Schon in seinem Eingangsstatement nimmt Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle – natürlich nur zitierend – das so gefährliche Wort vom „ausbrechenden Rechtsakt“ in den Mund. Wäre das OMT-Programm der Zentralbank ein solch ausbrechender, die Kompetenzen der Europäischen Union überschreitender Akt, dann müsste Karlsruhe sein Veto einlegen, verhindern, dass sich deutsche Institutionen daran beteiligen. Dann müssten sich die Richter schützend vor die „Verfassungsidentität des Grundgesetzes“ stellen, wie sie es selbst formulieren. Keine Rolle dürfte es dann spielen, darauf weist Voßkuhle ausdrücklich hin, dass das OMT-Programm bisher so erfolgreich ist, dass die bloße Ankündigung bereits ausgereicht hat, um die Märkte zu beruhigen. Denn dann würde „der Zweck allein die Mittel heiligen. Diese Vorstellung aber widerspricht dem zentralen Versprechen des demokratischen Verfassungsstaats“ – sagt Voßkuhle. Da schwingt viel Skepsis und Kritik mit.

 

Für Professor Dietrich Murswiek, der einen der vielen Kläger, den CSU-Politiker Peter Gauweiler vertritt, ist das OMT-Programm ein „ökonomischer Erfolg“, ein Erfolg freilich, der dazu führt, „dass die Demokratie vor die Hunde geht“. Die EZB sei nicht demokratisch legitimiert für das, was sie tut, sie bürde den Staaten und damit den Steuerzahlern Milliarden-Risiken auf und vergemeinschafte die Staatsschulden. Die Parlamente hätten nichts mehr zu sagen.

Sind die Beschwerden zulässig?

Aber je länger die Verhandlung dauert, desto drängender wird die Frage: Kann, darf der einzelne Bürger sich dagegen überhaupt wehren und wenn ja, weshalb ausgerechnet vor dem Bundesverfassungsgericht? Kurzum: Sind die Beschwerden überhaupt zulässig. Immerhin ist die Europäische Zentralbank eine Europäische Einrichtung. Zuständig wäre deshalb der Europäische Gerichtshof. Doch dort, darüber ist man sich in Karlsruhe ziemlich einig, hätten die einzelnen Bürger keine Chance. Überschreitet also nicht auch das Bundesverfassungsgericht seine Kompetenzen, wenn es diesen Fall an sich zieht? Professor Ulrich Häde, der Rechtsvertreter der Bundesregierung, stellt die rhetorische Frage, ob es wirklich Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sein könne, eine „Popularklage“ gegen Aktivitäten von EU-Institutionen in der Bundesrepublik einzuführen.

Und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erklärt hintersinnig, natürlich würde die Bundesregierung Klage beim Europäischen Gerichtshof erheben, wenn sie zur Überzeugung gelange, die Europäische Zentralbank überschreite ihre Kompetenzen. Diese Überzeugung habe die Bundesregierung aber nicht. Vom Bundesverfassungsgericht spricht Schäuble in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht.

Schon in den ersten Fragen werden die Zweifel deutlich

Schon in seinem Eingangsstatement nimmt Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle – natürlich nur zitierend – das so gefährliche Wort vom „ausbrechenden Rechtsakt“ in den Mund. Wäre das OMT-Programm der Zentralbank ein solch ausbrechender, die Kompetenzen der Europäischen Union überschreitender Akt, dann müsste Karlsruhe sein Veto einlegen, verhindern, dass sich deutsche Institutionen daran beteiligen. Dann müssten sich die Richter schützend vor die „Verfassungsidentität des Grundgesetzes“ stellen, wie sie es selbst formulieren. Keine Rolle dürfte es dann spielen, darauf weist Voßkuhle ausdrücklich hin, dass das OMT-Programm bisher so erfolgreich ist, dass die bloße Ankündigung bereits ausgereicht hat, um die Märkte zu beruhigen. Denn dann würde „der Zweck allein die Mittel heiligen. Diese Vorstellung aber widerspricht dem zentralen Versprechen des demokratischen Verfassungsstaats“ – sagt Voßkuhle. Da schwingt viel Skepsis und Kritik mit.

Für Professor Dietrich Murswiek, der einen der vielen Kläger, den CSU-Politiker Peter Gauweiler vertritt, ist das OMT-Programm ein „ökonomischer Erfolg“, ein Erfolg freilich, der dazu führt, „dass die Demokratie vor die Hunde geht“. Die EZB sei nicht demokratisch legitimiert für das, was sie tut, sie bürde den Staaten und damit den Steuerzahlern Milliarden-Risiken auf und vergemeinschafte die Staatsschulden. Die Parlamente hätten nichts mehr zu sagen.

