Der Ludwigsburger Gemeinderat segnet die Pläne der Verwaltung für eine neue Wohnbaulandoffensive ab – trotz der Proteste aus der Immobilienbranche. Die städtische WBL soll künftig deutlich mehr günstige Mietwohnungen bauen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Die Rolle rückwärts ist ausgeblieben. Der Ludwigsburger Gemeinderat hat am Mittwoch trotz der vehementen Proteste aus der Immobilienbranche die Eckpunkte für die künftige Baulandentwicklung festgelegt. Demnach sollen in der Stadt bis zum Jahr 2023 acht neue Baugebiete mit einem Gesamtvolumen von 700 bis 1000 Wohneinheiten entwickelt werden. Allein die zwei größten Gebiete in Ludwigsburg-Ost und Oßweil sowie in Neckarweihingen umfassen insgesamt eine Fläche von zirka 10 Hektar, bei den restlichen sechs handelt es sich um kleinere Bauflächen. Außerdem wurde beschlossen, dass ein erheblicher Teil der Grundstücke in diesen acht Gebieten für Sozialwohnungen sowie für die städtische Wohnungsbaugesellschaft (WBL) reserviert wird, damit diese dort preisgünstige Mietwohnungen errichtet.

 

Schon im Vorfeld der Sitzung hatte der Oberbürgermeister Werner Spec erklärt, dass sich die Situation auf dem Ludwigsburger Wohnungsmarkt drastisch zugespitzt habe und die Stadt darauf dringend regieren müsse. Der Markt allein werde dieses Problem nicht lösen, sagte der OB. Denn in den vergangenen Jahre seien zwar viele neue Wohnungen gebaut worden, aber eben keine günstigen.

Die städtische Wohnungsbaugesellschaft erhält mehr Bauland für Mietwohnungen

Dieser Einschätzung folgte der Gemeinderat fast einstimmig. „Wir erleben eine Marktunvollkommenheit zu Lasten der Schwächeren“, sagte der Grünen Stadtrat Michael Vierling. Lediglich die Lubu-Stadträtin Elga Burkhardt stimmte gegen das Konzept.

Der neue Beschluss fußt auf einer Entscheidung aus dem Jahr 2007, wonach Baugebiete in Ludwigsburg nur entwickelt werden dürfen, wenn die Stadt zuvor in den Besitz aller Grundstücke gelangt ist – damit will das Rathaus verhindern, dass sich Bauträger Flächen sichern, um anschließend die Bedingungen zu diktieren. Diese Vorgabe wurde nun konkretisiert. Sobald das Rathaus alle Grundstücke erworben hat, wird es diese künftig nach einem festgelegten Schlüssel weitergeben: 10 bis 15 Prozent der Flächen für den Geschosswohnungsbau sollen „geeigneten Investoren“ für den Bau von Sozialwohnungen angeboten werden. Weitere 30 Prozent werden an die städtische Wohnungsbaugesellschaft verkauft – gekoppelt an die Bedingung, dass diese in mindestens der Hälfte aller ihrer neuen Wohnungen subventionierte Mieten anbietet. Die restlichen Flächen werden an Baugruppen, Investoren und Bauträger veräußert.

Die Immobilienunternehmer sind wütend – und fürchten um ihre Entfaltungsmöglichkeiten

Neben den Grünen betonten auch die CDU, die Freien Wähler, die SPD, die FDP und die Linke, dass sie den Verteilungsschlüssel für angemessen halten – gleichzeitig forderten mehrere Stadträte die Verwaltungsspitze auf, das Gespräch mit den Bauträgern zu suchen und die verhärteten Fronten zu lösen.

Große Immobilienunternehmen wie Pflugfelder, Strenger oder Wüstenrot hatten zuletzt öffentlich beklagt, die Stadt raube ihnen mit der Baulandoffensive alle Entfaltungsmöglichkeiten. Der Hauptvorwurf lautet, in Ludwigsburg werde der Versuch unternommen, die städtische WBL in eine marktbeherrschende Position zu drücken. Spec ging im Gemeinderat nur kurz auf die Kritik ein und betonte, dass auch die Privatunternehmen immer die Möglichkeit hätten, Sozialwohnungen oder günstige Mietwohnungen zu bauen. „Allerdings habe ich bislang nicht bemerkt, dass daran wirklich ein Interesse besteht.“

Künftig sollen deutlich mehr Wohnugen gebaut werden – damit die Preise sinken

Deshalb wird nun das Geschäftsmodell der WBL geändert. Bislang kann sich die städtische Tochter ihre günstigen Mieten leisten, weil sie parallel im lukrativen Geschäft mit Eigentumswohnungen aktiv ist. Künftig soll sich die Gesellschaft fast ausschließlich auf Mietobjekte spezialisieren, was den Vorteil hat, dass sie mittelfristig deutlich mehr vergünstigte Mietwohnungen wird anbieten können. Der Nachteil ist, dass der WBL eine wichtige Einnahmequelle wegbricht. „Wir denken daher darüber nach, der WBL künftig vergünstigtes Bauland anzubieten“, sagt Spec.

Ob tatsächlich alle acht Baugebiete umgesetzt werden, ist unklar, denn noch sind die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern nicht überall abgeschlossen. Weitere Projekte sind bereits in Planung: auch auf dem Baywa-Areal, dem Bima-Areal, am Sonnenberg, in der Jägerhofkaserne oder am Gämsenberg soll zumindest teilweise preiswerter Wohnraum entstehen.