Das Amt für Umweltschutz hat wegen der schlechten Wasserqualität erhebliche Vorbehalte gegen die Genehmigung des ambitionierten Projekts in Untertürkheim. In Nürnberg darf eine solche Flußwelle dagegen betrieben werden.

Stuttgart - Die im Gemeinderat mit viel Vorschusslorbeeren bedachte Idee einer Flusswelle zum Surfen in einem Seitenarm des Neckars ist offenbar nicht genehmigungsfähig. Die Verantwortlichen des auf 340 Mitglieder angewachsenen Vereins Neckarwelle haben zwar in einer von der Stadt mit rund 90 000 Euro unterstützten Studie die Machbarkeit dargelegt und interessante Möglichkeiten zur Finanzierung der auf mehr als vier Millionen Euro taxierten Investition und des laufenden Betriebs in Untertürkheim aufgezeigt. Nach Informationen unserer Zeitung geht man im Rathaus gegenwärtig dennoch nicht davon aus, die Planung für die Neckarwelle genehmigen zu können.

 

Macht die Neckarwelle Menschen krank?

Das Umweltamt als untere Wasserschutzbehörde sieht wohl wegen kritischer Bewertungen des Landesgesundheitsamts und des städtischen Gesundheitsamts zum mit Krankheitserregern belasteten Neckarwasser keine Möglichkeit, ein Bauwerk zu genehmigen, dessen Betrieb Menschen krank machen könnte. Es macht wohl auch keinen Unterschied, dass es sich an dieser Stelle rechtlich gar nicht um den Neckar handelt, sondern um ein Bassin auf EnBW-Gelände, und somit dort auch das seit 1978 geltende Badeverbot nicht gilt.

Das Vorhaben kann nur genehmigt werden, sofern „eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten ist“. Es heißt aber, die Surfer könnten sich mit Fäkalkeimen, Salmonellen, Noroviren oder Pilzen infizieren und andere anstecken. Vorsichtig ist auch das Wasser- und Schifffahrtsamt. Ein Kinderprojekt zum Erlebbarmachen des Neckars in Heilbronn anlässlich der Bundesgartenschau hat man wegen des Infektionsrisikos gekippt.

Die Stadt prüft intensiv

„Der Neckar ist kein Badegewässer. Die Gesundheitsbehörden raten weiterhin entschieden von Freizeitaktivitäten im Neckar ab. Wer untertaucht und auch noch Wasser schluckt, gefährdet seine Gesundheit“, erklärt Stadtsprecher Sven Matis. „Wir wissen, wie beliebt das Projekt Neckarwelle ist, prüfen, ob das Projekt genehmigt werden kann. Der Schutz der Menschen, die dort surfen wollen, steht an erster Stelle.“ Die Wasserqualität des Neckars hat sich zwar verbessert, dennoch fließen Abwässer von 600 Kläranlagen in den Fluss. Wegen der Mischwasserkanalisation im Land landet vor allem bei Starkregen verdünntes Abwasser über die Regenwasserentlastungen der Kanäle in die Gewässer.

Das Thema der 2017 im Bürgerhaushalt auf Rang 20 platzierten Neckarwelle gilt in der Stadtverwaltung als vermintes Gelände. Es heißt, man sei gerade dabei zu entscheiden, wer die unvermeidliche Absage kommuniziere. Beteiligte sind neben OB Fritz Kuhn (Grüne), der die Attraktion als bewegte Maßnahme des „Landschaftsparks Neckar – Stadt am Fluss“ sehen würde, das Rechts- und das Sportamt und vor allem das Amt für Umweltschutz.

Sportverwaltung will kein Geld geben

Würde doch weiter geplant, müsste die nächste Stufe im Umfang von mehr als einer halben Million Euro gezündet werden. Und der Gemeinderat müsste sich Gedanken über eine zeitnahe Finanzierung machen. Es heißt zwar, die Sportverwaltung würde sich aus Rücksicht auf die anderen Vereine weigern, Geld zu geben. Die Projektmittel könnten aber aus dem Topf von „Stadt am Fluss“ fließen.

Matis sagt, die Stadt schaue, welche Erfahrungen andernorts gemacht würden. Sie sei noch nicht gefragt worden, sagt Karin Wilpert vom Umweltamt in Nürnberg. Dabei hat ihre Abteilung 2017 die „Dauerwelle“ an der Pegnitz, gleich hinter der Kläranlage, genehmigt. Dort gilt auch ein Badeverbot, aber die Badegewässerqualität war kein Thema, weil der Hausjurist die Meinung vertritt, Ziel der Surfer sei – analog zu Ruderern und Kanuten – den Sport auf dem Wasser zu betreiben. Sie seien also nicht mit Schwimmern gleichzusetzen.

Verein sieht keine Gefahr

Auch der Verein hat in seiner Studie die Wasserqualität thematisiert. Den Hinweis des Landesgesundheitsamts kontert man mit der Feststellung: „Die Exposition beim Riversurfen ist von der zeitlichen Dauer her deutlich niedriger als beim Schwimmen oder Baden.“ Pro Stunde sei man nur zwei Minuten im Wasser. Beim Paddeln ans Ufer befinde sich der Kopf im Vergleich zum Schwimmen viel weiter oberhalb der Wasseroberfläche. Die Gefahr, Wasser zu schlucken, sei somit wesentlich geringer als beim Baden. Der Verein hat organisatorische Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit für die Surfer wie das Abschalten der Welle nach Starkregen sowie Warnhinweise, Duschen sowie Nasenklammern und Schwimmwesten vorgeschlagen.

Es wird zudem aufs erlaubte Rudern, Kanufahren, Paddeln im Stehen und das in Esslingen auf einer Teilstrecke genehmigte Wasserskifahren verwiesen. Der Unterschied zur Neckarwelle liege in der Haftung, heißt es im Rathaus. Für die genannten Aktivitäten müsse die Stadt zuvor weder ein Bauwerk genehmigen noch bauen.