Stuttgart 21-Projektleiter Stefan Penn dementiert ihm zugeordnete Aussagen, wonach der Terminplan für die Bauarbeiten infrage gestellt ist.

Stuttgart - Nach wie vor herrscht Unklarheit darüber, ob die Bahn, wie vom Projektsprecher Wolfgang Dietrich mehrfach betont, den vorgesehenen Starttermin Januar 2013 für die Tiefbauarbeiten im Schlossgarten einhalten kann oder nicht. Der für das milliardenteure Bauvorhaben verantwortliche Projektleiter Stefan Penn dementierte am Montag ein Pressezitat, wonach er gesagt haben soll, es werde „schwierig, 2013 mit dem Bau anzufangen“, man arbeite aber darauf hin.

 

Mittlerweile will Penn von dieser Äußerung nichts mehr wissen. Auf Anfrage ließ er stattdessen mitteilen: „Es ist definitiv so, dass wir Anfang 2013 mit den Arbeiten am Trog anfangen werden. Dieser Starttermin steht in keinster Weise infrage. Die Vorbereitungsarbeiten laufen so, dass wir auf Basis der bestehenden Beschlüsse mit den Arbeiten beginnen werden. Es war nicht einfach, dies sicherzustellen und den Bautakt neu zu ordnen, gleichwohl haben wir hierfür eine gute Lösung gefunden.“

Wie berichtet, hatten Bahn-Vertreter, darunter nach StZ-Informationen auch Penn, bei einem Treffen mit Aufsichtsbehörden und Vertretern der Projektpartner selbst Zweifel am terminierten Baubeginn für den Tiefbahnhof geäußert. Aus Kreisen des Eisenbahn-Bundesamts verlautete danach, die Bahn rechne stattdessen mit einem Jahr Verspätung bei der Inbetriebnahme der Grundwassermanagementanlage. Das baden-württembergische Verkehrsministerium hatte dies gegenüber der Stuttgarter Zeitung bestätigt und zugleich erklärt, man gehe „nach den bisherigen Aussagen der DB AG davon aus, dass Hauptbaumaßnahmen, die in das Grundwasser eingreifen, wie zum Beispiel das Ausheben des Trogbauwerks für den Tiefbahnhof und die Tunnelbauwerke im Talkessel, nicht ohne funktionierendes Grundwassermanagement möglich sind“.

Intern zweifelt das Regierungspräsidium am Zeitplan der Bahn

Als Reaktion auf die StZ-Berichterstattung hatte Penn in einem Brief an das Ministerium vom vergangenen Freitag unter Berufung auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom August 2011 die Auffassung der Bahn dargelegt, die Bauarbeiten könnten „auf Basis des alten Planfeststellungsrechtes“ fortgesetzt werden. Zitat aus dem Schreiben: „Die Veränderung des Bautaktes wird in den Planfeststellungsbeschlüssen im Zusammenhang mit der Beschreibung der Wasserrechte ausdrücklich als zulässig beschrieben. Insoweit ist also auch eine Planänderung hierbei nicht erforderlich.“

Allerdings hat sich die Bahn auch bei der rechtlichen Einschätzung der Grundwasserproblematik schon einmal gehörig vertan. Im Sommer 2011 hatte der Bahn-Anwalt Walter-Josef Kirchberg ein Planänderungsverfahren wegen der von der Bahn beantragten Erhöhung der Grundwasserentnahmemenge von 3,2 auf 6,8 Milliarden Liter noch für ausgeschlossen erklärt und stattdessen von einer bloßen Änderung der wasserrechtlichen Genehmigung gesprochen. Dabei sei eine Anhörung von Verbänden und Betroffenen ebenso wenig vorgesehen wie ein öffentliches Erörterungsverfahren, so Kirchberg damals. Mittlerweile hat das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) ein umfangreiches Anhörungsverfahren einschließlich eines öffentlichen Erörterungstermins verfügt, bei dem betroffene Bürger, Verbände und Institutionen ihre Bedenken gegen die Änderung der Bahnpläne vorbringen können. Der Konzern muss unter anderem eine zweite Abpumpstation auf dem Gelände des abgerissenen Südflügels errichten.

Unruhe macht sich auch bei Hauseigentümern breit

Das neue Planfeststellungsverfahren für das Grundwassermanagement wird vom Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) durchgeführt; dort wollte man sich zwar offiziell nicht auf die konkrete Dauer des Prozederes festlegen. Intern aber hält das RP den Zeitplan der Bahn für unrealistisch. Dafür spricht auch, dass Bahn-Vertreter bei der besagten Besprechung nach Angaben von Teilnehmern massiven Druck ausgeübt hätten, um das Genehmigungsverfahren für das erweiterte Grundwassermanagement zu beschleunigen. Im Fall einer Verzögerung der Genehmigung für die Grundwasserentnahme drohten schwerwiegende Probleme hinsichtlich des Terminplans für das Gesamtprojekt sowie erhebliche Mehrkosten, hieß es seitens der Bahn.

Unruhe macht sich derweil bei den Mietern und Hauseigentümern rund um den Ameisenberg breit. Die Betroffenen haben sich mittlerweile zu einem Netzwerk Kernerviertel zusammengeschlossen und fordern von der Bahn Aufklärung über das Risiko der Grundwasserabsenkung. Insbesondere müsse der Konzern das auch von der Landeshauptstadt Stuttgart angeforderte geotechnische Gutachten vorlegen. Die Expertise soll Aufschluss darüber geben, wie groß das Risiko einer Unterspülung und damit eines Hangrutsches infolge der Infiltration des zuvor abgepumpten Grundwassers in das Erdreich ist. Die Bahn hat das Gutachten aber bisher nicht vorgelegt.

Bahnkritische Experten halten es für möglich, dass das Gutachten bisher deshalb nicht präsentiert worden ist, weil darin Bedenken gegenüber der mehr als doppelt so hohen Grundwasserentnahmemenge geäußert würden. Das Netzwerk Kernerviertel jedenfalls fordert, die Auswirkungen der Wasserentnahme und Infiltration auf die Stabilität des Ameisenbergs gutachterlich klären zu lassen. Erforderlich ist aus Sicht der Anwohner auch ein Überwachungskonzept der Infiltrationsbrunnen, um mögliche Schadstellen und Undichtigkeiten frühzeitig zu erkennen.