Die Nachfrage nach Coronatests ist stark eingebrochen: Statt ehemals 30 000 pro Tag sind es noch etwa 5000. Dass man demnächst selbst für den Test bezahlen muss, wird die Nachfrage nicht beflügeln.

Stuttgart - Die Pandemie verändert laufend ihr Gesicht und zieht, einem Kometenschweif gleich, ständig neue Maßnahmen nach sich. Zum Beispiel bei Coronaschnelltests. Da diese vom 12. Oktober an nicht mehr kostenfrei sein werden, rechnet man mit Schließungen bei Testzentren trotz wiederbelebter 3-G-Regel.

 

Sinkende Inzidenzen, steigende Impfzahlen

Im März noch waren sämtliche Schnellteststellen völlig überlaufen. Manche Apotheken machten innerhalb weniger Stunden Abstriche bei bis zu 70 Besuchern, und die Zahl der Teststationen vervielfachte sich. Das war zu Zeiten, als die Bürgertests kostenlos, viele Stuttgarter noch ungeimpft und sogar die Besuche im Straßencafé wegen hoher Inzidenzen nur mit Testergebnis erlaubt waren. Drei Monate später kehrte sich der Trend um: Es gab mehr Doppeltgeimpfte, die Inzidenzen sanken, die Coronaverordnung schrieb keine 3-G-Nachweise mehr beim Besuch von Restaurants, Cafés und Bars vor. In diesem Juni begann daher auch die Zahl der Teststellen in Stuttgart zu sinken.

Statt 30 000 nur noch rund 5000 Tests täglich

Nach Angaben des Gesundheitsamts der Stadt Stuttgart existierten am 30. Juni 2021 noch 329 Möglichkeiten, sich in der Stadt auf eine Coronainfektion testen zu lassen. Circa ein Fünftel davon gab es in Apotheken und Praxen. Am 2. August 2021 waren es nur noch 278 Teststellen, dafür aber öfter in Apotheken. Die Kapazitäten haben sich seit 30. Juni trotzdem von mehr als 80 000 auf über 100 000 Tests pro Tag erhöht, wobei der Zuwachs eher in Praxen und Apotheken zu verzeichnen war. Die Nachfrage hingegen ist im Sinkflug: Mitte Juni registrierte das Gesundheitsamt noch knapp 30 000 Tests pro Tag, in der vergangenen Woche waren es nur noch rund 5400.

Betreiber fürchtet frühes Aus seiner Teststation

Einer, der jetzt um seine Existenz fürchtet, ist Mike Stockbauer, der das Testzentrum auf der Waldebene Ost betreibt. „Zu Spitzenzeiten, wenn ein Fußballspiel war, kamen 30 bis 40 Kunden pro Tag, bei einer großen Hochzeit auch mal 100. Jetzt sind es gerade mal noch zehn bis 15.“ Stockbauer hat investiert, einen Container bis Dezember gemietet. Auf den einzelnen Test umgerechnet, habe er drei Euro Selbstkosten und müsse zusätzlich 70 Cent für den Provider der Corona-Warnapp bezahlen, wohin er das Ergebnis übermittelt. „Zurzeit bekomme ich vom Bund acht Euro für den Abstrich, 3,50 Euro für den Test. Aber was wird, wenn der Bund nicht mehr zahlt?“, fragt er, auch angesichts der abflauenden Nachfrage. Mit den Testpreisen von Gastronomie und Dienstleistern, sagt er, könne er nicht mithalten. Seinen Cateringbetrieb habe er wegen Corona stillegen müssen. Jetzt fürchtet er, die Folgen der Pandemie könnten ihm zum zweiten Mal den Boden unter den Füßen wegziehen.

Gastronomen und Veranstalter bieten Tests an

Anfänglich haben die Betreiber von Teststationen 18 Euro Vergütung pro Test vom Bund bekommen. Wegen der gesunkenen Kosten und wegen ruchbar gewordener Betrugsfälle ersetzt der Bund pro Test seit 1. Juli pauschal nur maximal 11,50 Euro. In der Landeshauptstadt gab es laut der Staatsanwaltschaft bisher keinen Anlass, gegen einen Betreiber wegen Betrugs zu ermitteln.

Die Neigung, die Kosten für die Tests aus der eigenen Tasche zu zahlen, wird nicht hoch eingeschätzt. Die Folge: Die Zahl insbesondere der Teststellen, für die das ein auskömmliches Unternehmen war, die sich aber nicht auf ihren ursprünglichen Geschäftszweig verlassen können wie Ärzte und Apotheker, könnte weiter sinken.

Viele Gastronomen, Friseure, Fitnessstudios, ja selbst Veranstalter machen den Gästen längst ein Testangebot in Form von Lolli- oder Selbsttests. Die günstigsten gibt es bei Drogeriemarktketten schon zum Preis von 99 Cent. „Die Zahl der Nichtgeimpften und Nichtgenesenen unter den Kunden ist nicht zu unterschätzen“, begründet ein Sprecher des Verbands für Hotellerie und Gastronomie Dehoga. „Wer Möglichkeiten und Kapazitäten hat, wird damit werben.“ Manche Betriebe hätten die Kosten sogar selbst übernommen. „Mit der derzeitigen Regelung haben die Betriebe zumindest eine Perspektive und können planen, auch größere Feiern.“

Der Markt bestimmt den Preis

André Divanach ist der Geschäftsführer der Academie der schönen Künste in der Charlottenstraße – Café, Bistro, Restaurant und Bar in einem. Er bietet seinen Gästen schon lange Schnelltests an, ausgeführt von einem bei den Gesundheitsbehörden registrierten Unternehmen in einem Nebenraum. „Wir werden das beibehalten. Ob die Gäste dann selbst bezahlen müssen, werden wir sehen“, sagt er. Teuer würde es ohnehin nicht sein: „Ich gehe davon aus, dass sich da ein großer Preiskampf entwickelt.“