Nach der ersten TV-Debatte zwischen Donald Trump und Hillary Clinton zeigen erste Umfragen, dass die Demokratin das Duell gewonnen hat. Im Trump-Lager macht sich Realitätsverweigerung breit.

Washington - Am Ende sind die Zahlen eindeutig. Doch Donald Trumps Wahlkampfmanagerin Kellyanne Conway predigt tapfer in die Mikrofone, dass ihr Chef besser gewesen sei als seine Konkurrentin. Die Szene hat etwas von Realitätsverweigerung. Denn Hillary Clinton, so sagt es eine Blitzumfrage von CNN, hat die erste TV-Debatte des laufenden US-Wahlkampfes gewonnen. 62 Prozent der Befragten, von denen viele allerdings den Demokraten nahestehen, sehen die Ex-Außenministerin vorne. Der Bauunternehmer aus New York kommt nur auf 27 Prozent. Während mehr als zwei Drittel der Umfrageteilnehmer sagen, Clinton sei in der Lage, das Präsidentenamt auszuüben, sagen 55 Prozent, Trump sei dazu nicht befähigt.

 

90 Minuten lang fetzten sich Clinton und Trump auf offener Bühne. Bis zu 100 Millionen Menschen könnten sich das Debattenspektakel des Jahres, von US-Medien zur „Mutter aller Bewerbungsgespräche“ überhöht, angeschaut haben. Solche Quoten bringen in den USA normalerweise nur Endspiele im Football.

Die 68 Jahre alte Ex-Außenministerin ist nach der ersten von insgesamt drei Debatten ihrem Ziel, als erste Frau den Chefposten im Weißen Haus zu übernehmen, ein Stück näher gerückt. Während des TV-Duells gibt sich sehr abgeklärt, aber nicht abgehoben. Sie reagiert gelassen auf die Aggressivität ihres 70 Jahre alten Konkurrenten Donald Trump und punktet mit Faktenwissen.

Kritik aus den eigenen Reihen für Trump

Der Immobilienmilliardär aus New York dagegen hat sich nur in der ersten halben Stunde im Griff. Clinton-Sprecher Brian Fallon kommentiert das genüsslich: „Innerhalb der ersten dreißig Minuten war klar, dass Donald Trump vor den Augen des amerikanischen Volkes die Fassung verliert, aber in den letzten beiden Teilen wurde es noch schlimmer.“ Selbst der Trump-Anhänger Rudolph Giuliani, ehemals Bürgermeister von New York, sagt: „Diese Debatte war nicht seine beste, aber es kommen noch zwei.“

Bemerkenswert ist vor allem, dass sich Trump offenbar kaum auf die verbale Auseinandersetzung mit Clinton vorbereitet hat. In ersten Urteilen heißt es, Trump habe ziellos gewirkt. Die Frau des früheren Präsidenten Bill Clinton dagegen hat bald zwei Wochen lang für den Auftritt an der Hofstra-Universität in der Nähe von New York trainiert. Beide Bewerber sind unbeliebt wie kaum jemals ein Möchtegern-Präsident in der Geschichte der USA. Beide müssen um die Stimmen unentschiedener Wählerinnen und Wähler werben und brauchen einen guten Auftritt vor Millionenpublikum.

Während der Debatte gelingt das Clinton deutlich besser als Trump. Sie bleibt ruhig, wenn er aggressiv wird. Sie versucht zu lächeln, wenn er sie attackiert. Vor allem aber provoziert sie Trump, und der Bauunternehmer nimmt fast jeden Köder an. Sie nennt ihn indirekt einen Rassisten und einen Frauenfeind. Er verzettelt sich in Details, ob und wann er für oder gegen den Irak-Krieg der USA gewesen ist.

Schlagabtausch jenseits der Politik

Trump unterbricht seine Konkurrentin immer wieder, bringt seine Sätze nicht zu Ende und verliert sich in Selbstlob und Grundsatzkritik. Clinton sei eine klassische Vertreterin des Washingtoner Politik-Establishments, sagt er und wiederholt damit eine Grundmelodie aus seinem Wahlkampf. Trump stilisiert sich als Anti-Politiker und hat damit erstaunlichen Erfolg. Dann sagt er: „Ich habe die deutlich bessere Urteilsfähigkeit als sie. Sie sieht nicht wie eine Präsidentin aus und sie hat nicht die Ausdauer dazu.“ Clinton kontert gelassen, wenn Trump erst einmal so viel gereist sei wie sie als Außenministerin, dann könne er gerne wieder kommen und mit ihr über Ausdauer reden.

Obwohl Lachen in der Aula der Universität während der Debatte streng verboten ist, kommt es in solchen Momenten dennoch dazu. Zu ähnlichen Gefühlsausbrüchen kommt es im Publikum, als Clinton fragt, ob Trump seine Steuererklärungen nicht offenlege, weil er möglicherweise in manchen Jahren gar keine Steuern gezahlt habe. Da sieht der Immobilienmogul nicht gut aus, als er antwortet: „Das ist aber doch schlau.“

Trump würde Niederlage akzeptieren

Beide Bewerber bedienen sich während der TV-Debatte der Taktik, die sich auch bei öffentlichen Veranstaltungen im Wahlkampf pflegen. Clinton referiert Pläne. Trump gibt fast ausnahmslos nur Versprechen ab.

Clinton bemüht sich mehr als Trump. Die Ex-Außenministerin wird von vielen Amerikanern als abgehobene Vertreterin der Washingtoner Politikerkaste angesehen und hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Der Bauunternehmer dagegen lässt sich schnell aus der Fassung bringen.

Weil eine TV-Debatte aber ein Bewerbungsgespräch vor einem Massenpublikum ist, sagt das Ergebnis noch nichts über die Chancen aus, die Wahl am 8. November zu gewinnen oder zu verlieren. Immerhin sagt Trump am Ende des Duells, dass er selbstverständlich auch eine Niederlage akzeptieren würde. Das hat in den vergangenen Monaten auch schon anders geklungen.