Olivenöl Nativ extra soll die höchste Güteklasse anzeigen. Doch die Hälfte der geprüften Produkte fällt bei den Warentest-Testern durch.

Stuttgart - Es ist schon frustrierend: Da nimmt man für den knackig-frischen Salatmix extra ein teures Olivenöl – und dann schmeckt alles irgendwie muffig, modrig oder ranzig, auf jeden Fall wenig schmackhaft. Die Ursachensuche führt schließlich zum Olivenöl. Und mit einem preisgünstigen, aber „normal“ schmeckenden Öl ist dann alles wieder bestens, der Salat schmeckt wie eh und je.

 

Diese Erfahrung muss man leider immer wieder machen, wenn man sich ein Fläschen mit Öl der höchsten Güteklasse gönnt: „Natives Olivenöl extra“ heißt die, und sie soll garantieren, dass nur beste Qualität ohne jeglichen Fehlgeschmack abgefüllt wurde. In der Praxis ist das aber leider viel zu häufig nicht der Fall, wie jetzt die Stiftung Warentest herausgefunden und in ihrem aktuellen Februarheft „Test“ veröffentlicht hat: Von den geprüften 26 Produkten schnitten 13 mit mangelhaft ab. Nur ein Produkt – das spanische Öl O-Med Pcual – erhielt die Note gut.

Für Liebhaber von gutem Olivenöl lohnt es sich allerdings, nach den Gründen für dieses beeindruckend schlechte Gesamturteil zu suchen. Dabei fällt auf, dass sieben Öle wegen ihrer mangelhaften sensorischen Qualität durchgefallen sind. In der Bewertung der Tester tauchen dann Begriffe wie stichig, modrig, ranzig oder wurmstichig auf. Wer ein solches Öl beim Kauf erwischt, hat wahrlich keine Freude mit den damit zubereiteten Speisen. Nicht umsonst darf Öl der höchsten Güteklasse keinen einzigen sensorischen Fehler haben.

Schimmelpilze verursachen modrigen Geschmack

Wie aber kommt es zu solch unerwünschten Geschmacksnoten? „Modrig war der häufigste Fehler, den meist Hefen und Schimmelpilze verursachen“, erläutert die Stiftung Warentest. Wenn Oliven vor dem Einsammeln auf dem Boden lagen und bereits zu gären begonnen hatten, kann dies zu einem stichigen Geschmack führen. Besonders zu kämpfen hatten die Olivenbauern im Erntejahr 2014/15 mit der Olivenfliege. Von ihr befallene Früchte können dem Öl einen angefaulten, auch als wurmstichig charakterisierten Geschmack verleihen. Insgesamt sind auf den Bewertungsbogen, welche die Prüfer auszufüllen haben, 15 typische Fehler aufgelistet.

Das zweite große Problem, das zur Note mangelhaft führte, sind im Öl enthaltene Schadstoffe. Da hilft es dann auch nichts mehr, wenn die sensorische Qualität mit sehr gut bewertet wurde wie beispielsweise bei dem Bio-Olivenöl „Agrestis Nettar Ibleo“, das immerhin 40 Euro pro Liter kostet. Es war sehr hoch mit sogenannten gesättigten Mineralöl-Kohlenwasserstoffen (MOSH) belastet. Auch alle anderen Öle enthielten diese Verbindungen, allerdings in nicht so bedenklich hohen Konzentrationen. Als mögliche Ursachen für die Belastung nennt Warentest Abgase und technische Öle, aber auch reines Paraffinöl – und das sei als Pflanzenschutzmittel in der EU selbst im Bioanbau erlaubt.

Vier Produkten wurde die hohe Belastung mit einer weiteren Schadstoffgruppe zum Verhängnis: den aromatischen Mineralöl-Kohlenwasserstoffen (MOAH), die als potenziell krebserregend eingestuft sind. Die übrigen gefundenen Schadstoffe – Weichmacher, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sowie das in der Kunststoffproduktion eingesetzte Styrol- führten schlimmstenfalls zu einer Abwertung auf die Note ausreichend.

