Auf die Farbe kommt es an, wenn man gut aussehen möchte, sagt die Kornwestheimer Stilberaterin Cornelia Kruse.

Kornwestheim Nicht jeder sieht aus wie George Clooney oder Nicole Kidman. Aber man sollte wenigstens das beste aus sich machen, findet die Stilberaterin Cornelia Kruse.
Frau Kruse, wenn ich Sie mir leisten kann, brauche ich Sie nicht, oder?

Wieso?

Dann gehe ich zum feinen Herrenausstatter, gebe ordentlich Geld aus und komme gut eingekleidet wieder raus.
O nein, wenn ich mit Ihnen zum feinen Herrenausstatter gehe, kommen Sie gut eingekleidet raus. Gut, das heißt, zu Ihrer Persönlichkeit passend. Im Übrigen: so teuer bin ich gar nicht. Wenn Sie sich einen Anzug kaufen, in dem Sie dann nicht gut aussehen, ist das eine teure Fehlinvestition, vor der ich Sie bewahrt hätte.

Oder der erfahrene Verkäufer des Herrenausstatters.
Die Verkäufer haben eine andere Ausbildung, die meisten wissen nicht, wem welche Farben gut stehen. Oft empfehlen sie Farben danach, was die Kollektion gerade bietet.

Und Sie?
Wenn gerade keine passende Farbe da ist, rate ich, einfach nichts zu kaufen und zu warten, bis die richtigen Töne wieder in Mode sind. Das gilt übrigens auch für Schnitte von Kleidern oder Anzügen.

Das ist doch alles Geschmackssache.
Nur sehr bedingt. Da kaufen Leute Schwarz oder Weiß, weil es gerade in ist, und sie sehen furchtbar blass darin aus. Die Frage ist nicht, was ist in Mode, sondern was schmeichelt mir.

Und dann ist man immer völlig altbacken angezogen.
Keineswegs. Beim Anzug beispielsweise stellt sich die Grundfrage: Braun oder Blau? Das richtet sich nach dem persönlichen Hautunterton. Wenn die Farben dazu passen, sieht man viel frischer aus. Und umgekehrt: wenn Sie Ihrem Chef überzeugend vorspielen wollen, dass Sie krank sind und dringend nach Hause müssen, brauchen Sie nur einen Anzug oder ein Kleid mit der falschen Farbe anzuziehen, sofort wirken Sie fahl, blass, kränklich.

Aber schauen Sie sich um, alle tragen meist dunkelblaue oder graue Anzüge.
Aus Gewohnheit und weil es eine Uniform ist, da fühlt man sich sicher. Besser ist es, mit der richtigen Farbe die eigene Individualität zu unterstreichen und sich damit zum Strahlen zu bringen.

Und wie polen Sie jemanden um, dem partout nur Farben gefallen, die nicht zu ihm passen?
Ich stelle ihn vor einen Spiegel und lasse Farben wirken. Ich lege ihm Tücher um, das wirkt immer überzeugend. Es gibt Frühlings-,Sommer-, Herbst- und Wintertypen. Frühling und Herbst stehen für warme, gelbgrundige Farben, Winter und Sommer für blaugrundige.

Aber das Kleine Schwarzen steht doch jeder Frau gut.
Schwarz ist, egal ob Mann oder Frau, die Farbe der Kompetenz, es wirkt distanziert und gleichzeitig dominant. Darum tragen Künstler oft Schwarz. Sie wollen ihr Werk sprechen lassen und ihre Person zurücknehmen. Wenn eine Frau für einen besonderen Anlass ins Kleine Schwarze schlüpft, stellt sich die Frage, wie viel Dekolleté zeigt sie? Ist es groß, dann ist es nicht so schlimm, wenn Schwarz nicht zu ihr passt. Aber oft wäre eine andere Farbe schmeichelhafter. Und stellen Sie sich eine Frau in tiefem Rot vor unter lauter anderen Frauen im Kleinen Schwarzen: Sie sticht positiv heraus, die anderen gehen optisch unter.

Mut zur Farbe also?
Ja, aber zur richtigen.