Sind die Beschwerden zulässig?

Aber je länger die Verhandlung dauert, desto drängender wird die Frage: Kann, darf der einzelne Bürger sich dagegen überhaupt wehren und wenn ja, weshalb ausgerechnet vor dem Bundesverfassungsgericht? Kurzum: Sind die Beschwerden überhaupt zulässig. Immerhin ist die Europäische Zentralbank eine Europäische Einrichtung. Zuständig wäre deshalb der Europäische Gerichtshof. Doch dort, darüber ist man sich in Karlsruhe ziemlich einig, hätten die einzelnen Bürger keine Chance. Überschreitet also nicht auch das Bundesverfassungsgericht seine Kompetenzen, wenn es diesen Fall an sich zieht? Professor Ulrich Häde, der Rechtsvertreter der Bundesregierung, stellt die rhetorische Frage, ob es wirklich Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sein könne, eine „Popularklage“ gegen Aktivitäten von EU-Institutionen in der Bundesrepublik einzuführen.

Und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erklärt hintersinnig, natürlich würde die Bundesregierung Klage beim Europäischen Gerichtshof erheben, wenn sie zur Überzeugung gelange, die Europäische Zentralbank überschreite ihre Kompetenzen. Diese Überzeugung habe die Bundesregierung aber nicht. Vom Bundesverfassungsgericht spricht Schäuble in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht.

Die Richter müssten auf einer unsicheren Basis entscheiden

Und noch etwa könnte gegen die Zulässigkeit der Klagen sprechen. Verfassungsrichter Michael Gerhardt spricht das Problem an: Womöglich sei es ja viel zu früh für eine Klage. Die Zentralbank habe eine Absichtserklärung abgegeben. Was sie im Ernstfall tatsächlich tun würde, sei noch nicht ausreichend klar. Die Richter müssten auf einer unsicheren Basis entscheiden. Seinen Kollegen Peter Huber, Berichterstatter im Verfahren interessiert hingegen die Frage, ob im Ernstfall überhaupt Zeit für einen wirksamen Rechtsschutz bleibe. Asmussen muss zum ersten Mal nach vorne kommen. Die Zentralbank habe eine solche Entscheidung „technisch“ bereits vorbereitet. Es könne schnell gehen, Stunden reichten dafür aber wohl nicht aus. Und zuvor müsse ein Land diese Hilfen ja beantragen und sich den strengen Sparauflagen unterwerfen. Sind die Klagen vor diesem Hintergrund unzulässig oder nicht – das ist wieder einmal die Frage.

Am Nachmittag wird dann endlich Jörg Asmussen als Sachverständiger befragt. Er spricht langsam, präzise und klar in der Sprache, nicht immer beim Inhalt. Befragt von den Richtern, wie denn der doch bereits vorbereitete OMT-Beschluss genau aussehe, schweigt Asmussen. Er erklärt, „faktisch“ sei das OMT-Programm in seiner Größenordnung dadurch begrenzt, dass nur bis zu dreijährige Staatsanleihen aufgekauft würden.

Bedenken der Richter bleiben

Die Richter fragen freilich, ob diese Größenordnung nicht durch das Verhalten der Staaten, nämlich durch die verstärkte Ausgabe kurzzeitiger Anleihen, gesteuert werden könnte, und dass die Staaten dazu von der EZB sogar ermuntert werden könnten. Asmussen kann diese Bedenken offenkundig nicht zerstreuen. Der EZB-Vertreter erklärt, dass es bei der Ausgabe neuer Staatsanleihen eine Sperrzeit geben werde, während der die Bank keine Ankäufe tätige. Aber er weigert sich, diese in Tagen zu berechnende Frist öffentlich zu benennen, um den Marktteilnehmern keine Hinweise zu geben.

Intensiv befragt wird Asmussen auch zu dem Risiko, dass es weitere Schuldenschnitte bei wankenden Staaten gibt. Dass diese Verluste am Ende vom Steuerzahler getragen werden müssten, legen die Richter mit mehreren Fragen nahe. Die Angabe Asmussen, dies könne durch einen Schuldenvortrag der Bank geschultert werden, bezweifeln die Richter. Sie loben den Vertreter der EZB für seine präzise Sprache. Die Bedenken, die die Richter haben, bleiben aber erkennbar. Es bleibt spannend.