Ein beispielloser Terroranschlag im Zentrum von Tunis hat weltweit Schock und Entsetzen ausgelöst: Mit Kalaschnikows bewaffnete Täter schießen im berühmten Bardo-Nationalmuseum um sich.

Tunis - Ein beispielloser Terroranschlag im Zentrum von Tunis hat weltweit Schock und Entsetzen ausgelöst. Fünf mit Kalaschnikows bewaffnete und in Uniformen verkleidete Angreifer überfielen das berühmte Bardo-Museum und erschossen mindestens 19 Menschen, darunter 17 Touristen – es ist das blutigste Attentat in der Geschichte des Landes seit seiner Unabhängigkeit 1956. Die Opfer stammen aus Japan, Frankreich, Polen, Italien, Kolumbien, Australien und Spanien, erklärte die tunesische Regierung. Ob auch Deutsche unter den Opfern sind, war am Abend noch unklar. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte dazu noch keine Gewissheit.

 

Nach Angaben des tunesischen Gesundheitsministeriums wurden weitere 42 Menschen verletzt, die meisten ebenfalls Touristen. Zwei der Täter konnte die Polizei bei der Stürmung des Gebäudes erschießen, dabei kam ein Beamter ums Leben. Nach den drei übrigen Attentätern wurde gefahndet. Augenzeugen berichteten, die Terroristen hätten bei ihrem Amoklauf auch auf das nahe gelegene Parlament gefeuert, wo gerade eine Anhörung zur neuen Anti-Terrorgesetzgebung stattfand. Tunesiens Präsident Beji Caid Essebsi erklärte beim Besuch von Verletzten im Krankenhaus, ein „riesiges Unglück“ habe Tunesien heimgesucht. „Wir müssen mit einer Generalmobilmachung beginnen und die Terroristen endgültig ausschalten“, sagte er.

Auch international wurde der Terroranschlag scharf verurteilt. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon erklärte, die Vereinten Nationen seien solidarisch mit den Menschen und der Führung Tunesiens. Ähnlich äußerten sich US-Außenminister John Kerry, Bundespräsident Joachim Gauck, Frankreichs Staatspräsident François Hollande sowie führende EU-Politiker. „Die Europäische Union und Tunesien werden sich nicht einschüchtern lassen, ob zu Hause oder im Ausland“, erklärte EU-Ratspräsident Donald Tusk und versicherte, Europa stehe bereit, der tunesischen Regierung beim Kampf gegen den Extremismus beizustehen.

Politische Terrorakte haben zugenommen

Bürgerkrieg in Libyen greift über

Über die Täter gab es bis zum Abend keine gesicherten Informationen, es bekannte sich keine Terrorgruppe zu dem Anschlag. In Tunesien halten sich seit längerem in der Grenzregion zu Algerien einige hoch gefährliche Al-Kaida-Kommandos versteckt, die regelmäßig Anschläge gegen Sicherheitskräfte verüben. Zudem wird die Nation immer stärker durch den Bürgerkrieg im benachbarten Libyen in Mitleidenschaft gezogen. Ein Trainingslager der IS-Extremisten existiert mittlerweile nur 45 Kilometer von tunesischem Territorium entfernt. Im Westen Libyens haben sich IS-Einheiten in Sabratha westlich der Hauptstadt Tripolis festgesetzt, auf halbem Wege zur tunesischen Grenze. Auch stammen die meisten ausländischen Gotteskrieger des „Islamischen Kalifates“ in Syrien und Irak aus Tunesien – gefolgt von Saudi-Arabien und Marokko. Bezogen auf seine elf Millionen Einwohner liegt das kleine, säkulare Land am Mittelmeer damit im gesamten Nahen Osten an der Spitze. Nach Schätzung des Innenministeriums kämpfen 3000 junge Männer, teilweise auch junge Frauen, in Mesopotamien. 9000 wurden bisher an der Ausreise gehindert, etwa 500 sind zurückgekehrt, mindestens 170 gestorben. Auffallend viele stammen aus Mittelklasse-Familien, waren Studenten, angestellt im öffentlichen Dienst oder hatten gut bezahlte Berufe im Privatsektor.

Immer öfter Gewaltakte

In Tunesien haben politische Gewalttaten und Terrorakte von radikalen Gruppen in den vergangenen beiden Jahren ebenfalls zugenommen. Fast alle Verbrechen richteten sich gegen Sicherheitskräfte. Opfer unter Touristen gab es dagegen nicht. Einzig im Oktober 2013 sprengte sich in Sousse ein Selbstmordattentäter auf dem Rasen eines Strandhotels in die Luft, ohne dass jemand verletzt wurde.

Das Bardo-Museum gehört zu den populärsten Touristenzielen in Tunis. Es wurde 1888 eröffnet und enthält die weltweit bedeutendste Sammlung römischer Mosaiken, von denen etwa eintausend ausgestellt sind. Die Sammlung, die in dem ehemaligen Harem des Bardo-Palastes untergebracht ist, zählt neben dem Ägyptischen Museum in Kairo zu den bedeutendsten archäologischen Ausstellungshäusern Nordafrikas.