Hans-Jörg Schaller, einstiger Landtagskandidat der Grünen im Wahlkreis Vaihingen, will Spitzenkandidat der Ökopartei im kommenden Jahr werden. Oder will er vielleicht doch nur der Parteispitze eins auswischen?

Vaihingen/Enz - Mit Öko-Maultaschen, Jazz und Cem Özdemir hat Hans-Jörg Schaller einst Wahlkampf gemacht. Lang’ ist’s her. Im März 2001, als Schaller für die Grünen in den Landtag einziehen wollte, galt ihm der damalige Bundestagsabgeordnete noch als Werbeträger für seine Wahlkampfveranstaltung in Ditzingen. Seit er damals scheiterte, hat sich vieles verändert. Özdemir ist Parteivorsitzender der Grünen geworden. Der fest in der Kommunalpolitik seines Heimatortes Riet, einem Teilort von Vaihingen/Enz, verwurzelte Schaller blieb der Partei treu, wandte sich aber neuen beruflichen Herausforderungen zu. Er ist Patentingenieur bei einem Unternehmen in Köln. Und er erregte mit seiner Biermarke „Fucking Hell“ weltweit Aufsehen.

 

Jetzt kehrt Hans-Jörg Schaller, inzwischen 52 Jahre alt, zurück auf die politische Bühne – als hämischer Kritiker der Grünen-Parteispitze. Und als Bewerber für die bundesweite Urwahl um den Posten des Spitzenkandidaten der Öko-Partei für die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Damit ist er nach Werner Winkler aus Waiblingen der zweite Parteirebell aus der Region Stuttgart, der bei der Abstimmung, die vom 8. bis 30. Oktober läuft, gegen die Parteiprominenz mit Jürgen Trittin, Claudia Roth oder Renate Künast antritt.

Keine Interviews, bitte!

Im Unterschied zu Winkler weigert sich Schaller beharrlich, Interviews zu geben. Seinem Bewerbungsschreiben ist aber zu entnehmen, dass er den Anlauf dem verstorbenen Grünen-Kreisrat Armin Zeeb, ebenfalls aus Vaihingen/Enz, widmet. Sein langjähriger Freund hätte sich über diese Direktwahl gefreut, „weil sie die echte Möglichkeit bietet, alte Verkrustungen aufzubrechen. Ich bewerbe mich an seiner statt.“

Ansonsten liest sich das Schreiben wie eine satirisch angehauchte Schmähschrift auf die Parteioberen der Grünen. Als Verteidigungsminister im Falle einer Grünen-Regierungsbeteiligung schlägt er den „aufrechten Winne Hermann“ vor, der zu Zeiten des Protestes gegen den Nato-Einsatz im Kosovo „noch häufiger im Kreis Ludwigsburg präsent war – ganz im Gegensatz zum damals vor Ort nominierten Bundestagsabgeordneten und heutigen Vorstand“, schreibt er, gemünzt auf Cem Özdemir. Dass Schaller wohl selbst nicht mit seiner Wahl rechnet, lässt sich seinem Brief ebenfalls entnehmen. Er verzichte bewusst „auf die mehrseitige Wiedergabe des Parteiprogramms in eigenen Worten“. Er sei „natürlich gegen Armut und Hunger und für Frieden auf der Welt“.

Übrigens hat Schaller sich einst durchaus als Stimmenbringer für die Grünen profiliert. Nur 350 Stimmen fehlten ihm 1996 zum Einzug in den Landtag. Die Unterstützung von Özdemir half ihm allerdings nicht. Bei der folgenden Wahl stürzte er von 13,6 auf 8,3 Prozent der Stimmen ab.