Stuttgart-21-Chef Manfred Leger spricht im StZ-Interview über schwer einzuhaltende Terminpläne, unverhofft auftauchende Eidechsen – und Bahnhofs-Beton, der Temperaturen von 1200 Grad aushält.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)
Stuttgart – - Manfred Leger, Stuttgart-21-Chef, hat vor einem Jahr im StZ-Interview einen schnelleren Baufortschritt prognostiziert. Zwölf Monate später spricht er über den Kampf mit dem Artenschutz, schleppende Genehmigungsverfahren – aber auch bevorstehende Tunneldurchbrüche in der Stadt und die bestandene Feuertaufe des Bahnhofsbetons.
Herr Leger, so wie es aussieht, werden Sie künftig von Grün-Schwarz statt von Grün-Rot kritisch-konstruktiv begleitet. Was ändert sich aus Ihrer Sicht?
Wir sind politisch neutral. Ich gehe davon, dass das eine kompetente Regierung wird, eine die weiß, dass es zu diesem Projekt einen außerordentlichen Meinungsbildungsprozess in der Bevölkerung gab, an dessen Ende eine Mehrheitsentscheidung stand. Die Zusammenarbeit wird so gut wie bei der letzten Regierung, vielleicht sogar noch eine Nummer besser.
Schwarz-Rot oder gar Schwarz-Gelb hätte es Ihnen nicht erheblich leichter gemacht.
Das können wir nicht beantworten. Wir können die Wahl nicht beeinflussen und müssen mit dem leben, was herausgekommen ist. Wir werden ordentlich miteinander umgehen.
Lassen wir einmal die Farbenspiele beiseite: Auf was muss sich die neue Landesregierung im Blick auf die Sprechklausel einstellen?
Auf nichts anderes als die alte, Farben spielen dabei keine Rolle: Wir werden die Sprechklauselgespräche über eine Finanzierungsbeteiligung selbstverständlich mit der neuen Landesregierung fortsetzen. Ich bin zuversichtlich: Auch bei diesem Punkt werden die Partner dieses Gemeinschaftsprojekts eine gute Lösung finden.
Der Aufsichtsrat hat in seiner jüngsten Sitzung eine erneute Bewertung der Kosten- und Terminsituation des Projekts in Auftrag gegeben. Welche Erkenntnisse erwarten Sie?
Da müssen wir etwas gerade rücken. Die drei Geschäftsführer der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm haben letzten Sommer beschlossen, dass wir die Kosten- und Terminsituation für uns selbst im Detail neu bewerten. Zuletzt war das 2012 gemacht worden. In den nächsten Tagen sind wir damit fertig. Was der Aufsichtsrat beschlossen hat, ist nicht eine neue Kostenbewertung, sondern unsere zu nehmen und testieren zu lassen.
Und da geht es dann auch darum, mögliche Haftungsrisiken für die Aufsichtsräte zu bewerten?
Das müssen Sie die Aufsichtsräte fragen. Wir haben einen geordneten Risikomanagementprozess. Der Aufsichtsrat hat einen zweiten Beschluss gefasst und eine Kanzlei damit beauftragt zu klären, ob die Aufsichtsräte ihrer Kontrollpflicht nachgekommen sind.
Der Beschluss hat nichts damit zu tun, dass das Beratungsbüro Vieregg+Rössler neue Zahlen vorgelegt hat?
Der Aufsichtsrat bewertet dieses Papier genauso wie wir es bewerten
Nämlich?
Ich weiß nicht, woher die die Zahlen haben. Es ist eine fiktive Annahme aus dem, was irgendwo zu lesen ist. Es entspricht himmelweit nicht dem, wo wir uns sehen und wo wir mit all der Detailbetrachtung der Risiken heute tatsächlich stehen.
Beim letzten Mal lag Vieregg+Rössler aber nicht soweit von der Realität entfernt.
Ich will mich eigentlich gar nicht damit beschäftigen. Nochmal: Die haben keinen Einblick in unsere Daten. Dann sollen sie auch schauen, wo sie eine Verifikationen ihres Materials herbekommen. Realität ist, dass dieses Büro bei der Schätzung der Kosten für die Schnellbahn Wendlingen-Ulm um den Faktor zwei bis drei daneben lag: Dort haben wir gute Chancen, sogar unterhalb des kalkulierten Kostenrahmens von 3,26 Milliarden Euro zu bauen.