Der Nazigegner Alfred Leikam ist wie die Waiblinger Elsbeth und Hermann Zoller vom Staat Israel mit dem Titel „Gerechte unter den Völkern“ geehrt worden. Die SPD-Gemeinderatsfraktion möchte nun, dass nach Leikam eine Straße benannt wird.

Waiblingen - Hundert Jahre alt wäre Alfred Leikam in diesem September geworden. Geboren ist der Mann, der ein erklärter Gegner der Nazis war, in Korb. Zur Schule ging er in Waiblingen – und dort, im Herderweg, hat er nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager Buchenwald auch mehrere Jahre lang gelebt. Im Jahr 2003 ist Alfred Leikam posthum als „Gerechter unter den Völkern“ vom Staat Israel in der Gedenkstätte Yad Vashem (siehe „Erinnerung an den Holocaust“) gewürdigt worden. Im KZ Buchenwald hatte er dem holländischen Juden Max Nebig das Leben gerettet. Der Ehrentitel gilt als die höchste Auszeichnung, die Israel an Nichtjuden vergibt.

 

Ein Vorbild für andere

Keine Frage: Der Notar und Politiker Leikam ist ein Mensch, der als Vorbild dienen, ein Einwohner, auf den eine Kommune stolz sein kann. Doch bis heute trägt keine Straße und kein Platz in Waiblingen oder in Korb Alfred Leikams Namen – anders als in Schwäbisch Hall, wo eine Straße und ein Blockheizkraftwerk nach ihm benannt sind.

Wenn es nach der SPD-Fraktion im Waiblinger Gemeinderat geht, soll sich das ändern: Die Sozialdemokraten haben bei der Verwaltung den Antrag gestellt, Alfred Leikam zu würdigen – mit der Benennung einer zentral gelegenen Straße oder eines Platzes. Dem Pfarrerehepaar Elsbeth und Hermann Zeller, das einige Jahre nach Leikam in Yad Vashem für die Rettung von Ines und Max Krakauer geehrt wurde, ist diese Ehre bereits im Jahr 2008 zuteil geworden: Seitdem heißt der Hof der Karolingerschule nahe des Alten Postplatzes Elsbeth- und Hermann-Zeller-Platz.

„Es muss keine Hauptstraße sein, aber wir wollten eigentlich eine im Zentrum gelegene Straße nach Alfred Leikam benannt haben“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Roland Wied. Er habe dem Oberbürgermeister eine Straße im Neubaugebiet Gerbergärten vorgeschlagen, aber daraus werde aus verschiedenen Gründen wohl eher nichts. Den Herderweg, Leikams einstigen Wohnort, umzubenennen, sei wohl auch keine Option, die bei den Anwohnern auf Gegenliebe stoße. Andererseits wolle die SPD nicht warten, bis irgendwann ein Neubaugebiet in der Kernstadt die Gelegenheit zu einer Benennung biete.

Statt Ernst Heinkel Alfred Leikam

Daher hat der Vorschlag der Stadtverwaltung, die nach dem umstrittenen Flugzeugbauer benannte Heinkel-Straße im Teilort Neustadt umzubenennen, durchaus Charme für Roland Wied. Ernst Heinkel runter vom Schild, Alfred Leikam rauf – diese Symbolik habe „etwas für sich“. Derzeit geht der SPD-Fraktionsvorsitzende davon aus, dass eine Mehrheit der Gemeinderäte dem Antrag zustimmt. Der Ausschuss für Wirtschaft, Kultur und Sport wird sich voraussichtlich am 26. Februar mit dem SPD-Antrag beschäftigen.

Erinnerung an den Holocaust

Yad Vashem
Die Gedenkstätte in Jerusalem erinnert an die nationalsozialistische Judenvernichtung und dokumentiert den Holocaust wissenschaftlich. Der Staat Israel ehrt dort seit dem Jahr 1953 Personen mit dem Titel „Gerechte unter den Völkern“, die unter Einsatz ihres Lebens jüdischen Menschen während des Nazi-Regimes von 1933 bis 1945 halfen. Aktuell werden in der Gedenkstätte 553 nichtjüdische Deutsche geehrt, dazu gehören der durch den Film „Schindler’s Liste“ bekannt gewordene Oskar Schindler oder der Stuttgarter Widerstandskämpfer Willi Bleicher.

Alfred Leikam
Der 1915 in Korb geborene Notar und Politiker Alfred Leikam ging in Waiblingen zur Schule, machte eine Ausbildung als Notar und war ein erklärter Gegner des Nationalsozialismus. 1938 wurde er verhaftet und kam in das KZ Welzheim, danach nach Buchenwald. Dort wurde er 1943 überraschend entlassen. Später war er Vorsitzender der Waiblinger Entnazifizierungsspruchkammer, wofür er angefeindet wurde.