Wegen Fahrverbot in Stuttgart Der schmerzvolle Abschied vom alten Diesel

Volker Kruppke ist sein Auto ans Herz gewachsen. Mit ihm verbinden sich viele Erinnerungen. Wegen des Fahrverbots verkauft er den zuverlässigen 27 Jahre alten Diesel und sattelt auf einen Benziner um.
Vaihingen - Es ist Donnerstag, 28. März, 10 Uhr: In genau zwei Stunden muss Volker Kruppke Abschied von seinem Schätzchen nehmen, das ihn 27 Jahre lang durch Regen und Sonnenschein, Eis und Schnee, Hitze und Kälte begleitet hat. Heute verliert er seinen Mercedes 250 TD Kombi. Er muss ihn wegen des Dieselverbots verkaufen. „Das Besondere an dem 1992 gebauten Auto ist seine Zuverlässigkeit“, sagt der 73-Jährige. Jeden Tag ist sein Auto im Hof bei Kruppkes romantischem Backsteinhäuschen an der Österfeldstraße gestanden. „Ich glaube nicht, dass der Lack eines heute gebauten Autos, das im Freien geparkt wird, so lange übersteht“, sagt er.
Der Verbrauch des alten Autos liegt noch bei sechs Litern pro hundert Kilometer
32 Jahre lang hatte Volker Kruppke als Prüfingenieur bei Daimler gearbeitet. „Das Auto wurde 1992 gebaut, ein Jahr später habe ich es als Jahreswagen gekauft“, sagt er. Von Qualität versteht er etwas: „Wir haben damals sämtliche Mercedes-Teile auf dem Prüfstand getestet, um nichts dem Zufall zu überlassen.“ Bis auf die Verschleißteile sei an seinem 250er alles original. Das Auto habe 331 000 Kilometer auf dem Buckel: „Ich könnte damit noch zehn Jahre lang fahren. Der Verbrauch liegt bis jetzt immer noch bei sechs Liter pro 100 Kilometer.“
Einen Strich durch die Rechnung hat ihm nun das Dieselfahrverbot gemacht. Das hat auch verhindert, dass er in drei Jahren nach Ablauf der 30-Jahre-Frist das H-Nummernschild für Oldtimer bekommt und weiterfahren darf. Allerdings gibt es Trost: „Der Händler hat mir zugesichert, dass er ihn nicht verschrottet. Er hätte ihn gerne selbst übernommen, hat aber keinen Stellplatz für ihn.“ 1400 Euro bekommt Kruppke noch für das beinahe antike Gefährt. „Bis zu 6500 Euro könnte ich für ein in der Garage gepflegtes Exemplar bekommen“, sagt er.
Beim Ausräumen findet der Ingenieur eine Polaroid-Kamera
Die Verkaufspreise, sagt Kruppke, seien alle durch die Dieseldebatte und die Fahrverbote gedrückt worden. „Die meisten verkauften Diesel sind nach Osteuropa, vor allem nach Polen, gegangen. „Dort ist jetzt eine ganze Industrie dran, macht die Autos wieder fit und verdient daran. Da sind Leute mit großem handwerklichen Können am Werk, Das ist okay“, sagt er. Möglicherweise kehrt also sein 90 PS starker TD in drei Jahren, wenn mit ihm als Oldtimer verdient werden kann, auf die deutschen Straßen zurück. Autos dieser Generation könne man alle noch selbst reparieren, weil sie noch nicht mit so viel Elektronik vollgestopft seien. „Für den künftigen Käufer lege ich noch die alten Schneeketten rein und auch das Abschleppseil, alles Dinge, die heute nicht mehr nötig sind, aber eventuell gibt es Verwendung dafür, wenn man die stilechte Ausstattung für den Oldtimer bevorzugt.“
Beim Ausräumen des Autos ist der Ingenieur auf Dinge gestoßen, von denen er gar nicht mehr wusste, dass er sie noch hat. Unter der Klappe, die das Reserverad abdeckt, fand er eine alte Polaroid-Kamera: „Die hatten meine Frau und ich immer in den Urlaubsfahrten mit dabei. Jetzt ist sie natürlich durch das lange Liegen im Auto noch feucht. Wenn sie trocken ist, werde ich schauen, ob sie noch funktioniert. Es ist sogar noch ein Film drin.“ Ein anderes Fundstück ist eine Taschenlampe von Daimler: „Die habe ich einmal als kleine Anerkennung für einen Verbesserunsvorschlag bekommen.“, sagt er.
Der Pragmatismus siegt über die Sentimentalität
So schwer der Abschied vom alten Mercedes-Kombi auch fällt: Das Ehepaar Kruppke hat sich schon mit Ersatz versorgt. „Meine Frau hat schon einen Skoda, und ich nehme einen VW-Touran.“ Darüber, dass die ganzen Wellen der Dieseldebatte von Volkswagen ausgegangen sind, ist sich Volker Kruppke wohl bewusst, aber er ist eben, dem sentimentalen Aspekt der Angelegenheit zum Trotz, ein Pragmatiker: „Der Turan kommt mir am meisten entgegen, und ich bekomme ihn für einen guten Preis.“
Klar, dass das alte Auto auch mit Erinnerungen ans Berufsleben bei Daimler und an die ehemaligen Kollegen verbunden ist. „Damit habe ich emotional abgeschlossen. Ich bin mir im Klaren darüber, dass in den kommenden Jahren einige hohe Reparaturrechnungen auf mich zugekommen wären. Das wollte ich ja auch nicht.“ Gleich fährt Volker Kruppke den in strahlendem Weiß glänzenden Diesel zum Autohändler: „Dann ist es zum letzten Mal so, wie es immer war: „Reinsitzen, Zündschlüssel einstecken, dann eine Daimler-Gedenkminute beim Vorglühen, und dann springt er an.“
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