Im historischen Wilhelmspalais, wo derzeit das neue Stuttgarter Stadtmuseum entsteht, wird unter laufendem Baubetrieb umgeplant. Das Museumscafé soll jetzt nicht im ersten Stock mit bestem Ausblick auf die Stadt entstehen, sondern im Erdgeschoss.

Stuttgart - Die von der CDU wiederangekurbelte Diskussion über die innere Organisation des künftigen Stadtmuseums im Wilhelmspalais ist beendet und so gut wie besiegelt. Damit auch bei Abendveranstaltungen im Erdgeschoss Getränke und kleine Speisen gereicht werden können, hole man das Museumscafé vom ersten Obergeschoss in die Eingangshalle des Erdgeschosses, teilte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) am Dienstagnachmittag mit. Zuvor hatte zum zweiten Mal binnen weniger Wochen ein Kolloquium stattgefunden, an dem die Mitglieder des Museumsbeirats sowie Vertreter der Gemeinderatsfraktionen und der Stadtverwaltung teilnahmen.

 

Man werde sich die planerische Änderung unter laufendem Baustellenbetrieb einen Betrag in der Größenordnung von 790 000 Euro kosten lassen, sagte Kuhn. Er glaube aber, dass sich diese Zusatzinvestition rentieren werde, weil sie eine „beträchtlich erweiterte“ kulturelle Nutzung des Vortragssaals und des sogenannten Salons im Erdgeschoss ermögliche. Das werde Auswirkungen auf die Zahl der Veranstaltungen und der Besucher haben, denn schließlich stehe das historische Wilhelmspalais „in super Lage“ am Charlottenplatz und neben dem dortigen Knotenpunkt des Stadtbahnnetzes. Das Museumspersonal und die Beiratsmitglieder wollen aber sicherstellen, dass es keine Reibungsverluste gibt. Daher fordern sie, dass die Leitung von Museum und Veranstaltungsbetrieb in einer Hand ist. Darüber mache man sich noch Gedanken, sagte Kuhn. Klar sei, dass das Café eine extra Leitung haben werde.

Zwei Fraktionen halten Änderung für unnötig

Nicht alle Teilnehmer des Kolloquiums konnten sich mit der Änderung anfreunden. Die Vertreter von SPD und SÖS/Linke plus im Gemeinderat hielten sie für unnötig, berichtete Kuhn. CDU, Grüne und Freie Wähler seien aber für die Verlagerung des Cafés eingetreten. Auch der Architekt Arno Lederer sei „sehr einverstanden“ gewesen. Durch die Umplanung könne das Café 50 Sitzplätze im Inneren und 20 im Freien auf einem Steg zur Urbanstraße hin bieten, sagte Kulturamtsleiterin Birgit Schneider-Bönninger. Bisher waren im ersten Obergeschoss innen 31 Sitzplätze, sechs Stehplätze am Tresen und 28 Sitzplätze auf dem Balkon vorgesehen.

„Wir machen weiterhin ein Museum, keine Partylocation“, fasste Kuhn den Ausgang der kontroversen Diskussion der vergangenen Wochen zusammen. „Das Museum wird eine gastronomische Nutzung haben, aber ohne Zwiebelrostbraten oder andere heiße Gerichte.“ Auch eine gastronomische Situation wie bei der Zwischennutzung nach dem Auszug der Stadtbibliothek und vor dem Umbau werde es nicht wieder geben.

Kuhn rechtfertigt die Mehrausgaben

Die Unterschiede zwischen altem und neuem Plan erscheinen nicht allzu groß – sie seien es auch nicht, sagte Kuhn unserer Zeitung. Denn schon in der bisherigen Konzeption wurde darauf abgehoben, dass im Erdgeschoss noch nach Museumsschließung reger Veranstaltungsbetrieb und reichlich Diskussionen stattfinden sollen. Lohnt der Mehraufwand von rund 800 000 Euro dafür, dass man bei den Veranstaltungen Wein und kleine Häppchen konsumieren kann? Ja, meinte Kuhn. Dieses Angebot sei wie eine Art Klammer und ziehe vermutlich zusätzliche Besucher an. „Diese zusätzliche Öffnung ist das Geld wert“, meinte er.

Kosten steigen auf mehr als 40 Millionen Euro

Der entsprechende Finanzbeschluss soll nach den Sommerferien gefasst werden, hat Kuhn mit den Fraktionsvertretern vereinbart. Vor den Ferien habe es nicht mehr gereicht, die Planungskorrektur habe man aber noch einleiten müssen. Man habe sich vergewissert, dass eine Mehrheit des Gemeinderats hinter der Änderung stehe. Die Kosten für das Stadtmuseum, das wiederholt teurer wurde und zuletzt 39,8 Millionen Euro kosten sollte, steigen jetzt über die 40-Millionen-Euro-Marge. Die CDU ist dennoch zufrieden, weil das Museum jetzt eine bessere öffentliche Nutzung erfahre, mit dem Tagescafé und abendlichen Bistro mehr Geld einspielen könne, wie sie glaubt. Beim geplanten Eröffnungstermin – Herbst 2017 – soll es bleiben, bei der baulichen Großzügigkeit des Erdgeschosses und der geplanten Ausstattung mit einem Modell der Stadt Stuttgart ebenfalls, versprach Kuhn. Wie man die 100 Quadratmeter nutzen werde, die oben nicht mehr fürs Café benötigt werden, diskutiere man noch. Einen Ausblick auf die Planie und die benachbarten Stadtquartiere wolle man den Besuchern dort weiterhin bieten.

Kuhn zeigte sich mit dem Ergebnis des Kolloquiums „sehr zufrieden“. Ihm sei es wichtig gewesen, zügig eine Lösung zu finden, die von einer breiten Mehrheit im Gemeinderat und vom Beirat getragen werde.

Museumsleitung wird ausgeschrieben

In den nächsten drei Wochen wolle man auch die Stelle der Gründungsdirektorin oder des Gründungsdirektors ausschreiben, sagte Kulturamtsleiterin Schneider-Bönninger. Wenn es gut gehe, könne die Stelle Anfang 2017 besetzt werden. Bis längstens Ende 2016 ist noch Anja Dauschek da, die Leiterin des Planungsstabs, die eine attraktive Stelle als Museumsdirektorin in Hamburg-Altona gefunden hat und so der Notwendigkeit enthoben wurde, sich in Stuttgart noch einmal bewerben zu müssen. Die CDU beugt übrigens dem Eindruck vor, sie könnte Dauschek vergrault haben mit ihren späten Änderungswünschen fürs Stadtmuseum: Die Stelle in Hamburg sei schon vor dem CDU-Vorstoß ausgeschrieben gewesen.