Seit über 50 Jahren ist Hasso Plattner mit dem Softwarekonzern verbunden. Nun wird er 80 und will als Aufsichtsratschef aufhören. Der aktuelle SAP-Chef spricht von einer „Unternehmerlegende“.

SAP ohne Hasso Plattner? Klingt komisch, ist aber so - zumindest bald. Nach über 20 Jahren als Aufsichtsratsvorsitzender des Softwarekonzerns gibt der Mitgründer und frühere Vorstandssprecher die Macht endgültig ab in der Firma, die sein Lebenswerk ist. Sein designierter Nachfolger, der ehemalige Deloitte-Chef Punit Renjen, überschlug sich im vergangenen Jahr regelrecht mit Superlativen. Plattner sei einzigartig. Eine Ikone. Eine Legende. Am 21. Januar feiert Plattner seinen 80. Geburtstag.

 

Der gebürtige Berliner hat einen langen Atem. Für manche einen zu langen. Aktionärsvertreter hatten den aus ihrer Sicht schleppenden Nachfolgeprozess kritisiert. „Meine Position als Aufsichtsratsvorsitzender in die richtigen Hände zu geben, ist für mich eine sehr wichtige und auch emotionale Aufgabe, an der ich schon seit einiger Zeit arbeite“, sagte Plattner auf der Hauptversammlung im Mai 2022. Letztlich wurde er, trotz Kritik, mit über 90 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen für zwei weitere Jahre gewählt.

Etwa zwei Monate später gab es dann richtig was zu feiern. SAP lud in die gleichnamige Mannheimer Arena zum 50. Geburtstag. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kam, und auch er geizte nicht mit Lob. SAP sei Deutschlands erfolgreichstes Softwareunternehmen und „das Aushängeschild der deutschen Digitalwirtschaft“.

E-Gitarre und Segelwettfahrten

Zwei SAP-Aushängeschilder hatten an dem Abend einen - in den vergangenen Jahren immer seltener gewordenen - gemeinsamen öffentlichen Auftritt. Arm in Arm lächelte Plattner gemeinsam mit Mitgründer und Mäzen Dietmar Hopp in die Kamera. Die Zeiten, in denen Plattner für Aufsehen sorgte, indem er sich mit einer E-Gitarre vor Kunden stellte oder sich mit dem damaligen Chef des Konkurrenten Oracle, Larry Ellison, Segelwettfahrten lieferte, waren da schon lange vorbei.

Zufrieden konnten die beiden an jenem Abend sein. Zusammen mit drei weiteren ehemaligen IBM-Mitarbeitern gründeten sie 1972 die Firma Systemanalyse Programmentwicklung - kurz SAP. Ihr Ziel war es, eine Standardsoftware zu entwickeln, mit der Geschäftsprozesse in Echtzeit abgebildet werden. Heute ist der Konzern mit Sitz in Walldorf Deutschlands wertvollster Dax-Konzern und Europas größter Softwarehersteller.

Der beste Gefährte

Hopp hat die Feier in Mannheim in guter Erinnerung behalten: „Auf meinem Profilbild bei einem bekannten Messenger-Dienst sieht man uns beide, nebeneinander stehend bei der SAP-Jubiläumsfeier“, sagt er. Plattner sei beruflich ganz sicher der beste Gefährte gewesen, den er sich vorstellen könne. Plattners Bereitschaft, Dinge anders anzugehen und seine kreative Kraft, technische Prozesse neu zu denken, seien herausragend gewesen.

Wenn Hopp an die Achtziger zurückdenkt, jene Zeit noch vor dem Börsengang 1988, dann spiegelt nach seinen Worten „Forever young“ von Alphaville wider, was die beiden damals fühlten: „Wir waren bereit und fühlten uns in gewisser Weise auch unverwundbar.“ Beim Betriebskick mit den Angestellten habe es häufig auch eine Hasso- und eine Dietmar-Fraktion gegeben. „Ja, wir haben uns gemessen, haben den Wettbewerb geliebt“, sagt Hopp. Aber sie seien immer Partner geblieben und hätten das Ringen zum Wohl von SAP eingesetzt.

SAP hat Plattner in den Club der reichsten Deutschen gehievt. Auch Plattner trat als Mäzen in Erscheinung, stiftete enorme Summen in Kunst und Kultur. In Potsdam ließ er das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Palais Barberini zum Museum wiederaufbauen - auf eigene Kosten. In Brandenburgs Landeshauptstadt stiftete er das auf Informatik ausgerichtete Hasso-Plattner-Institut.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte Plattner am Freitag in einer Mitteilung vorab zum Geburtstag. Als Stifter und Mäzen gebe Plattner ein Beispiel für bürgerschaftliches Engagement. Plattner sei ein „Brückenbauer zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft“.

„Eine Unternehmerlegende“

„Hasso Plattner ist eine Unternehmerlegende, wie wir sie sonst oft nur aus den USA kennen“, sagt SAP-Chef Christian Klein. Plattner sei bereits ein brillanter Programmierer gewesen, als die IT in den Siebzigern noch in den Kinderschuhen steckte. „Er hatte einen so klaren Blick, sagt man, dass er Computer-Programme direkt von seinem Kopf in die damals noch üblichen Lochkarten stanzen konnte.“ Die Lochkarten des ersten SAP-Programms soll Plattner nach Darstellung von Klein wie ein wertvolles Gut stets bei sich getragen haben.

Klein beschreibt Plattner so: „Hasso ist ehrgeizig, leidenschaftlich, sucht den Wettbewerb, gibt sich nie zufrieden mit dem Status quo, hat einen scharfen Sinn für die Bedürfnisse des Kunden und ist ein absoluter Teamplayer, wenn es ums Umsetzen geht.“

Die Prozesse in Unternehmen neu zu denken und in Software in Echtzeit abzubilden, das sei damals eine gewaltige Pionierleistung gewesen, die Klein zufolge eng mit Plattner verbunden ist. „Er steckt voller Energie, und es wird ihm auch im neuen Lebensjahrzehnt sicher nicht langweilig werden.“