Foodsharing-Spot, Bistro und nachhaltige Verbraucherinitiative in einem: Der Osten bekommt einen Unverpackt-Laden mit angeschlossenem Café. Wir haben schon mal bei Wandel.Handel in der ehemaligen Wagenburgapotheke vorbeigeschaut.

Stuttgart – Solidarisch, nachhaltig, fair. Fast schon Zauberwörter im urbanen Zusammenleben der Gegenwart. Immer mehr Stuttgarter:innen hinterfragen ihre Muster, möchten umweltverträglicher leben und entsprechend einkaufen. Im Westen geht das schon ganz gut. Das Foodsharing-Café Raupe Immersatt am Hölderlinplatz, der Unverpackt-Laden in der Vogelsangstraße oder der Mitgliederladen Plattsalat in der Gutenbergstraße sind Anlaufstellen für städtisches Umdenken.

 

Jede:r gibt, was möglich ist

Am 30. Oktober bekommt auch der Osten eine. In der ehemaligen Apotheke an der Wagenburgstraße 123 werden Johanna Nocke und Fabian Stuhlinger den Wandel.Handel eröffnen – ein Mitgliederladen, der biologische Produkte fair, nachhaltig, umsatzunabhängig und selbstbestimmt anbietet - inklusive angeschlossenem Café.

Wer Mitglied wird, zahlt einen monatlichen Beitrag, der die Fixkosten des Projekts decken soll. Dafür gibt es Lebensmittel mit geringem Aufschlag. „Man kann natürlich auch ohne Mitgliedschaft einkaufen, zahle dann aber ein wenig mehr“, so Fabian bei unserem Besuch in der Wagenburgstraße. In der ersten Novemberwoche soll es in dem Laden auch kleine Aktionen geben: So können sich Interessierte, Nachbar:innen aus dem Quartier und Mitglieder:innen durch das Sortiment probieren.

Im Grunde gilt das solidarische Prinzip „man gibt, was man kann“. Wem der monatliche Beitrag zu hoch ist, redet einfach mit den Macher:innen. Wer mehr geben will, kann das herzlich gerne tun. „Eine Solidargemeinschaft funktioniert so: Man hilft einander“, betont Fabian. Der Zuspruch, den das Projekt bislang schon erfahren hat, zeigt es recht deutlich: Der Osten ist bereit für seine eigene kleine Utopie. Wie immer fängt es mit dem ersten Schritt an.

Nachhaltige Leichtigkeit

Johanna und Fabian wollen in ihrer Location – Hinterhof inklusive - auch Gemüse anbauen und Foodsharing betreiben. „Im Wandel.Handel wollen wir gemeinsam die Praxis üben“, sagt Johanna. „Nach nachhaltigen Lösungen suchen, sie debattieren und anbieten. Wandel.Handel soll in das große Thema eine gewisse Leichtigkeit bringen – mit einer gleichgesinnten Gemeinschaft, die an einem Ort unkompliziert zusammenkommen kann. Deswegen werden wir auch ein kleines Bistro in dem Laden einrichten – als Ort des Austausches.“ Vorerst soll es die Getränke im Café nur zum Mitnehmen geben.

Vom Denken zum Handeln

Diesem Projekt vorausgegangen war eine jahrelange und eingehende Beschäftigung der beiden mit dem komplexen Thema Nachhaltigkeit. „Wir haben mehr und mehr gemerkt, dass wir nicht nur unsere Freizeit damit verbringen wollen“, so Fabian. Der Erfolg ihrer Crowdfunding-Kampagne und die große Resonanz im Quartier geben ihnen Recht. Denn dass wir an unserem Konsumverhalten etwas ändern müssen sei eigentlich alles klar, meint Johann: „Die Problematik ist nicht, dass wir nicht über diese Themen Bescheid wissen. Die Problematik ist eher, vom Denken zum Handeln zu kommen. Das ist ein großer Schritt, doch ich finde es gerade jetzt in dieser Zeit wichtig, dass wir eine Vorwärtsbewegung machen ehe sich wieder alte Gewohnheiten einschleichen.“

Niemandem auf die Füße treten

Derzeit beteiligen sich 20 Menschen aktiv an der Gemeinschaft, noch mal 40 gehören zur erweiterten Wandel.Handel-Community. Ein guter Grundstock, um Solidarität und Nachhaltigkeit zu leben. Und ein echtes Stuttgart-Ost-Eigengewächs. „Für uns war klar, dass wir das Projekt hier im Osten verwirklichen wollen“, erzählt Fabian. „Weil wir hier wohnen, aber auch, weil sich viele Menschen hier einen solchen Laden wünschen. Wir haben durch dieses Projekt so viele wunderbare Menschen aus dem Viertel kennengelernt, von denen wir vorher gar nichts wussten. Manchmal wohnen sie nur zwei Häuser weiter“, so Fabian.

Das Quartier zusammenbringen, das ist auch so ein Wunsch der beiden. Und es Stuttgart ein bisschen leichter machen, nachhaltig und eigenverantwortlich zu leben. „Nachhaltigkeit bedeutet für uns, so zu leben, dass man niemandem auf die Füße tritt – weder Mensch noch Tier oder Natur.“

Wandel.Handel, Wagenburgstr. 123, Stuttgart-Ost, Öffnungszeiten: Mo+Do+Fr 10-14+15-18.30, Di+Mi 16-20, Sa 10-16 Uhr, www.wandel-handel.de