Die Bundeswehr geht, Daimler kommt: Das ist der Plan der Gemeinde im Kreis Tuttlingen. Horb und Nellingen ziehen damit den Kürzeren.

Immendingen - Der Daimler-Konzern will sich bei der Suche nach einem Standort für seine neue Teststrecke auf Immendingen im Kreis Tuttlingen konzentrieren. Dies teilte das Unternehmen am Mittwoch wenige Stunden nach der Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums mit, die Kaserne und den dazugehörenden Truppenübungsplatz in Immendingen im Rahmen der Bundeswehrreform zu schließen. Neben Immendingen sind noch die beiden Standorte Nellingen und Sulz in der Diskussion. Die Planungen an diesen beiden Standorten, so heißt es bei Daimler, würden nicht aufgegeben, aber bis auf Weiteres ausgesetzt. Kurzzeitig galt auch auch der Bau der Teststrecke am Schönbuchrand als möglich.

 

Den endgültigen Zuschlag für Immendingen machen die Stuttgarter davon abhängig, dass das Gelände zu wirtschaftlich angemessenen Konditionen erworben werden kann und die Genehmigungen für Bau und Betrieb in einem geeigneten Zeitraum zu erhalten sind. Nach den bisherigen Planungen soll die neue Teststrecke 2017 in Betrieb gehen. Ob dieser Zeitplan in Immendingen zu halten ist oder nicht, lässt sich nach Angaben eines Sprechers erst absehen, wenn zum Beispiel der Termin für den Abzug der Bundeswehr geklärt ist. Verkäufer des Geländes ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Anders als an den konkurrierenden Standorten muss sich Daimler nicht mit einer Vielzahl von privaten Immobilienbesitzern einigen, sondern hat lediglich einen Verhandlungspartner. Das Gelände in Immendingen ist etwa 420 Hektar groß. Daimler selbst geht intern davon aus, dass für eine Teststrecke 200 Hektar reichen würden.

Ein großer Teil des Areals in Immendingen ist aufgrund der topografischen Beschaffenheit aber nicht nutzbar, sodass netto in etwa die gewünschte Fläche zur Verfügung steht. Der Abstand der geplanten Anlagen zu Wohngebäuden ist nach Angaben des Unternehmens ausreichend groß. Als ein entscheidendes Standortkriterium nennt der Konzern eine maximale Fahrzeit von einer Stunde zum Entwicklungszentrum Sindelfingen. Immendingen liegt in der Nähe der Autobahn A81, die an Sindelfingen vorbei führt, und genügt den Anforderungen.+

Der Immendinger Bürgermeister freut sich

Markus Hugger, Bürgermeister von Immendingen, freute sich über die Pläne des Autokonzerns: „Mit der Ansiedlung von Daimler hat unsere Gemeinde die einmalige Chance, sich vom Garnisonsstandort zum Wirtschaftsstandort zu entwickeln. Wir werden Daimler weiterhin so gut wie möglich unterstützen“, sagte er. Die Gemeinde hofft nach Angaben ihres Bürgermeisters auf die Ansiedlung von Zulieferern im Sog von Daimler. Immendingen hatte sich in einem Brief an das Bundesverteidigungsministerium selbst dafür ausgesprochen, die Kaserne zu schließen. Obwohl die Gemeinde durch die Bundeswehrreform knapp 1000 Soldaten verliert, haben die zivilen Arbeitsplätze offenbar größeres Gewicht.

Daimler verspricht, dass an dem neuen Standort mindestens 300 Arbeitsplätze entstehen sollen. Im Mittelpunkt des Testbetriebs steht die Erprobung alternativer Antriebe wie Hybrid-, Elektro- und Brennstoffzellentechnologie. Zudem soll an der Verbesserung von Fahrsicherheitssystemen gearbeitet werden. Reiner Imdahl, Leiter neue Prüfeinrichtungen bei Daimler: „Mit einem neuen Prüf- und Technologiezentrum will Daimler in Baden-Württemberg die Zukunft des Automobils wesentlich gestalten. In Immendingen ergibt sich nun eine ideale Perspektive für unser Vorhaben.“

Daimler-Projektleiter Lothar Ulsamer erinnerte daran, dass der Konzern bei der Standortsuche von Beginn an eine Konversionsfläche (also eine bisher militärisch genutzte Fläche) favorisiert habe. Immendingen hatte im Vorfeld der Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums Kontakt zu dem Autokonzern aufgenommen. Gemeinderat und Ortschaftsräte fassten einstimmig Beschlüsse zugunsten der Ansiedlung des Prüf- und Technologiezentrums. In Horb und Nellingen ist das Projekt bei den Bürgern stärker umstritten.