Der Schweizer Generalkonsul für Baden-Württemberg, Ernst Steinmann, sieht seine Landsleute im A-81-Streit nicht im Verruf. In der Diskussion um Tempolimits wird immer mal wieder auf Raser aus der Schweiz verwiesen. Steinmann nimmt’s gelassen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Seit Ende August ist Ernst Steinmann Schweizerischer Generalkonsul in Stuttgart. Er kümmert sich um die Belange der fast 30 000 Eidgenossen, die in Baden-Württemberg leben. Im Zuge des Streits um ein Tempolimit auf einem grenznahen Abschnitt der Autobahn 81 war immer wieder auch der Vorwurf zu hören, es seien vor allem Schweizer, die dort schneller unterwegs seien, als es die Polizei erlaubt. Der Generalkonsul sieht die Debatte gelassen.

 
Herr Generalkonsul Steinmann, wann sind Sie das letzte Mal mit Hochgenuss über die A 81 gebrettert?
Ich bin Ende August 2017 in einem älteren Benziner gemütlich über die A 81 nach Stuttgart gefahren. Nachdem ich über 60-jährig bin, habe ich gleich nach der Ankunft am neuen Dienstort eine Bahncard 50 für Senioren gekauft und reise jetzt, wenn immer möglich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln, und in der Stadt bin ich mit dem Fahrrad unterwegs.
Mit Blick auf die Debatte um ein Tempolimit eines grenznahen Abschnitts auf der A 81 hat man den Eindruck gewinnen können, die Schweizer seien ein Volk von Rasern und Dränglern. Fühlen Sie sich an den Pranger gestellt?
Ich bedaure, dass Sie diesen Eindruck gewonnen haben. Rasen und Drängeln ist immer und überall gefährlich und deshalb strafbar. Daran ändert weder die Nationalität des Fahrers oder der Fahrerin noch das Land, in dem die Gesetze übertreten werden, etwas.
Auf Schweizer Autobahnen gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 120 Kilometern in der Stunde. Ist da die Versuchung wirklich groß, mal eben für etwas mehr Tempo über die Grenze zu fahren?
Auf Schweizer Autobahnen gilt seit 1. Januar 1985 Tempolimit 120 Kilometer in der Stunde. „Versuchung“ hin oder her, die Fahrweise muss immer den örtlichen Verkehrs- und Witterungsverhältnissen angepasst werden, selbst wenn die gesetzliche Limite eine höhere Geschwindigkeit zulassen würde.
Ist es nötig, Schweizer Autofahrer daran zu erinnern, dass sie sich auch im Ausland an die dortigen Regeln zu halten haben? Oder sind es nicht viel mehr Deutsche, die sich auf den vergleichsweise freien Schweizer Autobahnen nicht bremsen können?
Prävention und Information sind Daueraufgaben, weil Vorschriften sich ändern und jedes Jahr eine neue Generation junger Auto- und Motorradlenker und -innen im Straßenverkehr teilnehmen. Informationskampagnen die jedes Jahr – beispielsweise bei Beginn des Schuljahres – wiederholt werden, retten Menschenleben.
Die grün-schwarze Landesregierung ist über die Frage eines Tempolimits zerstritten. Wäre in der Schweiz ein ähnlicher Dissens in Fragen einer Geschwindigkeitsbegrenzung überhaupt denkbar?
Auch in der Schweiz gibt es bei diesem Thema mindestens zwei Lager und endlose Diskussionen. Ich glaube aber, dass viele Verkehrsteilnehmer und -innen in der Schweiz schon zufrieden wären, wenn sie auf den Autobahnen flüssig mit 120 Kilometer in der Stunde unterwegs sein könnten und nicht wegen Verkehrsüberlastungen und Baustellen regelmäßig im Stau warten oder nur sehr langsam weiterreisen könnten.