Kriminelle Jugendliche überfallen die Kommissarin Odenthal und nehmen sie mit auf ein mäßig spannendes Räuber-und Gendarm-Spiel.

Digital Desk: Anja Treiber (atr)

Ludwigshafen - Drogen, Brandstiftung, Körperverletzung, Raub, Erpressung und sexuelle Nötigung: mit dem Vorstrafenregister der fünf jugendlichen Protagonisten des Tatorts „Der Wald steht schwarz und schweiget“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD und in der Mediathek) ließen sich ganze Kommissariatsstuben tapezieren. Und mit der Entführung von Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) kommt mindestens noch eine Straftat hinzu. Mitten im 1800 Quadratkilometer großen Pfälzerwald fallen die fünf Schwerkriminellen über die Kommissarin her, als die am Fuße des Teufelskopfes gerade nach der Leiche sucht, die die schrullige Pilzsammlerin Frau Schnippenkötter (Heidemarie Brüny) gesehen haben will. Als Odenthal aufwacht, hält Tom (Frederick Lau), der Anführer der Truppe, ihr die eigene Dienstwaffe an den Kopf.

 

Eine Leiche gibt es tatsächlich: Watzlawick. Er ist Erzieher in einem Resozialisierungsprojekt, das die Jungs mit militärischem Drill wieder in die richtigen Bahnen lenken soll. Von der ersten Viertelstunde an ist klar: einer der Fünf muss es gewesen sein. Die Gruppe funktioniert nach dem einfachen Prinzip: Wer die Knarre hat, hat auch die Macht. Als der zugedröhnte und völlig unzurechnungsfähige Junkie Panne (Tomas Lemarquis) die Waffe an sich reißt, beginnt die Situation zu eskalieren. Immer wieder ist die Rede von einem Handyvideo, das nicht in falsche Hände geraten darf. Dann finden die Ermittler eine zweite Leiche im Wald.

Dieser Tatort ist kein Krimi nach dem Schema: Mord – Ermittlung – Festnahme. Vielmehr schickt die Drehbuchautorin Dorothee Schön den Zuschauer in ein Räuber-und-Gendarm-Spiel. Die Jugendlichen wollen sich nach Frankreich absetzen, aber Mario Kopper (Andreas Hoppe) und Kollegen kommen ihnen immer dichter auf die Fersen.

In einem Online-Spiel sollen die Zuschauer ermitteln

Die Charaktere des Tatorts bleiben auf der Jagd durch den Wald leider auf der Strecke. Klar: die schon so oft in Tatorten bemühte schwere Kindheit der bösen Buben darf auch hier nicht fehlen. Der eine wurde als kleiner Junge vom Vater sexuell missbraucht und nässt sich deshalb bis heute ein. Der andere ist Kind einer drogensüchtigen Mutter und hat bis dato 45 Strafanzeigen angesammelt. Darüber hinaus bleiben die Charaktere aber unscharf und können die müde dahin plätschernde Geschichte nicht weiter vorantreiben.

Vielleicht ist das alles aber auch Absicht. Denn nach dem Ende des Tatorts sind die Zuschauer erstmals aufgerufen, in dem Online-Spiel Tatort+ weiter zu ermitteln. Der Spieler kann entweder auf eigene Faust Indizien und Beweise sammeln oder er kann sich mit den anderen Spielern austauschen: über Facebook und Twitter. Einsteigen können die User über die Website, Facebook oder Twitter.

Schönste Krimifloskel: „Ausgerechnet jetzt muss es regnen, das ruiniert uns die ganzen Spuren“, sagt Mario Kopper und ihm steht die Angst um seine Kollegin und Mitbewohnerin Lena ins Gesicht geschrieben.

Heimliche Stilikone: Optisch heraussticht „Panne“, der Junkie unter den fünf Kriminellen: bleiche Haut, ein kahl rasierter Schädel und hellblau hervortretende Augen erinnern uns irgendwie an „Gollum“ aus „Herr der Ringe“.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Nach etwa einer Stunde wird es noch einmal spannend. Dann bekommt der zugedröhnte Panne die Pistole in die Hände – und die Hintergründe der Morde lassen sich zumindest erahnen.