Der Stuttgarter Kabelspezialist Lapp ist trotz der schwächelnden Konjunktur auf Wachstumskurs und plant in den nächsten Jahren massive Investitionen – aber nicht mehr in Deutschland, sofern sich hier nichts ändert.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Der Stuttgarter Kabelspezialist Lapp bleibt auch in schwierigen Zeiten auf Wachstumskurs und hat bei Umsatz und Mitarbeitern zugelegt, aber auch für einen Teil der Beschäftigten am Stammsitz Kurzarbeit angemeldet.

 

Im vergangenen Geschäftsjahr 2022/2023, das am 30. September endete, konnte Lapp den Umsatz um 2,9 Prozent auf 1,92 Milliarden Euro steigern. Das Wachstum ohne negative Wechselkurs- und Kupferpreisentwicklung lag bei plus 8,2 Prozent. „Wir sind angesichts der schwächelnden Konjunktur und trotz zunehmend schwieriger Lage im zweiten Halbjahr zufrieden mit dem Geschäftsjahr. Auf das erzielte Umsatzwachstum blicken wir mit Stolz“, sagte Matthias Lapp, Vorstandsvorsitzender der Lapp-Gruppe.

Dem Unternehmen machten auch durch die Inflation gestiegene Beschaffungspreise und höhere Logistikkosten zu schaffen. Man wolle das Unternehmen wetterfester machen, Produktion und Logistik resilienter und auf zukünftiges Wachstum ausrichten, sagt Lapp. Bis 2027 will das Stuttgarter Familienunternehmen nach eigenen Angaben mehrere hundert Millionen Euro in Produktionskapazitäten, Technologien und Digitalisierung investieren.

Ein hoher zweistelliger Millionenbetrag soll in den Ausbau des Logistikzentrums Ludwigsburg fließen, das dann als Drehscheibe in Europa fungieren soll. Das dürfte dann in etwa drei Jahren so weit sein. „Wir wären aber gerne schneller, wenn uns die Bürokratie nicht so sehr im Weg stehen würde“, sagte Lapp. Noch immer wartet man auf die Baugenehmigung, um endlich loslegen zu können. An den geplanten Investitionen in Ludwigsburg hält Lapp dennoch fest. „Wenn sich aber jetzt nichts groß ändert, werden wir als Lapp-Familie nicht mehr in den Standort Deutschland investieren, weil es einfach schwierige Rahmenbedingungen sind“, sagte Lapp. Um die globale Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken, brauche man auch die Mithilfe der Politik und endlich ein Signal. „Die muss endlich handeln“, so Lapp.

„Brauchen keine Knüppel zwischen den Beinen“

Die Lapp-Gruppe zählt als Familienunternehmen zu den typischen Mittelständlern, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden, und denen vor allem Bürokratie, zunehmende Regulierung und mangelnde Planbarkeit seitens der Politik zu schaffen machen, aber auch aber hohe Energiepreise und der Fachkräftemangel. „Die kostenintensiven Standortfaktoren machen es uns immer schwieriger, vorausschauend zu planen und zu wirtschaften. Ich wünsche mir verlässliche Leitplanken und keine Knüppel zwischen den Beinen, denn wir müssen Investitionen langfristig planen“, sagte der Lapp-Chef.

Mit rund 70 Prozent steuert Europa den größten Anteil zum Lapp-Umsatz bei. Daher setzt Lapp verstärkt auf Wachstum außerhalb Europas. Im vergangenen Geschäftsjahr hat Lapp weltweit insgesamt 67 Millionen Euro (plus 66 Prozent) investiert. Im Fokus standen der Ausbau von chinesischen, indischen und europäischen Produktionsstandorten, die Stärkung der Produktionskapazitäten in Frankreich, Italien und der Schweiz sowie die Erweiterung der Lager- und Logistikflächen in den USA.

Neue Werke in China und Indien

Man produziere in den Auslandsmärkten vor allem für den lokalen Bedarf. Man habe keine Werke in China, die nach Deutschland lieferten. Im vergangenen Jahr etwa kam ein zweites Werk in Shanghai dazu, und in Mexiko wurde das erste Werk gebaut. Im indischen Bhopal stellt Lapp nun eigene Kunststoffmischungen für die Ummantelung der Markenkabel wie etwa für die Ölflex-Anschluss- und Steuerleitungen her und erhöht damit seine Wertschöpfungstiefe. „Wir gehen tiefer in die Märkte rein, um Marktanteile zu gewinnen“, sagte Lapp.

Wachstumstreiber war die Elektromobilität. Das Geschäft verzeichnete ein Umsatzplus von rund 35 Prozent. Um das Wachstum mit neuen Automobilkunden weiter ausbauen zu können, hat Lapp eine Produktionseinheit in Tschechien aufgebaut. Auch im Batteriegeschäft konnte Lapp deutlich zulegen. Lapp-Produkte sind nicht in den Batterien selbst verbaut, die Verbindungslösungen werden aber für entsprechende Automatisierungsanlagen in Fabriken und für Energiespeichersysteme eingesetzt. Neue Projekte sicherte sich das Familienunternehmen auch in Südkorea und in den USA.

Rund 500 Beschäftigte in Kurzarbeit

Mit Prognosen ist Lapp vorsichtig: Fürs laufende Geschäftsjahr rechne man aufgrund der anhaltend konjunkturellen Herausforderungen, insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit einem schwächeren Auftragseingang, dem man kosten- und absatzseitig begegnen müsse. Seit 1. Februar ist in der Verwaltung im Stuttgarter Stammhaus Kurzarbeit angesagt. Betroffen sind rund 500 Beschäftigte. „Generell ist kein Wachstum für uns keine Alternative“, sagt Lapp.

Die Zahl der Mitarbeiter ist im vergangenen Geschäftsjahr um rund 500 auf weltweit mehr als 5500 gestiegen, davon arbeiten knapp 1500 in der Region Stuttgart. Ergebniszahlen will das Unternehmen nicht mehr nennen. „Das heißt nicht, dass es uns schlecht geht, im Gegenteil, wir sind sehr zufrieden und ein kerngesundes Unternehmen mit einer sehr hohen Eigenkapitalquote“, sagt Lapp. Im Geschäftsjahr 2021/2022 lag das Ergebnis vor Steuern bei knapp 133 Millionen Euro und die Eigenkapitalquote bei 44 Prozent.