Taha Elfatlawi besucht die zehnte Klasse des Schickhardt-Gymnasiums. Der 15-Jährige gehört zu den besten in seiner Klasse, engagiert sich im Chor und in der SMV. Die Baden-Württemberg- und die Josef Wund-Stiftung haben ihn deshalb als Stipendiat in das Programm „Talent im Land“ aufgenommen.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Manchmal fragt sich Taha Elfatlawi: „Warum ich?“ Es hätte doch auch jemand anderes als Stipendiat ausgewählt werden können, sagt er. Klar habe er sich Gedanken gemacht, was er besonders gut könne. Der Zehntklässler ist da etwas bescheiden. Er glaubt, im Debattieren sei er ganz gut. Seine Lehrerin am Schickhardt-Gymnasium habe ihm gesagt, er besitze eine gute Argumentationsfähigkeit, „ich könne politische Zusammenhänge gut erklären und mich damit auseinandersetzen“, sagt Taha. Außerdem sei er sehr empathisch. „Ja, ich merke schon schnell, wenn jemand anderes etwas braucht“, sagt der 15-Jährige.

 

Der 15-Jährige ist in einer Großfamilie aufgewachsen

Taha ist in einer Großfamilie aufgewachsen, er hat fünf Geschwister. Sie leben im Stuttgarter Westen. Weil seine Mutter oft mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat, kümmert er sich intensiv um seine beiden jüngeren Geschwister. „Das stelle ich dann auch über mein Leben, sie haben Priorität“, sagt Taha. Es seien oft anstrengende Zeiten gewesen zu Hause. „Da musste ich oft tapfer sein.“ Trotzdem ist Taha ein fröhlicher Kerl, er lacht ständig, lässt sich nicht unterkriegen. Auch die Schule hat er deshalb nicht schleifen lassen, nach jedem Schuljahr hat er einen Preis bekommen. Sein Notendurchschnitt war immer besser als 1,8, und nebenbei war er drei Jahre Klassensprecher und engagiert sich in der SMV.

Zum 1. September ist er aufgrund seiner Begabung und seines Engagements in das Programm „Talent im Land“ (TiL) aufgenommen worden. Die Josef Wund Stiftung und die Baden-Württemberg-Stiftung wählen jedes Jahr in einem mehrstufigen Verfahren 50 besonders begabte und engagierte Schülerinnen und Schüler aus Baden-Württemberg für ihr Stipendiatenprogramm aus. „Taha hat die Jury nachhaltig beeindruckt mit seiner Mischung aus großer Motivation, Leistungsbereitschaft und seinen vielfältigen Interessengebieten“ sagt Katie Wolf vom TiL-Büro in Tübingen. „Und er ist ein echter Teamplayer.“

Die Herkunft soll nicht über den späteren Werdegang eines Kindes entscheidenPoliut

Über 400 junge Menschen bewerben sich jedes Jahr. Die Stipendiaten eint: Sie sind engagiert, motiviert und begabt. Seit dem Jahr 2003 fördern die beiden Stiftungen junge Menschen, die aus schwierigen Verhältnissen kommen, weil die Herkunft nicht über den späteren Werdegang entscheiden soll. Manche Stipendiaten haben Schicksalsschläge in der Familie erlitten oder sind mit ihren Eltern nach Deutschland geflohen.

Taha ist in Deutschland geboren, seine Mutter stammt aus Marokko, sein Vater aus dem Irak. Durch die Krankheit der Mutter musste er früh lernen, Verantwortung für sich und seine Geschwister zu übernehmen. Vermutlich deshalb ist er so besonders einfühlsam geworden, macht sich viele Gedanken um andere und die Welt. Sein Lieblingsfach sei deshalb auch Ethik. „Ich denke viel darüber nach, wie andere Menschen denken und argumentieren. So philosophische Sachen, das habe ich glaub gut drauf.“

Seine ältere Schwester hat auch das Gymnasium besucht, sie war ebenfalls in dem Förderprogramm „Talent im Land“. Inzwischen hat sie Abitur gemacht, reist durch Marokko und möchte Medizin studieren.

Sein Talente sind vielfältig, er kümmert sich aber vor allem viel um andere

Das hat sich auch Taha mal überlegt. „Ich habe da zurzeit oft Umstellungen bei meinen Plänen“, sagt er und lacht. Studieren möchte er auf jeden Fall – und dafür auch in eine neue Stadt oder gar in ein anderes Land ziehen. Was, weiß er gerade aber nicht. Er suche noch nach einem Beruf, in dem er recht selbstständig arbeiten könne „und meine eigenen Ziele verfolgen kann“, erklärt er noch. „Nicht einfach so ein Bürojob.“ Er möchte sich lieber „selbst verwirklichen“.

Etwas Künstlerisches oder mit Sport vielleicht schwebt ihm vor. Er zeichne auch sehr gerne. Jeden Monat bekommt Taha nun 150 Euro als Stipendiat. Von dem ersten Geld hat er sich Stifte gekauft fürs Zeichnen. Man könnte meinen, das reicht an Talenten und Engagement für einen 15-Jährigen. Neben der Schule spielt Taha aber auch noch Basketball im Verein, früher war er ein recht guter Schwimmer. Zweimal war er baden-württembergischer Meister. Dann hörte er auf. „Ich gehe jetzt lieber skaten.“ Oft treffe er am Nachmittag auch einfach Freunde.