Wer besorgt Geburtstagsgeschenke? Wer denkt an den Kinderarzttermin und neue Frühjahrsklamotten für die Kleinen? Tipps und Tools, wie Eltern Haus-, Sorge- und Denkarbeit rund um die Familie gerecht aufteilen können.

Familie/Bildung/Soziales: Lisa Welzhofer (wel)

Wenn aus Paaren Eltern werden, stellt sich die Frage, was eine gleichberechtigte Beziehung bedeutet, noch einmal neu. Denn mit Kindern ziehen viele neue Aufgaben ein. Längst geht es nicht nur darum, wer die Kleinen wickelt, füttert, mit ihnen spielt. Zum Kindergroßziehen gehören viel Denkarbeit und To-dos drum herum: Wer besorgt den Windelnachschub? Wer macht Arzttermine aus? Wer organisiert den Kindergeburtstag? Wer plant Ausflüge und kauft das viele Essen ein, das man plötzlich braucht? Hier finden Eltern Tipps und Tools, wie sie sich dieses Familienmanagement gleichberechtigt aufteilen können:

 

Beziehungsvertrag schließen

Der Autor Nils Pickert rät zu einem sogenannten Beziehungsvertrag (mündlich oder schriftlich), in dem das Paar festlegt, wie es Gleichberechtigung mit Kindern leben will. Wer betreut das Kind? Wer arbeitet wie viel? Steckt nur einer beruflich zurück oder beide? Und bekommt der, der dadurch weniger verdient, vom anderen Geld dafür? Das können Fragen sein, die darin beantwortet werden.

Auch Patricia Cammarata – Expertin für das Thema Mentale Last (Mental Load) – rät, vorher zu besprechen, wie sich Mütter und Väter das Familienleben vorstellen, wer wie viel Haus-, Sorge- und Organisationsarbeit übernehmen wird. Ist das Kind dann da, sollten sich Eltern regelmäßig zusammensetzen und erzählen, ob sie damit zufrieden sind, wie sie sich die Aufgaben aufgeteilt haben, rät Cammarata.

Aufgaben

sichtbar machen

In vielen Familien übernimmt zunächst die Frau die meiste Familienarbeit, weil sie häufig länger Elternzeit hat und in diese Rolle quasi hineinrutscht. Spätestens wenn sie wieder zu arbeiten anfängt, sollten die Aufgaben anders verteilt werden. Sonst schultert sie Erwerbsarbeit und Familienarbeit, was unterm Strich sehr viel mehr Stunden sind als eine Vollzeitstelle. Die Amerikanerin Eva Rodsky hat in ihrem Buch „Auch Männer können bügeln“ ein Kartenspiel entwickelt. Es besteht aus 100 „Fair-Play-Karten“, die laut Rodsky das „häusliche Ökosystem“ beschreiben und unter anderem folgende Aufschriften tragen: Wäsche, Garten, Post, Mahlzeiten, Schulproviant, Geldmanagement, Aufräumen, Freundschaften, Schuldienste, Eltern & Schwiegereltern, Reisen, Sport, Auto, Geschenke. Damit können Paare spielen: Wer übernimmt welche Aufgaben? Welche Karte nimmt wie viel Zeit in Anspruch? Wie verteilen wir sie so, dass es zeitlich fair zugeht?

Laura Fröhlich, die Eltern zum Thema gerechte Aufgabenverteilung berät, hat eine „Steuerboard-Liste“ entwickelt, die man sich auf ihrer Homepage kostenlos herunterladen kann. In dieser Excel-Liste können Paare Aufgaben sammeln, definieren, wie häufig sie erledigt werden müssen, und verteilen. Denn jede Woche Wäsche zu sortieren, zu waschen, zusammenzulegen und einzuordnen braucht sehr viel mehr Zeit, als zweimal im Jahr das Auto zum Reifenwechsel und zur Inspektion zu bringen. Laura Fröhlich rät auch dazu, zu einzelnen Aufgaben sogenannte Mindmaps anzulegen. Das sind Schaubilder, die zeigen, was alles hinter einem Stichwort steckt. Zur Aufgabe Kindergeburtstag gehören zum Beispiel: Termin festlegen, Einladungen basteln und verteilen, Programm/Spiele überlegen, eventuell Raum oder Aktivität buchen, Preise/Essen/Geschenke besorgen.

Aufgaben verteilen

Familienorganisation sei dem Projektmanagement aus der Wirtschaft verwandt und brauche deshalb ähnliche Methoden, sagt Laura Fröhlich. Sie rät zu einem wöchentlichen „Küchenmeeting“, in dem Aufgaben verteilt werden. Am Anfang geht es darum, wiederkehrende Aufgaben wie Einkäufe, Wäsche, Hobbys der Kinder zu verteilen. Dazu gehören auch Dinge wie: jeden Montag das Sportzeug fürs Fußballtraining zu packen oder dem Kind dienstags zwei Euro fürs Mittagessen mitzugeben.

