Einmal Boygroup, immer Boygroup? Das muss nicht sein. Robbie Williams, Justin Timberlake und Gary Barlow haben sich von ihrer Neunziger-Jahre-Vergangenheit gelöst und sind auch solo zu Superstars geworden. Andere nicht ...

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Boygroups und ihre Nebenerscheinungen – heulende Teenagerinnen, Bravo-Starschnitte – werden als Phänomen der 90er Jahre in die Geschichte eingehen. Was damals mit Gruppen wie New Kids on the Block, Take That, den Backstreet Boys, ’N Sync, Boyzone oder Caught in the Act Poprealität war und heute von den einstigen Fans verklärt respektive verschwiegen wird, ist für die Protagonisten von einst ein Problem. Was tun, wenn man mal Mitglied in einer Boygroup war?

 

Wer sich die Künstlerbiografien der damaligen Teenieidole ansieht, stößt auf viele Emanzipationsgeschichten. Nur wer wegkommt vom unschuldigen Bubiimage und nicht länger die Projektionsfläche für Fantasien pubertierender Mädchen ist, kann eine zweite Karriere starten. Für alle anderen bleibt der Boygroup-Ruhm künstlerisch eine Sackgasse.

Take That als Beispiel

An Take That lässt sich studieren, welche Wege die Boys ohne ihre Group gehen. Oft schafft es einer zum Top-Entertainer, bei Take That fällt diese Rolle Robbie Williams zu. Das mit der Emanzipation nahm er wörtlich. Schon bei seiner ersten Solotour knallte er bei seiner Punk-Version des Take-That-Schmusehits „Back for Good“ nach der ersten Strophe („Gotta leave it all behind now“/„Ich muss es alles zurücklassen“) die fettesten Gitarren unter den Refrain, die seine Fans bis dato gehört haben dürften. Später fand er zu einem eigenen, softeren Stil – und wurde ebenso zum Superstar wie Ronan Keating (Boyzone) oder Justin Timberlake (`N Sync).

Gary Barlow galt immer als musikalischer Kopf von Take That. Insofern verwundert nicht, dass er sich nach dem Ende der Band schwerpunktmäßig als Songwriter betätigte. Die Zahl der von ihm geschriebenen Nummer-eins-Singles liegt längst im zweistelligen Bereich; 2012 organisierte Barlow für Queen Elizabeth das Thronjubiläum und sang bei der Olympia-Abschlussfeier in London.

Nach der Boygroup kam – die Boygroup

Gegen solchen Glanz kommt die Post-Boygroup-Karriere von Mark Owen nicht an. Er war schon bei Take That nur ausnahmsweise der Hauptsänger, machte danach aber als Musiker weiter und hat im Juni sein viertes Studioalbum vorgelegt. An Owens Biografie lassen sich die dunklen Seiten des Showgeschäfts studieren wie Ehe- und Alkoholprobleme. Dieses Schicksal teilt Owen mit den Ex-Backstreet-Boys Sängern AJ McLean und Nick Carter.

Andere wagen den Sprung ins TV- und Filmgeschäft. Mark Owen tat das; er gewann bei „Celebrity Big Brother“. Sein Take-That-Kollege Howard Donald ist Jurymitglied bei der Pro-7-Show „Got to dance“. Das `N Sync-Mitglied JC Chasez juriert bei „America’s Best Dance Crew“. Donnie Wahlberg (einst New Kids On The Block) schließlich gelang der Sprung ins Filmgeschäft; Lance Bass (einst `N Sync) ist weniger für seine Schauspielerei als für sein Outing via Coverstory im Magazin „People“ bekannt.

Einmal Boygroup, immer Boygroup

Und dann gibt es noch diejenigen, die außerhalb ihrer Boygroup-Karriere gar nichts Bemerkenswertes mehr gemacht haben. Bei Take That fällt diese Rolle Jason Orange zu, bei `N Sync Joey Fatone und bei den Backstreet Boys Brian Littrell, Kevin Richardson und Howie D – neben vielen anderen.

Aber wenn es mit der Solokarriere nichts wird, kann man als ehemaliger Boygroup-Sänger einfach auf eine Wiedervereinigung hoffen. Take That haben das gemacht und nach langem Gezeter 2010 auch den verlorenen Sohn Robbie Williams wieder zurückgewonnen. Auch New Kids On The Block gibt es wieder, sie machen mit den Backstreet Boys gemeinsame Sache und waren als NKOTBBSB im Mai 2012 auch in Stuttgart live zu sehen. Solche Konzerte leben von der Nostalgie derer, die schon in den 90ern dabei waren. Die eigene Boygroup-Vergangenheit ist kaum jemandem mehr peinlich. Vielmehr gilt: einmal Boygroup, immer Boygroup.