Durch Werbung in sozialen Netzwerken und coronabedingter Wanderlust ist die Hörschbachschlucht bei Murrhardt oft so überlaufen, dass die Verantwortlichen nun Konsequenzen ziehen.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Hoffnungslos zugeparkte Wanderparkplätze, vermüllte Büsche und Waldwege, Bikinipartys unterm Wasserfall, mit Strandmatten und Wasserpfeife – was sich in den vergangenen Jahren zur Hochsaison entlang der Hörschbachschlucht abgespielt hat, war Naturschützern zunehmend ein Dorn im Auge. „Mit sanftem Tourismus hatte das nichts mehr zu tun“, sagt Murrhardts Bürgermeister und Naturparkvorsitzender Armin Mößner. „Das war ein Rummelplatz im Schwäbischen Wald.“ Dabei befänden sich die Hörschbachwasserfälle in einem Bannwald und seien naturschutzrechtlich hochgradig geschützt.

 

Mit Sandalen unterwegs

Schützen müsste man wohl auch manche der Besucher – vor sich selbst. „Wir sind hier in Mittelgebirgslage, es gab Leute, die wollten mit Flip-Flops und Sandalen durch die Schlucht wandern.“ Verstauchte und sogar gebrochene Füße seien die Folge gewesen. Zur Bergung musste dann die Feuerwehr anrücken. „Wir haben hier ja keine Bergwacht, also machen das Ehrenamtliche der Freiwilligen Feuerwehr.“ Zur besseren Orientierung habe man die Schlucht in verschiedene Zonen eingeteilt und Bergungspunkte ausgeschildert. Als dann neben den Wanderparkplätzen auch die Waldwege derart zugeparkt waren, dass die Feuerwehr nicht mehr ohne Weiteres an den Unfallort fahren konnte, war Schluss. „Es wurde ein Sicherheitsdienst eingerichtet, der dafür gesorgt hat, dass nur noch so viele Fahrzeuge zu den anliegenden Wanderparkplätzen fahren, wie es dort Stellplätze gibt.“ Man habe auch die Wanderparkplätze erweitert. Aber die reichten irgendwann nicht aus. So musste der Rest sein Fahrzeug in den Nebenstraßen oder auf Supermarktparkplätzen in Murrhardt abstellen – und erst mal zum Wandern in die Schlucht wandern.

Im Mai 2020 war dann vollends Schicht in der Schlucht – zumindest unten am Bachlauf. „Wir haben die offiziellen Wege aus der Schlucht hinausgelegt und sie für Wanderer und Spaziergänger ausgebaut.“ Die beliebten Wasserfälle seien auf diesen Wegen immer noch gut zu erreichen, erklärt der Naturparkvorsitzende. Aber der verschlungene Bachweg mit Brücken und Stegen wurde und bleibt für den Durchgang gesperrt. „Immer wieder reißen Leute die Flatterbänder herunter oder werfen die Verbotsschilder in den Bach“, sagt Mößner. Doch an der Sperrung halte man fest. Ganz bewusst würden auch die beschädigten Brücken und Stege nicht repariert, um den Durchgang zu erschweren.

Situation erst mal konsolidieren

„Wir müssen die Situation erst mal wieder konsolidieren, so dass man sagen kann, das ist sanfter Tourismus.“ In der vergangenen Saison 2022 sei es schon besser geworden als die beiden Jahre zuvor, in denen die Reisemöglichkeiten durch Corona eingeschränkt waren. Als Gründe für den Zustrom in die Schlucht nennt Mößner neben der Pandemie auch die Medien und die sozialen Netzwerke. „Da kommt ein Bericht im Fernsehen, ein Foto in der Zeitung, oder es stellt jemand sein Selfie ins weltweite Netz, und schon meinen alle, sie müssten auch zu den Wasserfällen pilgern.“ Es gelte, die Bürger zu schützen, aber genauso die Natur.

Mehr als 700 alternative Strecken

Für Barbara Schunter sind die derzeit geltenden Einschränkungen „absolut nachvollziehbar“. „Wenn der Weg zu stark frequentiert ist, so dass die Natur darunter leidet und man sich auf den Füßen steht, dann haben auch die Besucher nichts davon“, sagt die Geschäftsführerin des Vereins Schwäbischer Wald Tourismus. Nach wie vor würden sich bei ihr Anrufer erkundigen, wie lange der Bachweg durch die Hörschbachschlucht noch gesperrt sei. Sie rate dann zu alternativen Strecken: „Der Weg, der um die Schlucht herum führt, ist nach wie vor ein schöner Weg.“ Es sei aber beileibe nicht die einzige sehenswerte Tour im Naturpark. Allein fünf zertifizierte Premiumwanderwege gebe es im Schwäbischen Wald, zwei weitere sollen im Frühjahr dazukommen. Doch gebe es noch weit mehr zu entdecken: „Wir haben allein auf fünf gedruckten Einzelkarten 146 Wandertouren, im Internet findet man über unsere interaktive Karte Q-Vadis rund 700 Routen mit knapp 3000 Sehenswürdigkeiten“, sagt Schunter. Es müsse sich im Schwäbischen Wald beileibe keiner auf die Füße treten lassen – weder in Wanderstiefeln noch in Flip-Flops.

Wandern im Schwäbischen Wald

Sperrung
Der Bachweg in der Hörschbachschlucht ist aufgrund von Fels- und Erdrutschen und wegen Brückenschäden nicht begehbar. Es besteht Unfallgefahr. Daher ist der Bachweg bis auf Weiteres gesperrt. Beide Wasserfälle sind jedoch zugänglich, zwischen dem Vorderen und Hinteren Wasserfall kann auf einem sicheren Forstweg oberhalb der Schlucht gewandert werden. Umleitungen sind vorhanden.

Alternative Routen
Der Verein Schwäbischer Wald Tourismus verweist auf seine Homepage unter der Adresse www.schwaebischerwald.com. Dort können knapp 700 Touren mit fast 3000 Sehenswürdigkeiten abgerufen werden. Darunter auch die sogenannten Premiumwanderwege; dabei handelt es sich um Strecken- und Rundwanderwege, die durch das Deutsche Wanderinstitut zertifiziert wurden, hervorragend markiert sind und einen besonders hohen Erlebniswert aufweisen.