Dass der maltechnische Allrounder als Untergrund oft billige Tapeten, Dekostoffe oder Wolldecken wählte, ist im Rückblick ein ironischer und doch irgendwie liebevoller Seitenhieb auf die peinliche Geschmackskultur des deutschen Kleinbürgertums. Aber auch die sich genialisch-begnadet gebende Kollegenschaft bekam von Polke ihr Fett weg. "Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!", schrieb der Spaßvogel 1969 auf eine weiße Leinwand mit schwarzem Dreieck.

1972, 1977 und 1982 nahm er an der Documenta teil


In den Achtzigern, als die Generation der "Neuen Wilden" zu einer neuen, schrillen Form von Figürlichkeit fand, entwickelte Polke sich in die Gegenrichtung, ja, er schien in impulsiven Tropf-, Schütt- und Wischbildern wieder auf die Anfangsjahre in der Klasse von Karl Otto Götz Bezug zu nehmen. Doch im Vordergrund stand dabei gar nicht mehr der innere Ausdruck, sondern das Ausprobieren. Mit Lacken und lichtempfindlichen Substanzen erschloss der emsige Farblaborant der Malerei innovative Verfahren. Seine Arbeiten bekamen so etwas geradezu Unkalkulierbares, denn sie veränderten ihre Oberfläche manchmal noch lange, nachdem sie das Atelier verlassen hatten.

Der stets öffentlichkeitsscheu gebliebene Malerstar hat alle Ehrungen und Erfolge eingesammelt, die der internationale Kunstbetrieb kennt. Allein dreimal, 1972, 1977 und 1982, nahm er an der Documenta teil. Außerdem war er deutscher Abgesandter der Biennale von Venedig und erhielt einen Ruf als Professor an die Hamburger Hochschule der bildenden Künste.

Vor seinem Studium an der Düsseldorfer Akademie hatte der Künstler eine Glasmalerlehre absolviert, was viele Gemälde sowie die späteren Leuchtkästen nicht zuletzt durch ihre handwerkliche Perfektion verraten. So schien er auch für die neue Fenstergestaltung des Züricher Großmünsters prädestiniert. 2009 war es Sigmar Polke noch vergönnt, dieses Großprojekt zu beenden.