Andy Holzer ist der einzige blinde Profi-Bergsteiger Europas. Noch im Mai will er auf dem Gipfel des Mount Everest stehen. Wir begleiten ihn mit einer Serie bei seiner Vorbereitung und beim Weg hinauf in eisige Höhen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Mount Everest - 9. Mai 2017 – 37. Tag der Expedition des „Blind Climber“ Andy Holzer und seines Teams auf den Mount Everest.

 

Menschliche Lastesel

„Gestern am Nachmittag kamen unsere wahren Helden vom vorgeschobenen Basislager zurück. Unsere lieben Sherpas haben unsere Ausrüstung wie Zelte, Sauerstoff etc. bis Camp 3 verteilt“, schreibt Holzer in seinem täglichen Blog. „Man muss sich vorstellen, mit 30 Kilogramm im Rucksack sind die Übermänner für uns auf eine Höhe von 8300 Meter gestiegen.“

Das seien nur 311 Meter unter der Gipfelhöhe des K2 und höher als die meisten Achttausender. Und dieser Auf- und Abstieg hätte größtenteils in der Nacht stattgefunden. „Wenig Wind und wenig Menschen. So meinte Sherpa Karma, sind sie flott vorangekommen.“ Vom vorgeschobenen Basislager bis Camp 3 auf 8300 Meter und zurück ins Basislager auf 5165 Meter hätten diese „Wahnsinnstypen“ nur 24 Stunden gebraucht. „Ich kann mich nur demütig vor ihnen verbeugen.“

„Wieder flammen die heißen Gedanken zum Aufstieg wild auf“

Das Wetter sei durchwachsen gewesen, schreibt der Mann aus Tristach weiter. Schneefall und sehr kühl – „richtig ungut“. Die meiste Zeit hätten sie im Aufenthaltszelt mit Diskussionen und interessanten Gesprächen verbracht. „Jetzt am Nachmittag super feiner Sonnenschein und wieder flammen die heißen Gedanken zum Aufstieg wild auf.“

„Aber Geduld ist angesagt. Jeder möchte und niemand weiß genau wie und wann. Aber ich denke, genau auch das gehört dazu. Danach, wenn wir vom Gipfel zurückkommen, dann werden wir darüber nur noch lächeln. Sobald wir das Freizeichen bekommen, sind wir bereit und alles ist angerichtet.“

Die Sherpa

Ohne das Gebirgsvolk der Sherpa würde kein ausländischer Bergsteiger im Himalaya ans Ziel gelangen. Sherpas sind ideal an das raue Klima und die unwirtlichen Lebensbedingungen im Hochland des Himalaya angepasst. Die höchsten Dörfer liegen auf über 5000 Meter. Ihren Lebensunterhalt verdienen sie als Bauern, Händler sowie als Gepäckträger und Führer bei Hochgebirgs-Expeditionen.

Die Sherpa wanderten vor 300 bis 400 Jahren aus der osttibetischen Region Kham in das Zentral- und Süd-Himalaya ein. Das tibetische Wort Sherpa bedeutet Volk aus dem Osten. Die meisten der rund 180 000 Sherpas – rund 155 000 – leben im Osten Nepals in Solu-Khumbu, einer von 75 Distrikten in dem Himalaya-Staat, sowie in den grenznahen Regionen Chinas und Indiens. Sie sind überwiegend buddhistischen Glaubens und sprechen eine eigene Sprache, die ebenfalls Sherpa genannt wird.