Es schien schon relativ sicher, dass die reformpädagogische Schule aus Stuttgart-Degerloch nach Stuttgart-Heumaden ziehen darf. Nun hat die Schule eine Klatsche vom Stuttgarter Gemeinderat kassiert. An der Schule herrscht große Verunsicherung.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Degerloch/Heumaden - Erstaunt“ nennt Gabriele Groß ihre Reaktion, als sie am vergangenen Mittwoch durch unsere Zeitung erfahren hat, dass sich mehrere Stuttgarter Stadträte gegen den geplanten Umzug der Freien Aktiven Schule (FAS) von der Tränke in Degerloch nach Heumaden ausgesprochen hatten. „Wir dachten, es sieht ganz gut aus“, sagt Gabriele Groß, die Geschäftsführerin der FAS ist.

 

Bereits vor einigen Monaten hatte die Stuttgarter Stadtverwaltung der FAS ein Gelände in Heumaden vorgeschlagen. Da die 110 Schüler zählende FAS nicht dauerhaft in Degerloch bleiben kann, sollte die Schule an die Bernsteinstraße in das Wohngebiet Über der Straße ziehen, und zwar auf die Grünfläche, wo derzeit ein Spiel- und Bolzplatz ist und wo in der Vergangenheit der Zirkus gastierte. „Wir hatten bereits zwei Gespräche mit den Bürgermeistern und allen Ämtern. Diese Treffen verliefen immer positiv. Die Umzugspläne waren für uns sehr realistisch“, sagt Gabriele Groß. Am Mittwoch, 11. Juli, sollten die Pläne im Bezirksbeirat von Sillenbuch vorgestellt werden, kurz davor wurde das Thema jedoch von der Tagesordnung gestrichen.

„Einige Stadträte kennen offenbar unser Schulkonzept nicht“

Der Grund dafür ist: Mehrere Stuttgarter Stadträte haben offenbar Zweifel an dem von der Verwaltung vorgeschlagenen Umzug und Neubau mit vier Gebäuden für Schule und Kita entwickelt. In einer Sitzung des Technischen Ausschusses vorige Woche kritisierten die Stadträte unter anderem, es sei seltsam, dass diese Fläche nicht ins Visier geraten sei, als man in den vergangenen Jahren nach Wohnungsbauflächen gesucht habe. Mehrere Kommunalpolitiker sprachen sich dafür aus, dass nach Alternativen gesucht werden solle. Lediglich Beate Schiener von den Grünen, die als Betreuungsstadträtin für Degerloch und für Sillenbuch zuständig ist, sprach von einer „sehr positiven Lösung“.

„Wir waren im Vorhinein mit mehreren Stadträten im Gespräch. Aber jetzt wurde deutlich, dass einige unser Schulkonzept wohl nicht wirklich kennen“, meint Groß. Sie spielt auf die Idee der Kommunalpolitiker an, doch in ein anderes Schulgebäude zu ziehen. „Erstens ist unser pädagogisches Konzept nur mit einer großen Grünfläche vereinbar. Und zweitens gibt es in Stuttgart keine leer stehenden Schulgebäude, die wir nutzen können.“

Freie Wähler wollen Altenheim auf dem Gelände

Bereits seit längerer Zeit ist klar, dass die FAS nicht dauerhaft in den ehemaligen Behelfsbauten für Flüchtlinge in dem Gewerbegebiet Tränke in Degerloch bleiben kann. Das Areal ist als Sportfläche eingestuft, und die Vereine hätten ebenfalls Platzbedarf. Dagegen ist das Areal im Heumadener Wohngebiet Über der Straße bereits für Einrichtungen wie Schulen oder Kindergärten eingestuft. Dafür bedürfte es nicht mal eines neuen Bebauungsplans.

„Für uns war das ein guter Alternativstandort, da klar war, dass unser Wunsch in Degerloch zu bleiben, nicht realistisch ist“, sagt Gabriele Groß. Das Gelände in Heumaden sei optimal, es gebe genügend Platz, außerdem sei die Anbindung dort gut.

Noch erstaunter als über das unerwartete Abwatschen der Stadträte ist die Geschäftsführerin der FAS über einen neuen Antrag der Freien Wähler: In diesem verlangt die Gemeinderatsfraktion, dass geprüft werden solle, ob das fragliche Gelände in Heumaden ganz oder teilweise für ein Alten- und Pflegeheim genutzt werden könnte. Die Freien Wähler begründen ihren Antrag damit, dass es mit 337 fehlenden Plätzen im Bezirk Sillenbuch das stadtweit höchste Defizit an stationären Dauerpflegeplätzen gebe. „Diese Idee ist mir völlig neu“, kommentiert Gabriele Groß.

Die Klatsche aus dem Gemeinderat hat Konsequenzen

Aufgeben will die Geschäftsführerin der FAS jedoch noch lange nicht. „Wir nehmen nun den Faden wieder auf und sprechen mit den Stadträten, mit denen wir bisher noch nicht gesprochen haben und die sich gegen unsere Umzugspläne ausgesprochen haben“, sagt Gabriele Groß. Seit der Absage aus dem Gemeinderat herrsche an der FAS große Verwirrung: „Bei unserer Mitgliederversammlung vor einem Monat haben wir die Umzugspläne so präsentiert, dass alle einstimmig mitgehen konnten. Die neuen Entwicklungen führen bei uns zu großer Verunsicherung.“ Dies mache auch die Aufnahme von neuen Schülern erheblich schwieriger, sagt Groß.

Dass das Baurechtsamt vor wenigen Tagen die Nutzungsfrist der FAS an der Hohen Eiche bis Mitte 2023 verlängert hat, erleichtert Gabriele Groß keineswegs. „Diese Verlängerung war daran geknüpft, dass wir ein neues Gelände gefunden haben. Schließlich müssten wir in Heumaden neu bauen, und das dauert.“