Im Kampf gegen die Verkehrsbelastung in der Region Stuttgart setzt der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf digitale Technologien und intelligente Steuerung.

Stuttgart - Im Kampf gegen die Verkehrsbelastung in der Region Stuttgart setzt der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf digitale Technologien und intelligente Steuerung. „Wir müssen neue Wege beschreiten und nicht nur immer neue Straßen fordern“, sagte Kretschmann nach dem ersten regionalen Mobilitätsgipfel am Mittwoch im Stuttgarter Haus der Architekten. Die Region müsse sich zusammenraufen, „wenn sie weg will vom Stau“, sagte Kretschmann. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart und Umweltverbände übten Kritik am Gipfel.

 

Die von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) aufgebrachten Fahrverbote aufgrund der Feinstaub- und Stickoxidbelastung in Stuttgart nannte Kretschmann „Folterwerkzeuge, die wir nicht zur Anwendung bringen wollen“. Die Landesregierung werde alles tun, um die Verbote zu vermeiden. Ähnlich hatte sich auch der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) geäußert. Er setze auf freiwillige Lösungen, sagte Kuhn.

Ein Dutzend Maßnahmen genannt

Am regionalen Mobilitätsgipfel nahmen 45 Vertreter aus Kommunen, Region, Land, Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft teil. In einer gemeinsamen Erklärung erklärten sie sich bereit, „den zurzeit schlechten Ruf Stuttgarts als staugeplagte Stadt und Region durch ein Modell zukunftsfähiger Mobilität zu ersetzen“. In der Erklärung werden auch rund zwei Dutzend Maßnahmen genannt. Dazu zählen der Ausbau der A 8 und A 81, neue Strecken für Stadt- und S-Bahnen, Hauptrouten für den Radverkehr und Jobtickets, die auch das Land und der Kreis Esslingen einführen wollen. Schwerpunkt sei aber, intelligente Formen der Mobilität voranzubringen, sagte Kretschmann, etwa die gemeinsame Nutzung von Autos oder Systeme für Mitfahrmöglichkeiten.

Kretschmann und Hermann betonten, dass sich alle Beteiligten einig seien, dass nur gemeinsames Handeln zum Erfolg führe. Dennoch setzten die IHK der Region Stuttgart und Umweltverbände in eigenen Erklärungen andere Schwerpunkte. Die IHK fordert, dass Engpässe im ÖPNV und auf Autobahnen beseitigt werden. Sie setzt sich auch ein für den Bau des Nord-Ost-Rings, das ist eine Verbindung von der B 27 bei Kornwestheim zur B 14 bei Waiblingen im Osten Stuttgarts, und der Filderauffahrt von der B 10 zur A 8 beim Flughafen – Projekte, die Kretschmann als Beispiel für „altes Denken“ brandmarkte: „Diese heillosen Versprechungen müssen ein Ende haben.“

Der Bund für Umwelt und Naturschutz bezeichnete den Gipfel als Rückschlag für alle Bemühungen, die Region zu einem Vorbild nachhaltiger Mobilität zu machen. Der ökologische Verkehrsclub Deutschland und der Landesnaturschutzverband begrüßten die Ziele, nannten die Maßnahmen aber unzureichend. Kritik übte auch die SPD-Fraktion im Stuttgarter Rathaus: Die ÖPNV-Zuschüsse müssten steigen.

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