Pestizid-Rückstände liegen unter Höchstgrenzen

Die Warentester widmeten sich auch den Pflanzenschutzmitteln und prüften die Öle auf 500 dieser Substanzen. In 20 Produkten wurden sie fündig. Dass es sich dabei vor allem um Insektenbekämpfungsmittel handelt, lässt sich mit dem Kampf gegen die Olivenfliege und die problematischen Feuerbakterien (Xylella fastidiosa) erklären. Insgesamt lagen die Pestizid-Rückstände aber deutlich unter den von der EU festgelegten Höchstgrenzen – in einem Falle allerdings nur knapp, was dann zur Note ausreichend führte.

Während schlechter Geschmack und hohe Belastung mit Schadstoffen triftige Gründe sind, auf den Kauf eines Öls zu verzichten, könnte man vielleicht über Fehler bei der Deklaration hinwegsehen. Die Stiftung Warentest tut dies allerdings nicht – schließlich handelt es sich um Verbrauchertäuschung, wenn das auf dem Etikett angegebene Ursprungsregion von der mit der Herkunft des Inhalts abweicht. Und das war bei mehreren getesteten Ölen der Fall: „Unsere Analysen offenbaren: Selbst EU-Herkunftssiegel sind keine Garantie für die tatsächliche Herkunft“, schreiben die Tester. Bei drei mit solchen Siegeln dekorierten Ölen deckten sich die Angaben nicht mit den Laborbefunden. Und bei fünf Produkten stimmte offenbar nicht das aufgedruckte Herkunftsland, etwa Italien oder Spanien. Bei einigen weiteren Produkten reichten die Verdachtsmomente für eine – wie es die Tester formulieren – „kritische Bewertung“ nicht aus.

Pflichtangaben meist nicht vorhanden

Ärgerlich ist auch, dass keines der geprüften Etiketten den strengen Blicken der Prüfer standhielt. So fanden sich nur bei drei Ölen die erforderlichen Pflichtangaben (in deutscher Sprache): „Native Olivenöl extra“, „erste Güteklasse – direkt aus Oliven ausschließlich mit mechanischem Verfahren gewonnen“ sowie die Herkunft. Unerfreulich ist auch, dass teilweise mit unerlaubten Gesundheitsversprechen geworben wurde, beispielsweise „Hilft Ihren Cholesterinspiegel zu senken“.

Dabei kann man von Olivenöl tatsächlich gesundheitlich profitieren (siehe Kasten). Aber dann sollte man sich auch gute Öle kaufen. Und die gibt es: Platz eins im Test hat mit der Gesamtnote gut (2,4) das spanische O-Med Picual aus Spanien erreicht, das allerdings 40 Euro pro Liter kostet. Deutlich preisgünstiger ist mit 6,40 Euro pro Liter das drittplatzierte Produkt: Andorinha, ein portugiesisches Öl, das es als Aktionsware bei Lidl gab.

Gesundes Öl

Warentest
Die Berliner Warentester warnen davor, angesichts der teilweise frustrierenden aktuellen Testergebnisse über Olivenöle der höchsten Güteklasse auf das vielseitige und schmackhafte Öl ganz zu verzichten. „Wer viel Olivenöl verzehrt, kann gesundheitlich profitieren“, konstatiert Warentest.

Mittelmeerkost
Olivenöl ist Bestandteil der sogenannten Mittelmeerkost, zu der auch wenig Fleisch, dafür aber viel Gemüse und Hülsenfrüchte sowie Salate, Obst,Fisch und Nüsse gehören. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass sich damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich senken lässt. Bedeutsamer Bestandteil ist die Ölsäure, die wichtigste einfach ungesättigte Fettsäure. Sie soll den Gehalt an problematischem Cholesterin senken.

Gesundheitshinweis
Die EU hat festgelegt, dass nach eingehender wissenschaftlicher Prüfung nur bestimmte gesundheitsbezogene Aussagen, die sogenannten Health Claims, bei der Werbung für Lebensmittel zulässig sind. Laut Stiftung Warentest ist für Olivenöl nur ein einziger derartiger Hinweis gestattet: „Olivenöl-Polyphenole tragen dazu bei, die Blutfette vor oxidativem Stress zu schützen.