Viele Zahnärzte empfehlen Patienten unterschiedslos, die Zähne regelmäßig vom Profi reinigen zu lassen. Der medizinische Nutzen ist zweifelhaft. Nur die Zahnärzte profitieren immer.

Stuttgart - Die professionelle Zahnreinigung (PZR) – Preis je nach Aufwand meist zwischen 80 und 120 Euro – ist umstritten. Krankenkassen sehen keine klaren Beweise dafür, dass sie Patienten nützt. Forscher wie Peter Eickholz, Chef der Poliklinik für Parodontologie an der Universität Frankfurt, bewerten die Selbstzahlerleistung aus medizinischer Sicht ebenfalls kritisch. „Bei parodontal gesunden Menschen ist die PZR nicht unbedingt notwendig“, sagte er unserer Zeitung. Wer seine Zähne zweimal täglich effektiv putze, habe nur ein sehr niedriges Risiko für Karies und Parodontitis. Lediglich harte Beläge (Zahnstein) müssten professionell entfernt werden. Das zahlen die Kassen einmal im Jahr.

 

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Verbraucherschützer berichten, dass Patienten sich beim Thema PZR unter Druck gesetzt fühlen. „Wir erhalten immer wieder die Rückmeldung, dass Mediziner die Leistung regelrecht aufdrängen“, so Peter Grieble, Experte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Es komme sogar vor, dass die Weiterbehandlung davon abhängig gemacht wird, ob der Patient eine PZR in Anspruch nimmt.

Kassenzahnärztechefin Maier: PZR nicht mit der Gießkanne verteilen

Für die Krankenkassen ist „unklar“, ob die PZR Erwachsenen, die nicht unter einer Parodontitis leiden, etwas bringt. Obwohl die professionelle Zahnreinigung sehr verbreitet sei und von vielen Anbietern und Experten sogar als unverzichtbar eingestuft werde, sei der tatsächliche Nutzen für die Gesundheit von Zähnen und Zahnfleisch kaum untersucht, heißt es auf der Kassen-Webseite für Selbstzahlerleistungen (Igel-Monitor). Dessen ungeachtet beteiligen sich viele Krankenkassen auf freiwilliger Basis an den Kosten, die den Versicherten entstehen.

Ute Maier, Chefin der Kassenzahnärztlichen Vereinigung im Land, sagte unserer Zeitung, Befunde und Erkrankungsrisiko des einzelnen Patienten seien bei der Entscheidung, ob eine PZR erfolgen sollte, zu berücksichtigen. Patienten seien umfassend aufzuklären. Es sei allerdings „nicht zielführend“, die Selbstzahlerleistung nach dem Gießkannenprinzip über die Bevölkerung zu verteilen.

Torsten Tomppert, Präsident der Landeszahnärztekammer, erklärte, Maßnahmen wie die PZR dienten der Verbesserung der Mundgesundheit. Patienten könnten sie „eigenverantwortlich und nach Aufklärung durch den Zahnarzt in Anspruch nehmen“. Längerfristig sparten Patienten und Kassen Folgekosten.

Die PZR ist seit 2012 Bestandteil der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und wird durch Zahnmedizinische Fachangestellte geleistet, die häufig über eine Zusatzqualifikation verfügen. Die GOZ bestimmt über die Vergütung zahnärztlicher Leistungen für Privatversicherte. Zudem regelt sie die Abrechnungshöhe für den Anteil von Behandlungen, die Kassenpatienten selbst übernehmen müssen.