40 Jahre hat sich Ellen Eissner beim Turnverein engagiert. Nur einmal verlor sie beinahe die Kraft dafür.

Stuttgart-Plieningen - Ellen Eissner beherrscht die typischen Sätze des selbstlosen Ehrenamtlers: „Das ist doch nichts Besonderes“, „Was soll man da schon groß drüber sagen?“, „Ich habe es halt immer gern gemacht“. Für die anderen Mitglieder des TV Plieningen ist die Arbeit einer Ellen Eissner aber nicht so selbstverständlich und sie als Person nur schwer zu ersetzen. Nicht umsonst wurde ihr schon nach knapp 20 Jahren der Vereinszugehörigkeit die Ehrenmitgliedschaft verliehen, nach 23 Jahren die Landesehrennadel. Nach 40 Jahren im Verein gibt die 74-Jährige nun ihre Ämter ab.

 

Angefangen hat alles mit einer Gymnastikstunde im Jahr 1973. „Zwei Bekannte wollten mich unbedingt mitnehmen“, erzählt Ellen Eissner, die vor über acht Jahren von Birkach nach Oppenweiler bei Backnang gezogen ist. Zunächst dachte sie, das schaffe sie nicht. Immerhin führte sie mit ihrem Mann Dieter einen Malerbetrieb. „Dort habe ich quasi alles gemacht, von der Buchhaltung bis zum Werkstattputzen“, erzählt die Mutter zweier Töchter.

Sie ist dennoch mit. Und wie es eben so sei, habe sie dann mal hier, mal da einen Kuchen gebacken oder bei einem Fest geholfen. „Und dann hieß es plötzlich: ,Wer so viel macht wie du, muss in den Ausschuss‘“, erinnert sich Ellen Eissner. Es folgte die Karriere: Acht Jahre war sie Pressewart, ebenso lange zweite Vorsitzende des TV, außerdem zwei Jahre Schriftführerin. Am meisten lag ihr aber die Aufgabe, die sie am längsten machte und bis heute macht: die Veranstaltungsleitung im Festausschuss.

„Das ist schon eine bequeme Generation heutzutage“

Bei all den jährlichen Festen hatte Ellen Eissner den Hut auf – ob Dorffest, Fasching oder Hohenheimer Schlossradrennen. Sie organisierte Genehmigungen, teilte Helfer ein, kaufte Ware, wusch Schürzen, versorgte die Helfer mit Kaffee und stand natürlich oft selbst am Verkaufsstand. Dasselbe bewältigte sie bei großen Anlässen wie dem Festumzug des TV zum 125-Jährigen oder bei der Einweihung des Rundwanderwegs mit 1200 Teilnehmern. „Das war schon viel Arbeit“, sagt die gebürtige Heumadenerin. „Aber man hat ja nicht nur geschafft wie verrückt, man hatte auch eine lustige Zeit zusammen.“

Das Feiern hat Ellen Eissner im Blut. Nach dem Erwachsenenfasching des Vereins ist man über Jahre danach stets noch bei Eissners in Birkach eingekehrt. „40 bis 50 Leute kamen da immer zusammen“, erzählt sie. „Im Verein wird davon heute noch geschwärmt“, sagt sie und grinst. „Ich finde es einfach wichtig, dass man zusammenkommt.“ Auch Geburtstage werden deshalb im Hause Eissner immer groß zelebriert. Vor allem die der Familie.

Dass heute vielen Vereinen in der Gegenwart die freiwilligen Helfer ausgehen, kann die rührige Ellen Eissner nicht verstehen. „Das ist schon eine bequeme Generation heutzutage“, sagt sie dazu. „Viele denken, den Vereinsbeitrag zu zahlen, reicht.“ Dabei sei es auch für Berufstätige nur eine Organisationssache, wie man sich die Zeit einteilt. Es tue einem Verein schon gut, wenn jeder nur ein wenig mithilft. „Man braucht es ja nicht gleich so zu machen wie ich“, scherzt sie.

Ein Ersatz war nur schwer zu finden

Nur einmal in ihrer Karriere als gute Seele des TV Plieningen hat Ellen Eissner fast die Kraft verloren und ans Aufhören gedacht. 1998 bekam sie die Diagnose Brustkrebs. „Da dachte ich: Das war’s“, sagt sie ehrlich. Denn der Krebs hatte bereits ihren Vater und zwei Schwestern auf dem Gewissen. Doch auch in dieser schweren Zeit war es der Verein, der ihr Kraft gab. Die Freunde haben sie ermutigt, weiterzumachen. „Im Nachhinein war es die beste Ablenkung“, gibt Ellen Eissner zu. Nach der Behandlung sei sie nicht mal zur Reha gefahren. „Da hätte ich lauter kranke Leute gesehen“, sagt sie. Also hat sie sich lieber gleich wieder an den Partygrill gestellt.

Seit der Rente und dem damit verbundenen Umzug nach Oppenweiler im Jahr 2004 ist Ellen Eissner die häufige Fahrt nach Plieningen eigentlich zu anstrengend. Ein Ersatz für sie war aber nur schwer zu finden. Inzwischen ist ihre Nachfolgerin im Amt, Ellen Eissner guckt ihr noch ein wenig auf die Finger. Das allerletzte Mal beim Kinderfasching am 2. Februar. „Da werde ich maximal noch an der Kasse sitzen.“

In der neuen Heimat haben sich Ellen Eissner und ihr Mann Dieter längst eingelebt. „Wir sind einfach gleich wieder in Vereine gegangen“, sagt sie. Nun ist sie Mitglied im Sportverein. Und beim Liederkranz. Und bei den Landfrauen. Und bei den beiden Letzteren natürlich auch wieder im Ausschuss tätig. „Na ja, man kann ja nicht nur daheim rumtrielen, wenn man Rentner ist und gucken, wie der Tag rumgeht“, rechtfertigt sie sich. Dann muss sie selber lachen und gibt zu: „Wir sind halt einfach Vereinsmeier.“