Die eine kann Schläger und Ball nicht leiden, die andere umso mehr. Ob Padel trotzdem beide Autorinnen überzeugt? Ein Selbstversuch im neuen Padel-Court auf dem Cannstatter Wasen.

Bad Cannstatt - Ein Glaskasten, ein Netz, Kunstrasen, Bälle und Schläger: Mehr braucht es nicht, um die neue Trendsportart Padel zu spielen. Seit zwei Wochen steht ein solcher mobiler Court auf dem Cannstatter Wasen und unsere zwei Autorinnen haben sich hinein gewagt.

 

Annina Baur: Fitness, Joggen und Tanzen gehören zu mir, ohne Bewegung werde ich unausstehlich. Und doch schnüre ich an diesem Morgen die Turnschuhe mit einem mulmigen Gefühl. Sobald nämlich ein Ball ins Spiel kommt, tendiert meine Sportlichkeit gegen Null. Und genau das steht mir an diesem Tag bevor, an dem wir die neue Trendsportart Padel auf dem Cannstatter Wasen ausprobieren.

Julia Barnerßoi: Vor drei Jahren habe ich Schläger und Ball lieben gelernt. Nach nur einem Versuch im Squash-Court bin ich in einen Verein eingetreten, trainiere seither fleißig und mische als Mitglied einer Damenmannschaft mehr schlecht als recht, aber mit viel Spaß in der Kreisliga Württemberg mit. Kaum habe ich das erzählt, ist die Erwartungshaltung geweckt: „Dann hast du ja sicher Ballgefühl“, heißt es gleich. Und so ein Padel-Platz gleiche ja auch einem Squash-Court: beide haben Rückwände aus Glas, die zum Spielfeld gehören, das würde ich ja kennen. Mir wird mulmig...

Annina Baur: „Padel ist auch ohne Erfahrung leicht zu erlernen“, muntert mich Kathi Bansa auf. Sie hat die Sportart in Spanien kennen- und lieben gelernt und gemeinsam mit Julian und Mario Steinbruch sowie Adrian Bayh den Court mithilfe von Crowdfunding und Sponsoren auf die Beine oder besser den Beton gestellt. Trotz der warmen Worte schaue ich skeptisch auf den runden, kleinen und sehr leichten Kunststoffschläger in meiner rechten Hand. Aber leider gibt es kein Zurück mehr. Padel wird immer in Zweierteams gespielt, meine drei Mitstreiter sind heiß auf ein Match.

Julia Barnerßoi: Der viel kürzere Schläger fühlt sich komisch an in meiner Hand. Zudem besteht er durchgehend aus Plastik, hat keine Bespannung, wie ich es gewohnt bin. Und mit diesem gelben Tennisball kann ich nun wirklich gar nichts anfangen. Ein Squash-Ball ist klein und schwarz und man muss ordentlich draufhauen, um ihn mit Geschwindigkeit durch den Court zu jagen. Das tue ich dann auch mit dem Padel-Schläger. Das Ergebnis: Der Ball fliegt in hohem Bogen über die vier Meter hohen Wände des Courts hinaus und springt über die Beton-Fläche des Wasens hinweg. Gott sei Dank nimmt sich Jürgen Spielberger der Sache an und joggt dem Ball hinterher. Ein fairer Gegner.

Annina Baur: Beim sogenannten Einschlagen scheinen sich meine schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten. Ich verfehle die Bälle, schlage sie direkt gegen die Glaswände oder gleich ganz hinaus aus dem zehn mal 20 Meter großen Platz nahe der König-Karl-Brücke. Ballgefühl? Fehlanzeige. Da hilft mir auch meine gute Kondition jetzt nicht. Leid tut mir vor allem mein Teampartner Jürgen Spielberger. Den Banker und Hobby-Tennisspieler hat das Padel-Fieber gepackt, er ist Stammgast auf dem Anfang Juni errichteten Platz. Und er hat viel Geduld. Er erklärt mir, wie ich den Aufschlag im korrekten Feld platziere und lobt mich, wenn mir ein Schlag gelingt. Einige lange Ballwechsel gelingen, manchmal punkte ich sogar für unser Team.

Julia Barnerßoi: Die Sonne brennt. Auf dem Wasen sind wir ihr schutzlos ausgeliefert und kommen ganz schön ins Schwitzen. Aber es macht Spaß. Langsam bekomme ich ein Gefühl für den kurzen Schläger. Mit den Anweisungen, die mir meine Spielpartnerin Kathi Bansa zuruft, klappt es ganz gut. „Komm vor ans Netz“, ruft sie oder „Warte! Der kommt von der Rückwand wieder zurück“. Am Ende wird es richtig knapp. Mein Ehrgeiz ist plötzlich da als würde ich am Liga-Spieltag im Squash-Court stehen – wie es aussieht, hat mich das Padel-Fieber gepackt. Erst herrscht Einstand, dann ist immer wieder ein Team im Vorteil – ist das spannend...

Annina Baur: So langsam beginnt mir die Sache Spaß zu machen. Und nach einer knappen Stunde passiert etwas, das ich am Morgen nicht zu hoffen gewagt hätte: Nur ganz knapp unterliegen wir den Profis auf der anderen Seite des Netzes. Gib mir Fünf. Vielleicht überdenke ich meine Abneigung gegenüber Bällen noch einmal.

Termin: Am Samstag, 28. Juni, beginnt um 15 Uhr ein Eröffnungsturnier auf dem Padel-Court am Cannstatter Wasen.

Weitere Sportangebote auf dem Wasen

Der Padel-Court soll erst der Anfang zu mehr Bewegung auf dem Wasen zwischen dem Frühlings- und dem Volksfest sein. Geplant ist, in dem Bereich nahe der König-Karl-Brücke, wo auch der Padel-Court steht, weitere mobile Sportangebote aufzubauen, der Gemeinderat hat dafür 80 000 Euro bewilligt. „Es sollen zwei Tischtennisplatten, eine kleine Boule-Bahn und zwei Basketball-Körbe aufgestellt werden“, sagt Andi Mündörfer vom Amt für Sport und Bewegung.

Außerdem wolle die Stadt der schlechten Versorgung Stuttgarts mit Skateparks abhelfen, indem mobile Elemente für Skateboardfahrer und Inline-Skater aufgebaut werden. Alles in allem werden die geplanten Sportgeräte rund 60 000 Euro kosten, der Rest des Geldes könne dann ein Jahr später für eine Erweiterung des Angebots ausgegeben werden. Ganz bewusst hat sich die Stadt laut Mündörfer für ein offenes, niederschwelliges Angebot entschieden, nachdem die Idee einer kostenpflichtigen Driving Range an gleicher Stelle vor Jahren fehlgeschlagen war.

Wann genau auf dem Cannstatter Wasen noch mehr gesportelt werden kann, steht allerdings noch nicht fest: „Wir warten zurzeit noch auf Genehmigungen“, sagt Mündörfer. Er hoffe allerdings, zu den Sommerferien starten zu können.