhaften Umständen gestorbenen Schwarzen keine Anklage gegen einen verantwortlichen weißen Polizisten zu erheben.

New York - Erneut muss sich ein weißer Polizist in den USA nicht für den Tod eines Afroamerikaners unter zweifelhaften Umständen verantworten. Die Geschworenen einer sogenannten Grand Jury in New York verzichteten am Mittwoch auf eine Anklage gegen einen Polizeibeamten, der einen schwarzen Familienvater bei einer Festnahme in den Würgegriff genommen hatte. Die Behörden in der Ostküstenmetropole befürchteten gewalttätige Proteste wie in Ferguson.

 

Der 43-jährige Eric Garner war Mitte Juli im New Yorker Stadtteil Staten Island von mehreren weißen Polizisten niedergerungen worden, die ihn des illegalen Zigarettenverkaufs verdächtigten. Auf einem Amateurvideo ist zu sehen, wie einer der Beamten ihn im Würgegriff hält, obwohl dies laut Dienstvorschriften verboten ist. Der unter Asthma leidende, übergewichtige Mann beschwert sich in dem Video mehrmals, dass er keine Luft mehr bekomme. Dann verliert er das Bewusstsein. Im Krankenhaus wurde der sechsfache Vater für tot erklärt.

Gerichtsmedizin erkannte Tötungsdelikt

Das von Passanten aufgenommene Handyvideo zeigt eindeutig, wie der Polizist Daniel Pantaleo den unbewaffneten Garner mit einem Würgegriff zu Boden reißt. „Ich kann nicht atmen“, rief der Mann, als ihn die Polizisten auf den Bürgersteig drückten. Zuvor hatte sich Garner gegen eine Festnahme gewehrt. Die Gerichtsmedizin stufte den Fall im Sommer wegen des Würgegriffs als Tötungsdelikt ein.

Die Geschworenen prüften seit September eine Anklage gegen Pantaleo. „Nach Beratungen über die in dieser Angelegenheit vorlegten Beweise hat die Grand Jury befunden, dass es keinen begründeten Anlass für die Erhebung einer Anklage gibt“, teilte die New Yorker Staatsanwaltschaft am Mittwoch schließlich mit.

Erst in der vergangenen Woche hatte die Entscheidung einer Grand Jury im Bundesstaat Missouri für Empörung gesorgt, die von einer Anklage gegen den weißen Polizisten Darren Wilson absah. Wilson hatte Anfang August bei einem Einsatz in der Kleinstadt Ferguson den schwarzen Teenager Michael Brown erschossen. Der Polizist handelte laut eigener Aussage nach einem Handgemenge in Notwehr, allerdings war der Jugendliche unbewaffnet.

Bürgermeister ruft dazu auf, auf Gewalt zu verzichten

Der Anklageverzicht löste landesweite Proteste aus, in Ferguson kam es zu Ausschreitungen und Plünderungen. Afroamerikaner fühlten sich in ihrem Verdacht bestärkt, von Polizei und Justiz systematisch benachteiligt zu werden. Auch Präsident Barack Obama schaltete sich in die Debatte um Rassismus und Polizeigewalt ein. Der erste afroamerikanische Staatschef der USA beklagte, dass „in zu vielen Teilen dieses Landes ein tiefes Misstrauen zwischen der Polizei und farbigen Menschen“ herrsche.

Die Entscheidung der Grand Jury in New York könnte den Zorn nun weiter anfachen. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio kündigte an, sich umgehend nach Staten Island zu begeben. Die Bevölkerung rief er auf, keine „Gewalt und Chaos“ zu verursachen. Garners Tod sei eine „schreckliche Tragödie“ gewesen.

„Die heutige Entscheidung ist eine, die viele in unserer Stadt nicht gewollt haben“, erklärte de Blasio. Der linksliberale Politiker war vor gut einem Jahr als erster Demokrat seit zwei Jahrzehnten zum New Yorker Bürgermeister gewählt worden und hatte unter anderem versprochen, gegen die Polizeiwillkür vorzugehen. Noch am Mittwoch wollte er eine Pressekonferenz geben.