Da steckt der Wurm drin: Erst eine Entgleisung im Gotthard-Eisenbahntunnel, dann ein Riss in der Decke des gut 40 Jahre alten Straßentunnels. Nun wird auch der Bau der zweiten Tunnelröhre teilweise gestoppt. Wer von der Schweizer Alpennord- auf die Südseite will, wird auch künftig Geduld mitbringen müssen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Nach einem Riss in der Decke des Gotthard-Straßentunnels in der Schweiz haben Behörden einige Bauarbeiten an der zweiten Röhre vorerst gestoppt, wie das Bundesamt für Straßen (Astra) mitteilte.

 

Der fast 17 Kilometer lange Straßentunnel war am Freitag (15. September) nach Reparaturen und fünf Tagen Sperrung wieder geöffnet worden. Am 11. September waren nahe des Nordportals des knapp 17 Kilometer langen Tunnels plötzlich Betonteile von der Decke gestürzt. Verletzt wurde niemand.

Wie das Astra erklärt, sind lediglich Ausbrucharbeiten „im unmittelbaren Bereich der Schadensstelle“ eingestellt worden. Anderswo werde der Bau der zweiten Röhre nach Plan vorangetrieben. Das habe vorerst auf den geplanten Termin zur Eröffnung der zweiten Röhre keine Auswirkung, sagt ein Astra-Sprecher.

Was ist der Grund für den Riss in der Tunneldecke?

Der Tunnel ist der längste Straßentunnel in den Alpen. Foto: Keystone/Urs Flueeler/dpa
Die Passstraße ist zwar hervorragend ausgebaut, verfügt aber über viele Kehren. Foto: Imago/Manuel Geisser
Blick von der Brüstung über der Einfahrt in das Nordportal. Foto: Keystone/Urs Flueeler/dpa

In der Zwischendecke wurde ein 25 Meter langer Riss entdeckt. Oberhalb der Zwischendecke befindet sich die Lüftung, die nur bei intakter Decke funktioniert. Der Tunnel wurde sofort gesperrt.

Fachleute hatten Spannungsumlagerungen im Berg für das Unglück verantwortlich gemacht. Auslöser können natürliche Bewegungen im Berg, ein leichtes Erdbeben oder Bauarbeiten gewesen sein, wie das Astra schon Anfang der Woche berichtete. Die Untersuchungen sollen nun vertieft werden.

Das Bundesamt für Straßen hatte nach dem Vorfall eine Stahlkonstruktion anstelle der defekten Zwischendecke einbauen lassen. Damit kann der darüberliegende Abluftkanal wieder funktionieren, durch den im Brandfall Rauch aus dem Fahrbahnraum abgeführt wird.

Wozu dient die zweite Tunnelröhre?

Foto: Keystone/Ti-Press/Alessandro Crinari/dpa
Blick in den Gotthard-Straßentunnel mit seinen beiden Fahrbahnen. Foto: Imago/localpic
Auf der Ausweichroute über den Gotthard-Pass bilden sich lange Staus, wenn der Tunnel nicht passierbar ist. Foto: Imago/Manuel Geisser

Der Tunnel mit je einer Spur Richtung Norden und Süden war 1980 eröffnet worden und führt quer durch das Gotthard-Massiv. Ein- und Ausfahrt liegen auf gut 1000 Metern über Meer. Jetzt das Bauwerk vor der Komplettsanierung, die zwei bis Jahre dauern dürfte. Um den Verkehr trotzdem durchleiten zu können, wird die zweite Röhre gebaut. Durch sie soll der Verkehr ab 2029 geführt werden.

Wenn die erste Röhre saniert ist, sollen ab 2032 beide gleichzeitig genutzt werden, je eine Richtung Norden und eine Richtung Süden. Die Kapazität wird aber nicht ausgebaut. Es soll bei je einer Fahrspur pro Richtung bleiben.

Täglich sind dort in beiden Richtungen zusammen rund 17 000 Fahrzeuge unterwegs. Der Tunnel ist eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen durch die Schweizer Alpen, auch auf dem Weg von Deutschland nach Italien. Er verbindet die Zentralschweiz mit dem an Italien grenzenden Kanton Tessin.

Gotthard-Eisenbahntunnel bis Anfang 2024 gesperrt

Der Gotthard-Basistunnel ist wahrscheinlich bis Anfang 2024 gesperrt. Foto: Keystone/Urs Flueeler/dpa
Personenzüge werden umgeleitet und fahren über mehrere Kehrtunnels bis auf gut 1000 Meter Höhe, ehe sie 15 Kilometer durch den alten Gotthard-Eisenbahntunnel ins Tessin fahren. Foto: Imago/Keystone/Urs Flueeler
Das verlängert die Fahrt um etwa eine bis zwei Stunden. Foto: Imago/Keystone/Urs Flueeler

Auch der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel von Erstfeld nach Bodio ist nach der Entgleisung eines Güterzugs am 10. August für den Personenverkehr zurzeit gesperrt. Dort sollen die Reparaturen nach Angaben der Schweizer Bahnen (SBB) mehrere Monate dauern. Laut ADAC soll die Sperrung bis Anfang 2024 andauern.

Personenzüge werden seitdem umgeleitet und fahren über mehrere Kehrtunnels bis auf gut 1000 Meter Höhe, ehe sie 15 Kilometer durch den alten Gotthard-Eisenbahntunnel ins Tessin fahren. Das verlängert die Fahrt um etwa eine bis zwei Stunden.

Info: Gotthard-Tunnel

Länge
Der Gotthard-Straßentunnel (italienisch „Galleria stradale del San Gottardo“) ist mit 16 942 Metern Länge der viertlängste Straßentunnel der Welt und der längste Straßentunnel in den Alpen.

Verbindung
Der Tunnel ist Teil der Schweizer Nationalstrasse A2 von Basel nach Chiasso. Die Autostraße verbindet Göschenen im Kanton Uri mit Airolo im Kanton Tessin.

Höhe
Das Nordportal bei Göschenen liegt auf 1080,27 Meter, das Südportal bei Airolo auf 1145,57 Meter.

Bau
Der Tunnel wurde von 1970 bis 1980 erbaut und am 5. September 1980 eröffnet. Der Gotthard-Straßentunnel ist der wichtigste Schweizer Korridor für Autos durch die Alpen .