Rund um den Globus faszinieren die Songs der britischen Rockband Queen die Menschen bis heute. Wir haben einige besonders denkwürdige zusammengestellt.

Stuttgart - Vier Komponisten in der Band zu haben, ist ein Privileg, und das britische Quartett Queen schöpfte aus dem Vollen. Der aktuelle Spielfilm „Bohemian Rhapsody“ von Bryan Singer zeichnet die Richtungsdiskussionen innerhalb der Band nach und zeigt die ganze Tragik des 1991 an Aids gestorbenen Sängers und Pianisten Freddie Mercury. Dessen überschwänglich-dramatischen Kompositionen sind als musikalische Kleinode besonders in Erinnerung geblieben.

 

Killer Queen (Freddie Mercury, 1974)

Falls Sie mal in die Verlegenheit kommen, jemanden der sein Leben bisher jenseits von Pluto verbracht hat, erklären zu müssen, wer oder was Queen ist und nur auf einen einzigen Song zurückgreifen dürfen, wäre es ein großer Fehler ihm Hits wie „We will rock you“, „We are the Champions“, „I want it all“ oder „Another one bites the Dust“ vorzuspielen. Nicht weil diese Songs schlecht sind (zwei von ihnen sind es nicht), sondern weil sie nur sehr bruchstückhaft zeigen, was die Musik von Queen ausmacht. Anders der Song „Killer Queen“, der 1974 erschien, ihr erster Hit wurde und die Band endlich auf die richtige Spur brachte. Da ist alles drin: Freddie Mercurys überkandidelter Gesang, Brian Mays grandioser Gitarrensound, zig Oberdubs und Chöre, der Flirt mit dem Burlesken und eine Geschichte über ein Callgirl, das als Urenkelin von Marie Antoinette taugt. Und falls Sie uns nicht glauben, hören Sie ja vielleicht auf Brian May: „Es war das Lied, das unseren Musikstil am besten zusammenfasste“, hat er einmal gesagt. Und bis heute hat er recht. (gun)

Bohemian Rhapsody (Freddie Mercury, 1975)

Viele schüttelten zunächst die Köpfe über diese exzentrische Rock-Operette mit ihrem überbordend melodiösen Piano, dem vielstimmigen Satzgesang und der ausgefeilten E-Gitarren-Partitur; bald galt sie als Meilenstein der Musikgeschichte. Freddie Mercury, der seine kompositorische Genialität bereits in „Killer Queen“ hatte aufscheinen lassen, spielte seine ganze Stimmgewalt aus und inszenierte den Erzähler bewusst als Drama Queen, die himmelhoch jauchzt und zugleich zu Tode betrübt ist. Als Mitsing-Hymne im Auto wurde das Lied zum Kult, explizit festgehalten in der Rock’n’Roll-Filmkomödie „Wayne’s World“ (1992). Mit dem Text gab Mercury Rätsel auf. Eine Inspirationsquelle liegt besonders nahe: Albert Camus’ Roman „L’étranger“. Die Existentialisten, zu denen der im Zweiten Weltkrieg nach Paris vertriebene Franko-Algerier Camus zählte, galten als Inbegriff der Bohèmiens. Der seltsam indifferenten Hauptfigur Meursault („nothing really matters to me“) ist gerade die Mutter weggestorben, deren Tod ihn erst richtig erfasst, als er am algerischen Strand scheinbar grundlos einen Araber erschießt. „Bismillah“, das erste Wort im Koran, bedeutet „Im Namen Allahs“, und diejenigen, die es rufen, machen dem Protagonisten den Prozess („we will not let you go!“). Lange dachte man, Robert Smith hätte den „Fremden“ als erster verarbeitet in dem Cure-Song „Killing an Arab“ (1979) – womöglich ist Freddie Mercury ihm zuvorgekommen. (ha)

Don’t Stop Me Now (Freddie Mercury, 1978)

Manchmal wird das etwas langweilig als Authentizität verklärt. Im Rock’n’Roll bedeutet das: Wer Wein predigt, soll den gefälligst auch trinken. In „Don’t Stop Me Now“ ist alles drin, was fantastischen Rock’n’Roll ausmacht. Da sind zum Beispiel die Lebensfreude und der Überschwang: Freddie Mercury ist dermaßen guter Dinge, das soll ihm keiner nehmen, das wird ihm keiner nehmen. Und da ist dieser Nachdruck: Selten klang ein Sänger überzeugender in seinem Anliegen – jedes einzelne Wort, als würde er Ausrufezeichen singen. Gefahr ist da auch: Wehe dem, der es wagt, ihn zu stoppen. Rock’n’Roll braucht aber auch Tiefe, etwas Subversives und Hirn. Und plötzlich reitet Lady Godiva durch den Vers des Stücks. Ihr Mann, ein Adliger des 11. Jahrhunderts, sagte zu ihr, er würde die Steuerlast der Bürger erst verringern, wenn sie nackt auf einem Pferd durch die Stadt reite. Sie hat’s gemacht. Er hielt Wort. (setz)

Under Pressure (Freddie Mercury Brian May, Roger Taylor, John Deacon und David Bowie, 1981)

In diesen unwürdigen Streamingzeiten muss ein guter Popsong schon nach wenigen Sekunden als solcher identifizierbar sein. Sonst wird das nichts mit der Karriere. „Under Pressure“ aus dem Jahr 1981 macht das. Und noch viel mehr: Es ist ein Popsong, der alle Kriterien eines guten Songs erfüllt. Vor allem natürlich auch, weil hier Freddie Mercury und David Bowie (!) gemeinsam singen. Wie sich ihre Stimmen unterscheiden und ergänzen, ist immer noch ganz wunderbar. Und man hofft, dass die heutigen Doc-Martens-tragenden Mädchen in den Küchen sitzen und dieses Lied streamen. Wie gut der Basslauf ist, wusste schon Vanilla Ice. Schönster Funfact: Bei den Gesangsaufnahmen war Jon Bon Jovi (damals 19 Jahre alt) dabei, da er in dem Aufnahmestudio jobbte. Er durfte aber nur Kaffee bringen und die Künstler nicht ansprechen. (nja)

The Show Must Go On (Brian May, 1991)

Einen Monat vor Freddy Mercurys Tod erschien dieses Lied als sein musikalisches Vermächtnis. Die Band hatte zwar Zweifel, ob es Mercury aufgrund seines Gesundheitszustands überhaupt noch intonieren kann, aber er kippte nur einen Wodka, sagte: „I’ll fucking do it, Darling“ und sang es im ersten Take ein. Die Prophezeiung des Songtitels, den viele bis heute für die beste Nummer der Band überhaupt halten, hat sich aber nur halb eingelöst. Seine beiden schwachbrüstigen Sängernachfolger Paul Rodgers und Adam Lambert konnten dem charismatischen Frontmann auch nicht im Entferntesten das Wasser reichen, die Band ist heutzutage nur noch eine lausige Kopie ihrer selbst. Aber Shows spielt sie immer noch. (juw)