Seit mehr als 25 Jahren spielt das Strohgäu-Brass-Quintett ein breites und doch ambitioniertes Repertoire – von Bohemian Rhapsody bis zu Beethovens Fünfter.

Korntal-Münchingen - Dass ein Musiker sein Instrument selbst baut, kommt selten vor. Winfried Preibisch hat nicht nur seine eigene Posaune, sondern auch die Trompete eines Mitspielers gefertigt – und gleich noch beide Messing-Instrumente mit edlem Silber überzogen. „Das gibt es heutzutage oft“, erklärt der gelernte Metallblasinstrumentenmacher. Was aber eigentlich ein bisschen widersinnig ist. Denn: Das fünfköpfige Ensemble, in dem Winfried Preibisch spielt, trägt das goldglänzende Metall sogar im Namen: Strohgäu Brass.

 

Keinen Chef, aber einen musikalischen Anspruch

Fast drei Jahrzehnte steht das Quintett auf den Bühnen in der Region – doch während der Coronapandemie war auch für das Ensemble, das im Musikverein Münchingen seinen Ursprung hatte, Pause. „Wir haben ziemlich lang gespielt“, sagt Martin Heck. Zuletzt kam eine Woche vor dem Konzert die Absage. Letztlich bekräftigte diese Erfahrung die Musiker darin, erst wieder aufzutreten, wenn ein Konzert ohne Einschränkungen möglich ist.

Dass es weitergeht, steht für Martin Heck außer Frage. Dann werden Preibisch, Heck und die anderen Ensemblemitglieder – wie fast jeden Montag seit mehr als 25 Jahren – nach der Arbeit zum Üben in die Musikschule Münchingen kommen.

Sie haben die unterschiedlichsten Berufe – Architekt, Elektroingenieur, Informatiker, Kfz-Sachverständiger, Musterbau-Leiter. Was sie eint: die Liebe zum warmen Ton ihrer Blechblasinstrumente. „Wir haben hier keinen Chef – aber schon einen musikalischen Anspruch“, sagt Winfried Preibisch, Mitte 60 und damit Senior in der Runde. Thomas Roth ist mit Mitte 20 der Jüngste und spielt die Tuba. Die anderen nennen ihn lachend „unser Nesthäkchen“.

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Sie freuen sich, dass sie ihn gefunden haben, als sein Vorgänger sich vor Kurzem in den musikalischen Ruhestand verabschiedete. „Es muss ja nicht nur vom Spiel-Niveau her passen, sondern auch menschlich“, sagt Martin Heck. Er bläst das Horn – und ist über die Instrumentenvorstellung in der Musikschule Münchingen und den Musikverein zu seinem Instrument gekommen. Es war keine Liebe auf den ersten Blick: „Ich konnte wählen zwischen Querflöte und Horn – da war die Entscheidung einfach“, sagt Martin Heck. Mittlerweile kann er sich ein Leben ohne das Instrument nicht mehr vorstellen: „Es passt zu meinem Charakter – bodenständig, vielseitig und auch mal impulsiv.“

Die musikalische Laufbahn seines jüngeren Bruders Andreas, der eine der beiden Trompeten im Ensemble spielt, verlief über Umwege: Während seiner Zeit in Münchingen erlernte er die Klarinette. Als Heck zur Bundeswehr kam, meldete er sich für den Dienst bei der Jagdhornbläsertruppe und sattelte auf Trompete um, die dort gerade gebraucht wurde. Am Anfang bedeutete das vier Stunden täglich üben: „Bei offiziellen Anlässen mussten wir ja auswendig spielen, etwa wenn die Eröffnung der Landesgartenschau anstand oder Lothar Späth zu einer offiziellen Veranstaltung einlud.“

Der Beginn war schwierig

Das neue Instrument zu lernen, war gar nicht so einfach: „Anders als bei der Klarinette, wo jede Klappe für einen Ton steht, muss man sich beim Blechblasinstrument schon vorher über die Tonhöhe bewusst sein“, erklärt Heck. „Es gibt nur einen Griff für verschiedene Töne.“ Nur mittels Lippenspannung und -vibration sowie der Zungenstellung erzeugt der Musiker unterschiedliche Tonhöhen und -stärken. „Stellen Sie sich vor, ein Kind würde Autogeräusche machen – so ungefähr geht es.“

Der Fachmann für besondere Töne bei Strohgäu Brass ist Thomas Bauer. Er spielt nicht nur Trompete, sondern auch ihre kleine Variante, die Piccolo-Trompete. Als das Quintett Bohemian Rhapsody von Queen zum Besten gibt, treibt Thomas Bauer sein Mini-Instrument in die höchsten Töne hinauf und bringt den Gast innerlich zum Mitsingen: „Galileo, Galileo, Figaro, Magnifico.“ Beim folgenden Dixieland-Stück wippen die Füße unwillkürlich mit.

Kopf frei bekommen durch Musik

Und Beethovens Fünfte, arrangiert für Bläser, klingt volltönend – und neu. „Natürlich kann man nicht das gleiche erwarten, als wenn ein großes Orchester spielt. Aber wer offen ist, hat vielleicht Freude daran“, sagt Martin Heck. Die haben die fünf Musiker, die alle in Musikvereinen spielen, auf jeden Fall.

Natürlich üben sie auch während der Pandemie zu Hause fleißig, mit Dämpfer und verstärkt über Kopfhörer, damit es nicht zu laut wird. „Bei nur Fünfen kann man sich nicht verstecken“, sagt Winfried Preibisch. Das Musizieren bedeutet ihnen viel: ein wertvoller Ausgleich sei es, der den Kopf frei mache und beim „Runterkommen“ helfe, ein Ventil zum Ablassen, das auch Konzentration erfordere.

Bis zu 15 Aufritte im Jahr vor Corona

Zwischen 10 und 15 Gigs hatte Strohgäu Brass vor Corona im Jahr, Kirchenkonzerte wie bald das Passionskonzert in der katholischen Kirche in Münchingen, aber auch Firmenengagements oder öffentliche Auftritte wie den Sommer am See in Böblingen. Was nun nach Corona kommen wird, ist offen. Über die Zukunft hätten sie sich schon Gedanken gemacht – sie werden schließlich nicht jünger. Klar ist für Martin Heck indes eines – es wäre schön, wenn der Name Strohgäu Brass Quintett erhalten bliebe.