Bei der 0:2-Niederlage in Bremen zeigt sich wieder einmal, dass der VfB Stuttgart im Sturm viel zu wenig Durchschlagskraft besitzt.  

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Obwohl er erst spät in der Nacht aus Bremen zurückgekehrt war, ist Bruno Labbadia am Montag in aller Frühe aus dem Bett geklettert, und hat noch vor dem Vormittagstraining via DVD die entscheidenden Szenen des mit 0:2 verlorenen Spiels beim SV Werder analysiert.

 

Dabei hat Labbadia drei wesentliche Erkenntnisse gesammelt: Erstens sah er, dass "bei uns die Lauf- und Passwege überhaupt nicht gestimmt haben" und zweitens habe seine Elf fast alle Bremer Chancen "durch eigene Fehler im Spielaufbau" eingeleitet. Beide Problemfelder sollen in der anstehenden Trainingswoche bis zum Heimspiel am Samstag (18.30 Uhr) gegen den 1.FC Köln erfolgreich bearbeitet werden.

Pawel Pogrebnjak tauchte erneut ab

Schwieriger wird es allerdings bei der Lösung von Problem Nummer drei, dass Labbadia ausgemacht hat: die mangelnde Treffsicherheit im Weserstadion. Zum ersten Mal seit dem fünften Spieltag, dem 2:0 über den HSV, blieb Bremen ohne Gegentor. "Es ist ist ja nicht so, dass wir keine Möglichkeit gehabt hätten, um ein Tor zu machen", sagt der VfB-Trainer. Und tatsächlich: gute Möglichkeiten waren für den VfB schon vor der Bremer Führung da, aber auch nach dem 1:0 durch Aaron Hunt (57.) und dem 2:0 durch Naldo (67.) - allerdings vergaben Shinji Okazaki wie Martin Harnik oder Khalid Boulahrouz aus aussichtsreicher Position fast kläglich.

Von demjenigen, der vor dem Werder-Tor in erster Linie die Akzente setzen sollte, war derweil so gut wie gar nichts zu sehen: Pawel Pogrebnjak, der nach elf Saison(teil-)einsätzen erst bei einem Saisontor steht, tauchte erneut ab. Dies lag zum einen Teil an der mangelnden Unterstützung der Kollegen im offensiven Mittelfeld, wo weder Harnik, noch Okazaki noch Tamás Hajnal zu Normalform fanden. Andererseits bewegte sich der blonde Russe oft auch falsch, fand keine Bindung zum Spiel - und ist aufgrund seiner körperlichen Voraussetzung ohnehin keiner, der durch gekonnte Einzelleistungen gefällt.

Schwachstelle ist der Sturm

Es ist daher schon eine kleine Ironie des Schicksals, dass die sportliche Führung des VfB in dem Manager Fredi Bobic und dem Trainer Bruno Labbadia aus zwei ehemaligen Nationalstürmern besteht. Schließlich ist der Angriff, wo im VfB-System meist nur ein Solist agiert, schon länger der schwächste Stuttgarter Mannschaftsteil.

Dies wissen auch die VfB-Chefs. "Wir waren mit den Leistungen im Sturm nicht so ganz zufrieden", sagte Labbadia, ganz Diplomat, zu dem Umstand, dass er erstmals in dieser Saison den Nationalstürmer Cacau, also den VfB-Interimskapitän, auf die Bank setzte. Gute Gründe für diese Maßnahme hätte Labbadia schon länger gehabt. Denn Cacau ist von seiner Bestform weit entfernt, was ihn nun selbst im Training permanent hadern lässt.

Fredi Bobic besitzt eine klare Prioritätenliste

"Wir müssen im Sturm mit dem auskommen, was wir haben", sagt Bruno Labbadia, der - zumindest öffentlich - keine grundsätzlich Kritik an seinen Angreifern übt. Dabei hat sein Team den Tabellenplatz sieben eher den sonst guten Abwehrleistungen (nur 15 Gegentore) zu verdanken. Für die Rückrunde darf der 45-jährige Coach hoffen, in Julian Schieber wieder eine weitere Alternative zu haben. Immerhin mischt das Eigengewächs, das in der Vorsaison an Nürnberg ausgeliehen war, bereits wieder voll im Teamtraining mit. "Wir dürfen gegenüber Julian aber keinen zu großen Erwartungsdruck aufbauen", sagt Bruno Labbadia, "er wird eine Eingewöhnungszeit brauchen."

Weil etwa der junge Angreifer Christoph Hemlein, der am Wochenende wieder in der Drittligaelf spielte, nicht sofort eine ernsthafte Lösung der VfB-Sturmproblematik ist, besitzt der Manager Fredi Bobic eine klare Prioritätenliste. Auf dieser steht die Verpflichtung eines Stürmers ganz oben. Sollte der VfB also in der Wintertransferperiode ( Bobic: "Das ist ein ganz schwieriger Markt") tätig werden, wofür bisher - ohne einen Leno-Transfer - das Geld fehlt, dann bei der Verpflichtung eines Zentrumsstürmers, der vorne die Bälle halten und verteilen kann und zudem torgefährlich ist. Der in Wolfsburg degradierte Patrick Helmes, mit dem Labbadia in Leverkusen erfolgreich zusammenarbeitete, ist daher kein Thema. Er sei, so ist zu hören, in seiner Spielweise Cacau zu ähnlich.