Rund einen Monat nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann haben seine Anwälte nun erneut Stellung bezogen. Mit einem selbst in Auftrag gegebenen Gutachten wollen sie Lindemann entlasten.

Die Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann wiegen schwer: Es geht um Machtmissbrauch gegenüber Frauen innerhalb eines so genannten Casting-Systems für Groupies im Umfeld der Rammstein-Konzerte bis hin zu sexualisierter Gewalt. Ins Rollen gebracht hatte den Fall die 24-jährige Nordirin Shelby Lynn. Till Lindemann hatte daraufhin die Anwaltskanzlei Schertz Bergmann eingeschaltet.

 

Die Kanzlei veröffentlichte nun eine Pressemitteilung. Darin wird aus einem Gutachten zitiert, das die Anwaltskanzlei im Namen ihres Mandanten in Auftrag gegeben hatte. „Um die Vorwürfe von Frau Lynn weiter aufzuklären, haben wir für unseren Mandanten eigene Untersuchungen veranlasst“, heißt es in der Pressemitteilung. Demnach sollte das Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln anhand der von Shelby Lynn veröffentlichten Fotos und eines Videos untersuchen, ob Fremdeinwirkung die Hämatome auf ihrem Körper verursacht haben könnten.

Die junge Frau hatte diese Bilder in den sozialen Netzwerken nach einem Konzertbesuch in Vilnius (Litauen) geteilt. Sie sei unter Drogen gesetzt worden und könne sich nicht daran erinnern, wie es zu den Verletzungen gekommen sei, erklärte Lynn. Sie betonte indes auch, dass Till Lindemann sie nicht weiter bedrängt habe, nachdem sie es abgelehnt habe, mit ihm Sex zu haben.

Das Ziel der Lindemann-Anwälte: mit dem Gutachten sollte geklärt werden, ob die Hämatome auf eine körperliche Misshandlung zurückgeführt werden können. Laut der Pressemitteilung legen die Aufnahmen ein Unfallgeschehen ohne Fremdeinwirkung als wahrscheinlichste Ursache nahe. Der Direktor des Instituts, Markus Rothschild, wird darin zitiert: „Insgesamt sprechen Morphologie und Lokalisation der dokumentierten Verletzungen eher für ein akzidentielles Geschehen, ohne das eine Fremdeinwirkung von vornherein allein anhand der Befunde völlig ausgeschlossen werden kann.“ Gemeint sind die Form und die Stelle der Hämatome, die eher für ein zufälliges Geschehen sprechen. Er ergänzt: „Typisch für eine Fremdeinwirkung sind die Befunde aus rechtsmedizinischer Sicht indes nicht.“

Hinweise auf sexualisierte Gewalt lassen sich laut des zitierten Gutachtens anhand der Fotos ebenfalls nicht feststellen. Wobei eine sexuelle Nötigung oder eine Vergewaltigung auch nicht ausgeschlossen werden könne.

Anwälte haben Kayla Shyx abgemahnt

Inwieweit das selbst in Auftrag gegebene Gutachten nun den Sänger entlasten kann, wird sich zeigen. Seine Anwälte betonen in der Pressemitteilung außerdem, dass das Verfahren in Litauen gegen ihren Mandanten eingestellt wurde. In Berlin läuft allerdings noch ein Ermittlungsverfahren gegen Lindemann.

Außerdem wiederholten die Anwälte ihre Ankündigung, gegen „unzulässige Berichterstattung und unwahre Tatsachenbehauptungen in den Medien und in den sozialen Netzwerken vorzugehen. Auch Youtuberin Kayla Shyx, die in einem Video von eigenen Erfahrungen auf einem Rammstein-Konzert berichtet hatte, sei demnach von Lindemanns Anwälten abgemahnt worden.

Der Deutsche Journalisten-Verband hatte zuvor bereits die Aussagen der Anwaltskanzlei Schertz Bergmann zum Fall des beschuldigten Rammstein-Sängers Till Lindemann als Einschüchterungsversuch gegenüber recherchierenden Medien eingestuft.