Stuttgart, für immer erste Liebe: In unserer neuen Reihe erzählen Stadtkinder, was sie an ihrer City so lieben - und was sie so richtig nervt. Heute mit Olaf Sperling, Weinhändler, Dackelfan und Fahrradfahrer aus dem Walther Weinhaus.

Stuttgart - Das Weindorf läuft wieder. „Endlich!“, jauchzen die einen und freuen sich schon auf Schlangestehen für Trollinger und Maultäschle. Die anderen schütteln stöhnend den Kopf, beklagen diesen Cannstatter Wasen mit Wein statt Bier. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen, und nach mittlerweile vierzig absolvierten Weindörfern wird auch das 41. Fluch für die einen und Segen für die anderen sein. Aber so ist es ja mit vielem. Parklets zum Beispiel. Oder Feinstaubalarm.

 

Fakt ist jedoch: Man muss in Stuttgart nicht aufs Weindorf, um guten Wein zu trinken. Im und um den Kessel gibt es mittlerweile eine ganze Reihe schicker Weinbars oder Weinhandlungen mit Ausschank, die neueste hat sich erst vor wenigen Wochen an der Calwer Straße niedergelassen. In einem ehemaligen Gürtelgeschäft, direkt neben dem unverzichtbaren Briefmarkenladen (nur hier: die Original Hawid-Klemmtaschen für den Sammler!) hat das Walther Weinhaus seine kleine Tür geöffnet. Halb Weinhandlung mit internationalem Sortiment, halb Ausschank mit wechselnden offenen Weinen und einem Dackel als Namenspatron, schalten und walten hier die Wein-Enthusiasten Olaf Sperling und Christian Kopp.

Kein Gerede, kein Gehabe

Obwohl, eigentlich bezeichnen sich die beiden Schulfreunde gerne mal als „Wein-Atmosphäriker“. Das zeigt schon, was das Weinhaus Walther für ein Ort ist: „Es ist ein Weinort“, betont der Stuttgarter Sperling, der mit seinen zwei Brüdern und besagtem Dackel am Marienplatz wohnt. „Kein Gerede, kein Gehabe, nicht nur bloße Theorie. Mittlerweile haben wir ein bunt gemischtes Publikum – von jung bis alt ist alles vertreten.“

Nach dreieinhalb beruflichen Jahren in Frankfurt bei Wein- und Gastro-Legende Frank Zlunka, in denen er viel über Wein gelernt und vor allem massig Wein getrunken hat, landete er noch mal für zwei Jahre in Berlin. Dann die Rückkehr nach Stuttgart. Jetzt steht er einmal in der Woche auch im People hinter der Bar – als laute Abwechslung zum geruhsamen Weinhaus, sozusagen. Am liebsten bringt er mit Christian Kopp aber junge Leute neu an die Flasche, um es mal überspitzt zu sagen. „Insbesondere jüngere Stuttgarter schreckt die verstaubte Theorie einer Weinhandlung immer noch ab und sie bleiben lieber bei ihrer Weinschorle, obwohl sie eigentlich offen wären für geilen Wein“, sagt Sperling, der mit seinen 27 Jahren sicherlich weiß, wovon er spricht. Was Sperling so über die Stadt und ihre Eigenarten denkt, haben wir bei einem feinen Gläschen herausgefunden.

Seit wann lebst du in Stuttgart? Mein Vater betreibt einen Demeterhof im Südschwarzwald. Dort lebte ich bis zu meinem sechsten Lebensjahr und zog dann nach Stuttgart.

Wann und wo hast du dich in Stuttgart verliebt? Ich war knapp vier Jahre in Frankfurt am Main und zwei Jahre in Berlin. Da ist es passiert. Na ja, wie so oft lernt man etwas erst schätzen, wenn man es nicht mehr hat.

Wo ist deine Hood? Marienplatz und Karlshöhe gehen immer. Seit kurzem natürlich auch am Fluxus – direkte Nachbarschaft.

Wo ist Stuttgart am schönsten? In der Weihnachtszeit. Und dann einfach überall.

Wo am hässlichsten? Da fällt mir spontan tatsächlich nichts ein.

Dein Lieblingsort in der Stadt? Die Aussichtsplattform am Bubenbad/Villa Reizenstein ist schon megaschön. Da kommen eigentlich immer Kindheitserinnerungen hoch.

Ein Geheimtipp, den du ausnahmsweise mit uns teilst: Bennos Antiquitätenladen am Berliner Platz! Selbst rausfinden, weshalb...

Welchen romantischen Ort wählst du für ein erstes Date? Würde es mir nicht gehören, würde ich ins Weinhaus Walther gehen. Ansonsten mit einer Flasche Grauburgunder von St. Remigius aus Baden zum Santiago-de-Chile-Platz oder ins Paul & George wie auch in die Schwarz-Weiss-Bar. Falls es eher ein spätes Date ist...

Dein Lieblingsrestaurant? Seit Kurzem das Positano in der Calwer Straße. Insbesondere der Innenbereich ist sehr schnuckelig.

Ein guter Ort für ein Glas Wein? Die Weinhandlung Kreis.

Wie hat sich die Calwer Straße in den vergangenen Jahren entwickelt? Na ja, das Fluxus spricht ja wohl für sich. Ich habe auch das Gefühl, hier wird noch einiges passieren. Ich denke da an den wundervollen Blumenladen Blossfeldt.

Beste Bar? Das Paul & George! Es ist einfach eine wunderschöne Bar – und die Jungs und Mädels verstehen wirklich was von ihrem Handwerk.

Wo hängst du im Sommer am liebsten ab? Da gibt es einige Orte. Sehr angenehm ist aber die Karlshöhe oder das Teehaus und, als zweiter kleiner Geheimtipp, das Sillenbucher Bädle.

Wie bist du in der Stadt unterwegs? Meistens mit dem Fahrrad oder mit Car2Go.

Was fehlt dieser Stadt am meisten? Spontaneität.

Was wolltest du in Stuttgart immer schon mal machen, hast es aber noch nie geschafft? Mit der Zacke fahren!

Wenn es in die Weinberge der Stadt rausgeht, dann am liebsten…? Zu Moritz Haidle vom Weingut Karl Haidle im Remstal.

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