Im Allgäu ist es ein großes Fest, wenn die Kühe nach dem Sommer ins Tal kommen. Unser Fotograf Achim Zweygarth war in Missen-Wilhams dabei.

Allgäu - Man kann sich gut vorstellen, wie das früher war beim Viehscheid. Unten im Tal guckten die Allgäubauern, wenn sich von den Almen mit viel Geschepper die Herde ankündigte. Getrieben vom Alphirten, trotteten die Kühe hinter der Kranzkuh her. Trug das Leitvieh jedoch keinen Blumenschmuck, war auf der Alpe mindestens ein Tier verendet - durch Blitzschlag, Absturz oder Steinschlag.

 

Der Sommer dauert in den Bergen gut hundert Tage. Während dieser Zeit wird das Galtvieh - also jene Tiere, die noch keine Milch geben - auf die Alpe getrieben; 30.000 Tiere sind das im Allgäu Jahr für Jahr. Die Bauern tun sich zusammen, die Tiere werden zu Alpherden zusammengefasst und von Alphirten betreut. Wenn sie am Ende des Sommers wieder hinuntergebracht werden, heißt das Viehscheid. In vielen Allgäugemeinden ist der Almabtrieb heute eine touristische Attraktion: wegen der Bauern, wegen der Tiere, wegen des Blumenschmucks und wegen der anschließenden Feier.

Kreuz und Spiegel zur Abwehr böser Geister

Wenn eine Alpherde den Sommer gut überstanden hat, wird am Abend vor dem Viehscheid ein Kranz aus Alpenrosen, Silberdisteln und Bergblumen gefertigt, samt Kreuz und Spiegel zur Abwehr böser Geister. Damit wird die Kranzkuh geschmückt. Alle Kühe tragen eine große, an einem mit bunten Fransen geschmückten Lederriemen hängende Zugschelle. Am Morgen treiben die Alphirten die Tiere ins Tal. Unten werden sie vom ganzen Dorf und etlichen Zuschauern empfangen. Am Scheidplatz übergeben sie die Tiere ihren Besitzern. Anschließend treffen sich alle im Feststadel.

300 Kühe von sieben Alpen werden beim Viehscheid in Missen-Wilhams ins Tal getrieben. Er ist typisch für die ursprüngliche Feier und die Bräuche, die in der Allgäugemeinde ebenso lebendig sind wie die Trachten und die Gemeinschaft im Feststadel. In Missen-Wilhams sind diese Traditionen nicht zur Folklore verkommen. Achim Zweygarth, der sonst in Stuttgart auf Bilderjagd geht, hat dieses Treiben nicht mit dem verklärten Blick des Großstädters fotografiert. Vielmehr hat er dokumentiert, was dieser Tag wirklich ist: ein zünftiges Fest und vor allem viel und harte Arbeit.