Jährlich kürt eine Jury aus Sprachwissenschaftler das Unwort des Jahres. 2022 gewinnt „Klimaterroristen“ den Negativpreis. Wir haben einige Twitterreaktionen zu dieser Entscheidung gesammelt.

Das Unwort des Jahres 2022 steht fest. Weil mit dem Begriff „Klimaterroristen“ pauschal Menschen kriminalisiert und diskreditiert würden, die sich für Klimaschutzmaßnahmen und die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens einsetzen, gewinnt die Bezeichnung den Negativpreis, heißt es seitens der Jury aus Sprachwissenschaftlern.

 

Mit der Gleichsetzung der Klimaaktivisten mit Terrorismus würden gewaltloser Protest und demokratischer Widerstand in einen staatsfeindlichen Kontext gestellt. Die globale Bedrohung durch den Klimawandel gerate in den Hintergrund – das gelte auch für die Forderung der Aktivisten, die Krise durch wirksame politische Maßnahmen zu bekämpfen.

Auf Twitter wird die Entscheidung der Jury von einigen Usern gelobt.

Bei der AfD sieht man das anders, wie ein Tweet von Daniel Lindenschmid, Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Backnang, zeigt:

Manch einen langweilt das:

Stephan Brandner, stellvertretender AfD-Bundessprecher, sprach vor einigen Wochen etwa davon, dass der „Kuschelkurs mit den Klimaterroristen“ ein Ende haben müsse.

Aber auch CDU/CSU und FDP kommen nicht gut weg. Erst vor wenigen Tagen erneuerte Alexander Dobrindt (CSU) seine – umstrittene – Warnung, dass auch aus Ideologien neuer Terrorismus entstehen könnte, dass die Politik also aufpassen müsse, dass keine „Klima-RAF“ entstehe. „Rote Armee Fraktion“ (RAF) nannte sich eine terroristische linksextremistische Vereinigung in Deutschland, die bis in die 1990er Jahre zahlreiche Attentate verübte, bei denen mehr als 30 Menschen starben.

Auf Platz zwei setzte die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlern bestehende Jury den Ausdruck „Sozialtourismus“, der 2013 zum „Unwort“ gekürt worden war. CDU-Chef Friedrich Merz hatte das Wort im vergangenen September im Zusammenhang mit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine verwendet und sich später dafür entschuldigt. Die Jury sah in dem Wortgebrauch „eine Diskriminierung derjenigen Menschen, die vor dem Krieg auf der Flucht sind und in Deutschland Schutz suchen“. Zudem verschleiere das Wort ihr prinzipielles Recht darauf.

Auf Platz drei kam die Formulierung „defensive Architektur“, die als irreführend und beschönigend kritisiert wurde. Der Ausdruck bezeichnet eine Bauweise, die verhindert, dass sich etwa Wohnungslose länger an öffentlichen Orten niederlassen können.

„Klimaterroristen“ löst „Pushback“ ab

Beim Unwort des Jahres werden seit 1991 nach Auffassung der Fachleute unmenschliche oder unangemessene Begriffe ausgewählt, die gegen das Prinzip der Menschenwürde verstoßen, in irreführender Weise etwas Negatives beschönigen oder diskriminieren. Die überwiegend aus Sprachwissenschaftlern zusammengesetzte Jury will damit insgesamt auf „undifferenzierten, verschleiernden oder diffamierenden öffentlichen Sprachgebrauch“ aufmerksam machen und Menschen für das Thema sensibilisieren.

Im vergangenen Jahr wurde der Begriff „Pushback“ zum Unwort des Jahres gekürt. Damit werde ein menschenfeindlicher Prozess des Zurückdrängens von Flüchtenden an den Grenzen beschönigt, erklärte das Gremium damals zur Begründung.

2020 gab es mit „Corona-Diktatur“ und „Rückführungspatenschaften“ erstmals ein Unwortpaar. Die Unwörter der Vorjahre lauteten „Klimahysterie“ (2019), „Anti-Abschiebe-Industrie“ (2018) und „alternative Fakten“ (2017). Vor einem Monat hatte die Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden „Zeitenwende“ zum Wort des Jahres 2022 gekürt.