Exklusiv Die Pläne des Großaktionärs Wolfgang Porsche, Vermögensteile steuersparend nach Österreich zu verlagern, alarmieren die Politik. Das Steuerschlupfloch wird rückwirkend geschlossen. Damit sollen Ausfälle in Milliardenhöhe vermieden werden.

Berlin - Von der Öffentlichkeit unbemerkt schließen Bundestag und Bundesrat ein Steuerschlupfloch in gewaltigem Ausmaß. Am vergangenen Monat beschäftigte sich der Finanzausschuss des Bundestages in einer Anhörung mit dem Gesetz, mit dem die deutschen Steuergesetze an den EU-Beitritt Kroatiens angepasst werden. Das klingt wenig spektakulär. Doch in dem Kroatien-Gesetz ist eine brisante Regelung enthalten: Millionäre und Milliardäre werden es künftig schwerer haben, ihr Vermögen dem deutschen Fiskus vorzuenthalten. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung sollen mit der geplanten Gesetzesverschärfung „Steuerausfälle in Milliardenhöhe“ verhindert werden. So steht es in den Anträgen für den Deutschen Bundestag, die der StZ vorliegen.

 

Aufgeschreckt wurden Bund und Länder von den Plänen des Milliardärs Wolfgang Porsche, der 2010 von Deutschland nach Österreich umzog. Das prominente Mitglied des Porsche-Clans, das Großaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender der Porsche AG ist, erregte im März bundesweit Aufsehen. Damals machte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ Porsches Plan bekannt, Vermögensteile steuersparend nach Österreich zu verlagern. Weil Wolfgang Porsche vorab eine Einschätzung der Finanzbehörden zu dem Vorhaben erbeten hatte und der Antrag an die Öffentlichkeit gelangte, wurden die Finanzministerien hellhörig. Solche Voranfragen sind ein gängiges Mittel, wenn Steuerzahler verbindliche Auskünfte zu schwierigen Steuerfragen erhalten wollen. Der Fiskus ist bei einer Antwort an seine Auslegung gebunden. Die Finanzministerien haben aber auch die Möglichkeit, keine Auskunft zu geben. Wegen des Steuergeheimnisses dringen solche Anfragen für gewöhnlich nicht nach außen. Das war bei Wolfgang Porsche anders. Obwohl die Finanzverwaltung nie erklärt hat, wie Porsches Anfrage beschieden wurde, wird vermutet, dass die Behörden schlicht keine Stellungnahme abgegeben haben. Grund: die Beamten sehen in Porsches Steuermodell eine missbräuchliche Gestaltung.

Offiziell wird es zwar nicht bestätigt, aber mit dem Bekanntwerden der Pläne Wolfgang Porsches machten sich die Finanzministerien umgehend an die Arbeit. Auf Drängen aller 16 Länderfinanzminister regte der Bundesrat eine rasche Gesetzeskorrektur an. Offenbar befürchten die Länder Nachahmer, die Porsches Beispiel folgen wollen. Dem Vernehmen nach sollen sich einige Familienunternehmen und Beraterteams eingehend mit dem möglichen Steuerschlupfloch befasst haben.

Die Politik hat innerhalb weniger Monate reagiert

Die Antwort der Politik kommt schneller, als viele erwartet haben: Mit einer Novelle des Paragrafen 50 i Einkommensteuergesetz soll die vermeintliche Steuerlücke geschlossen werden. Für die sogenannte Wegzugsbesteuerung gilt bald ein strengeres Recht. Dabei geht es darum, wie deutsche Bürger steuerlich behandelt werden, wenn sie ihren Wohnsitz ins Ausland verlagern. Weit verbreitet ist die Meinung, reiche Unternehmer könnten sich beispielsweise einfach mit einer Wohnsitzverlagerung ins Ausland vor dem deutschen Fiskus drücken. Doch so leicht geht es längst nicht mehr. Wenn etwa Firmeninhaber abwandern, behält der deutsche Fiskus schon nach dem geltenden Recht Zugriff auf das Betriebsvermögen. Im Fall von Wolfgang Porsche heißt das: Wenn seine Beteiligungen an Porsche, VW oder Scania veräußert werden, hält der deutsche Fiskus die Hand auf, obwohl Porsche im österreichischen Bundesland Salzburg lebt. Porsches Berater glaubten nun, eine rechtliche Lücke gefunden zu haben. Mit dem Gesetz wird dieser Spielraum eingeengt.

Der CDU-Finanzpolitiker Olav Gutting begründet die Korrektur auch mit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2010 (IR 81/09), die Zweifel an der geltenden Wegzugsbesteuerung aufkommen ließ. Der Gesetzgeber sorgt nun für eine Klarstellung. Im Einzelnen geht es um gewerblich geprägte Personengesellschaften. Lösen die Kapitaleigner nach einem Wegzug ins Ausland stille Reserven der Gesellschaften auf, müssen die Gewinne in Deutschland versteuert werden. Dies regelt das neue Gesetz unmissverständlich. Der deutsche Fiskus soll kein Nachsehen haben. Damit soll Steuersparmodellen der Boden entzogen werden.

Laut Gutting gibt es in diesem Punkt einen eindeutigen Regelungsbedarf. „Wir wollen vorbeugend tätig werden“, erklärte der baden-württembergische CDU-Bundestagsabgeordnete. Der Gesetzgeber werde Steuervermeidungsstrategien verhindern. Gutting räumte ein, dass es gerade im Steuerrecht häufig zu einem „Hase-Igel-Rennen“ komme. Immer wieder werde versucht, Lücken auszunutzen.

Was Porsche unterschätzt haben dürfte, ist die Geschwindigkeit, mit der die neuen Regeln kommen. Es ist erst vier Monate her, seitdem Porsches Vorstoß öffentlich wurde. Schon in der nächsten Woche will der Bundestag die Gesetzesverschärfung beschließen, eine Woche später entscheidet der Bundesrat. Es gibt noch eine weitere Überraschung: Die strengeren Regeln sollen rückwirkend zum 1. Januar 2014 in Kraft treten. Damit dürften sich manche Steuersparmodelle, die gerade ausgetüftelt werden, von selbst erledigt haben.