Fünf Männer müssen sich wegen der Einfuhr von Edelmetallen verantworten. Drei von ihnen waren Mitarbeiter eines Weil der Städter Schmuckgroßhandels.

Stuttgart/Weil der Stadt - Der größte Saal des Stuttgarter Landgerichts war am Freitagvormittag gut gefüllt. Neben den Mitgliedern der sechsten großen Strafkammer, dem Staatsanwalt und einer Sachverständigen nahmen noch fünf Angeklagte und 17 Rechtsanwälte Platz. Es ist ein Mammutverfahren, das bis Ende Juni dauern dürfte und bei dem drei ehemalige Mitarbeiter eines Schmuckgroßhandels in Weil der Stadt beteiligt sind.

 

Schon der Prozessauftakt hatte es in sich: Alfred Dierlamm, ein Verteidiger eines ehemaligen Geschäftsführers der Weil der Städter Firma, beantragte noch vor der Verlesung der Anklage, das Verfahren gegen seinen Mandanten einzustellen. Der Wiesbadener Anwalt betonte, sein 75-jähriger Mandant sei wegen einer Demenzerkrankung verhandlungsunfähig.

Hat der Angeklagte Demenz?

Seine Konzentrations- und Gedächtnisleistungen seien massiv beschränkt. Dies habe eine Untersuchung durch einen namhaften Neurologen ergeben. „Es war nicht möglich, mit dem Mandanten eine Einlassung vorzubereiten, da er sich nicht länger als zehn Minuten konzentrieren kann“, erklärte der Anwalt. Die Begutachtung durch die vom Gericht bestellte Sachverständige, die Verhandlungsfähigkeit attestiert habe, weise schwere Mängel auf.

Adina Schweickhardt, die vom Gericht beauftragte Rechtsmedizinerin, erwiderte, sie ziehe eine mögliche Demenzerkrankung nicht in Zweifel. Bei einem rund einstündigen Gespräch mit dem 75-Jährigen sei sie jedoch zum Ergebnis gekommen, dass eine mögliche Erkrankung die Prozessfähigkeit nicht beeinträchtige. Der Angeklagte sei zumindest stundenweise in der Lage, dem Verfahren zu folgen. Eine Entscheidung über die Verhandlungsfähigkeit vertagte das Gericht.

Bandenmäßiger Schmuggel?

Erst eine Stunde nach Prozessbeginn kam der Erste Staatsanwalt Marcus Höschele dazu, die 109 Punkte umfassende Anklage zu verlesen. Sie wirft dem 75-jährigen ehemaligen Geschäftsführer des Weil der Städter Schmuckgroßhändlers, einem 54-jährigen Mitgeschäftsführer, dem 64-jährigen ehemaligen Vertriebsleiter und dem 40-jährigen Geschäftsführer einer Firma in Liechtenstein bandenmäßigen Schmuggel vor, einem 41-jährigen Österreicher Beihilfe dazu.

Der 40-Jährige soll zwischen Februar 2020 und März 2021 bei 108 Fahrten aus Liechtenstein über Österreich Edelmetalle, überwiegend Gold und Silber, ohne Zollanmeldung nach Deutschland eingeführt haben. Der 41-Jährige soll ihm dabei gelegentlich als Späher beim Grenzübertritt gedient haben.

14 Millionen Euro Steuern nicht abgeführt?

Die drei Mitarbeiter der Weil der Städter Firma hätten dafür gesorgt, dass die wahre Herkunft der Edelmetalle verschleiert wurde und hätten die Eingänge als privat verbucht. Im Gegenzug soll der 40-Jährige das erhaltene Bargeld nach Liechtenstein eingeführt haben.

Es soll sich um insgesamt 2,9 Tonnen Edelmetall handeln, der Gesamtwert der nicht abgeführten Einfuhr-Umsatzsteuern soll sich auf knapp 14 Millionen Euro belaufen. Der Ex-Vertriebsleiter ist zudem wegen Geldwäsche angeklagt. Er soll Gold- und Silbergranulat im Wert von rund 3,1 Millionen Euro verkauft haben, das aus den Betrugstaten einer Bitcoinfirma mit Sitz in Malta und London stammt.