Klar muss laut Fröhlich sein: Wer etwas erledigt, übernimmt auch die gedankliche Arbeit. Beispiel Kinderkleidung: Wer diese besorgt, hat auch im Blick, was fehlt, was aussortiert werden muss, wann wer neue Schuhe, Sonnenhüte, Mützen braucht. Für Patricia Cammarata ist das einer der wichtigsten Punkte: Bei der gerechten Aufgabenverteilung gehe es nicht darum, dass einer die Aufträge des anderen erfülle, sondern darum, dass beide sich zuständig und verantwortlich für ihren jeweiligen Aufgabenbereich fühlen, schreibt sie in „Raus aus der Mental Load Falle“. Sind die wiederkehrenden Aufgaben verteilt, kann man im Küchenmeeting die anstehenden Dinge der nächsten Woche wie Arzttermine, Kindergeburtstage oder Besuche von Freunden besprechen.

Hilfsmittel

Apps helfen bei der Verteilung, etwa „Trello“ oder „Todoist“. Dort kann man Aufgabenbereiche festlegen und zuweisen. Oder auch einzelne Familien-Projekte mit Unteraufgaben planen. In Apps wie „Bring“ können beide Dinge eintragen, die besorgt werden müssen. Ein geteilter digitaler Kalender erleichtert die Absprache und Planung von Terminen. Natürlich geht es auch analog: Laura Fröhlich empfiehlt zum Beispiel, sich einen Wochenplan mit wiederkehrenden Aufgaben zu machen, diesen zu laminieren und dann mit abwaschbarem Folienstift die zusätzlichen wöchentlichen Aufgaben einzutragen.

Bei Fröhlich gibt es auch eine Bastelanleitung für ein aufstellbares Board, auf dessen vertikaler Achse Tätigkeitsfelder aufgelistet sind und auf der horizontalen die einzelnen Arbeitsschritte. Die Tabelle bildet dann einen selbst gewählten Zeitraum ab. Sie ist auch geeignet, um größere Projekte, wie zum Beispiel einen Umzug, in Unteraufgaben aufzuteilen. Mit Post-its und Farben kann man die Aufgaben verteilen. Übrigens können auch Kinder – je nach Alter – kleine Bereiche übernehmen.

Auch an unsichtbare Arbeit denken

Mit der Oma telefonieren, einen schönen Ausflug fürs Wochenende planen, das Haus österlich dekorieren – solche Dinge, die dafür sorgen sollen, dass sich jeder in der Familie wohlfühlt, werden in der Flut der Alltagsaufgaben oft übersehen, sollten aber unbedingt mit bedacht werden, wenn Aufgaben sichtbar gemacht und gerecht verteilt werden.

Dinge weglassen und einander nicht reinreden

Patricia Cammarata rät dazu, gemeinsam zu überlegen, wo sich Eltern Aufgaben einfacher machen können. Können manche Dinge auch von Freunden, Großeltern, bezahlten Kräften, einem Lieferservice erledigt werden? Muss die Wäsche wirklich gebügelt sein?

Muss es abends immer die warme Mahlzeit sein – oder reicht auch ein Vesper? Anders formuliert: Cammarata fordert vor allem Frauen dazu auf, ein bisschen weniger perfekt zu sein. Und eine weitere wichtige Regel: Paare sollten sich auf Mindeststandards, zum Beispiel beim Thema Putzen, festlegen. Danach jedoch erledigt jeder die Aufgaben, wie er es kann und will – ohne dass der andere es besser weiß.

Bücher

Begriff
2017 stieß die französische Zeichnerin Emma Clit mit ihrem Comic „Du hättest fragen sollen!“ (Original: „Fallait demander“) eine Debatte über die Verteilung von so genanntem Mental Load (mentale Last), also der Denk- und Organisationsarbeit in Familien an. Als Buch auf Englisch erhältlich: The Mental Load: A Feminist Comic (Seven Stories Press).

Bücher
In Deutschland hat sich als eine der Ersten die Bloggerin und Autorin Patricia Cammarata mit dem Thema beschäftigt. 2020 erschien ihr Buch „Raus aus der Mental Load Falle“ (Beltz, 17,95 Euro)

Laura Fröhlich hat sich ebenfalls auf das Thema Mental Load spezialisiert, sie bietet Seminare dazu für Eltern und auch Firmen an: https://heuteistmusik.de/. 2020 erschien ihr Buch „Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles“ (Kösel, 16 Euro). 2022 erschien dazu auch „Dein Workbook – Mental Load loswerden“ (Kösel, 16 Euro).