Auch an Stuttgart zog der Todestag von George Floyd nicht spurlos vorbei. Die Gruppe 0711 united überklebte ein Straßenschild am Erwin-Schoettle-Platz und machte ihn zum „George-Floyd-Platz“. Im Netz gibt es dafür viel Lob – aber auch Kritik.

Volontäre: Annika Mayer (may)

Stuttgart - Weltweit erinnerten sich Menschen am Dienstag an den Afroamerikaner George Floyd, der vor einem Jahr bei einem brutalen Polizeieinsatz getötet wurde. Auch in Stuttgart setzten Aktivisten zum Jahrestag seines Todes in Floyds Namen ein Zeichen: Die Gruppe 0711 united, die sich im Kessel gegen Rassismus und Polizeigewalt stark macht und immer wieder Demonstrationen veranstaltet, wurde am Dienstag am Erwin-Schoettle-Platz aktiv. Dort überklebten die Aktivisten ein Straßenschild und benannten den Bereich zum „George-Floyd-Platz“ um. Erwin Schoettle war Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus. Verfehlte die Aktion ihr Ziel?

 

„Uns ging es mit der Aktion darum, den Todestag von George Floyd im öffentlichen Raum sichtbar zu machen“, sagt Toni von 0711 united, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will. Die Gruppe wollte laut ihm auf diese Weise außerdem wieder auf Rassismus und Polizeigewalt aufmerksam machen. „Auch ein Jahr später müssen wir weiter erinnern, weiter aufklären, weiter kämpfen“, begründet 0711 united die Aktion am Todestag Floyds ebenfalls auf ihrem Instagram-Kanal. Dort teilte die Gruppe einen Beitrag, auf dem das Straßenschild mit dem aufgeklebten neuen Namen zu sehen ist.

Es gibt viel Lob, aber auch Kritik

Toni geht davon aus, dass einigen Menschen das Schild aufgefallen sei und es positiv wahrgenommen werde. „Heslach ist ein Stadtteil mit einer langen antifaschistischen Geschichte, das wird schon gut angekommen sein“, sagt er. Auch Online hätten viele Leute die Aktion gesehen, die Rückmeldungen seien überwiegend positiv gewesen. Auf Instagram betrachten manche Nutzer die Aktion jedoch auch kritisch. Dass gerade der Platz, der Erwin Schoettle, dem Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus gewidmet ist, unbenannt wurde, wird in einzelnen Kommentaren unter dem Post als problematisch bewertet. Ein Nutzer schreibt beispielsweise: „Das Gedenken an einen Widerstandskämpfer gegen das NS Regime überkleben... Hätte man keinen anderen Platz gefunden?“

Auch Toni ist der Kritikpunke bekannt. „Wir haben den Platz nicht ausgesucht, weil wir etwas gegen Schoettle tun wollen“, rechtfertigt er den Standort der Aktion. „Wir beziehen uns ja selbst auf den antifaschistischen Widerstand in Deutschland.“ Der Platz habe sich angeboten, da dort viel los sei. „Wir haben auch nicht alle Schilder überklebt, sondern nur eins.“

Neuer Name für den Platz wahrscheinlich nur auf Zeit

Wie lange der Aufkleber bleiben wird, ist noch ungewiss. „Heute Morgen auf meinem Weg zur Arbeit war er noch da“, sagt Toni. 0711 united habe am Jahrestag des Anschlags in Hanau bereits für eine ähnliche Aktion verantwortlich gezeigt. Damals habe die Gruppe den Marienplatz zum „Platz der Erinnerung“ umbenannt. „Das war dann schon zwei Monate da“, sagt er. Toni geht davon aus, dass wie am Marienplatz auch der Aufkleber am Erwin-Schoettle-Platz irgendwann wieder vom Straßenschild weichen muss. „Die Stadt Stuttgart wird es wahrscheinlich wegmachen.“