Wer kommt eigentlich zu Ihnen und warum?
Leute, die sich weiterentwickeln wollen, meist beruflich. Aber auch Frauen nach der Babypause, die wieder in die Arbeitswelt einsteigen wollen. Und oft geht es um das Image: Wie wirke ich als Repräsentant meiner Firma? Manchmal schicken Frauen auch ihre Männer. Frauen sind übrigens interessierter als Männer daran, an ihrer Garderobe oder ihrer Erscheinung zu arbeiten. In der Mode gibt es heute alle Freiheiten, doch das verunsichert viele. Sie suchen bei mir Orientierung.

Und dann können sie ihre ganzen Klamotten wegschmeißen.
Nein, ich gehe den Kleiderschrank mit ihnen durch. Aber es ist tatsächlich schon vorgekommen, dass ein Mann den halben Schrank ausgeräumt hat. Danach sind wir zusammen für einige Tausend Euro Anzüge, Hemden, Krawatten und Schuhe kaufen gegangen.

Eine ordentliche Investition. Und wie lange kann man diese Klamotten dann tragen?
Die Frage ist, wie lange will man sie anziehen. Man sollte sich schon mit dem Trend und den Farben bewegen.

Auch, wenn der Anzug nach ein paar Jahren noch aussieht wie neu und das Hemd weder verwaschen noch verschlissen ist?
Weg damit, denn man setzt Signale mit der Kleidung. Große Schulterpolster, breit geschnittene Ärmel, das geht gar nicht mehr. Man zeigt damit, dass man geistig in der Zeit damals stehen geblieben ist. Und man kann nicht warten, bis die Sachen vielleicht wieder modern werden. Leute, die auf Äußeres Wert legen, sehen sofort, dass die Sachen alt sind. Drum: aussortieren. Das ist eine Frage des Selbstwertgefühls.

Eine kostspielige Haltung. Ich schließe daraus, das Ihre Kunden eher betucht sind?
Meist reifere Leute ab 35 oder 40, die etwas für sich tun wollen und einen gewissen Aufwand nicht scheuen. Es geht ja auch um Make-up, Hosenschnitt und Rocklänge, um Muster, Stoffarten und Frisuren, um Taschen, Tücher, Schuhe, Schmuck und Brillen. Und damit letztlich um die Frage: was und wer bin ich.

Und raus kommt dabei ein neuer Mensch oder wenigstens ein runderneuerter?
Ich bin ein Spiegel, der dem Kunden den Blick auf sich selbst öffnet. Ich mache dabei die Erfahrung, dass sich manche Leute gar nicht lange im Spiegel ansehen können, sie halten das kaum aus. Meine Aufgabe ist es, die Persönlichkeit, die Gestik, die Mimik, das Auftreten eines Menschen mit dem Outfit in Einklang zu bringen.

Kennen Sie populäre Beispiele, Menschen, denen das besonders gut gelingt?
Die Schauspielerin Jutta Speidel zum Beispiel ist sehr authentisch. Oder George Clooney natürlich.

Und Madonna?
Sie kann man nicht mit normalen Maßstäben messen, sie ist eine Marke und verändert ihren Typ laufend. Aber man sieht: Schwarz passt nicht zu ihr.

Angela Merkel?
Sie hat sich gut entwickelt im Vergleich zu ihrem Einstieg in die Politik. Aber es wäre schön, wenn sie öfter mal ein Kleid oder einen Rock tragen würde. Ihre Farben sind tendenziell gut, dass sie trotzdem nicht strahlt, liegt wohl an diesem Beruf. Das mit dem tiefen Dekolleté war übrigens ein Ausrutscher, das geht gar nicht.

Apropos Merkel: Gibt es völlig hoffnungslose Fälle?
Eigentlich nicht. Aber es gibt Menschen, die so unzufrieden mit sich sind, dass sie keine Freude an sich selbst haben. Da ist jede Beratung sinnlos.

Wann war denn eine Beratung für Sie erfolgreich?
Wenn der Kunde oder die Kundin hinterher Komplimente.
Das Gespräch führte Norbert Burkert