Die Niederlande beginnen mit dem Bau eines Wasserstoff-Netzwerks für Nordwesteuropa. Davon sollen auch deutsche Regionen profitieren: Geplant ist ein 1200 Kilometer langes Pipeline-Netz bis Hamburg, Bremen, Wolfsburg und ins Ruhrgebiet.

Korrespondenten: Helmut Hetzel (htz)

In einem symbolischen Akt hat der niederländische König Willem-Alexander (56) höchstpersönlich die erste Röhre im Rotterdamer Hafen in die Erde geschoben. Er gab damit den symbolischen Startschuss für den Bau eines neuen großen nordwesteuropäischen Pipeline-Systems für den Transport von grünem Wasserstoff.

 

Niederländische Regierung investiert neun Milliarden Euro

Über das neue Wasserstoff-Pipeline-System, das ein Netzwerk von rund 1200 Kilometern umfasst, sollen vom Jahr 2025 an die Niederlande und Belgien sowie die deutschen Städte Bremen, Hamburg, Hannover, Wolfsburg, Salzgitter sowie das Ruhrgebiet von Rotterdam aus mit grünem Wasserstoff versorgt werden können. Bis 2030 soll das Wasserstoff-Netzwerk voll funktionsfähig sein.

Die Haager Regierung will rund neun Milliarden Euro in das Projekt investieren. Denn die Niederlande und Rotterdam sollen zum Wasserstoffhub für ganz Nordwesteuropa ausgebaut werden. Teile des bestehenden Gasleitungsnetzes können für das neue Wasserstoff-Netzwerk genutzt werden.

Um zum nordwesteuropäischen Wasserstoffhub zu werden, spricht noch etwas für die Niederlande: Der Mineralöl- und Gaskonzern Shell baut im Rotterdamer Hafen die größte Wasserstofffabrik Europas. Eine zweite ist in Planung. Der von Shell im Rotterdamer Hafen erzeugte Wasserstoff kann also direkt in das neue Wasserstoffnetzwerk eingespeist werden. Damit wollen die Niederlande in der Produktion und Distribution von Wasserstoff künftig eine wichtige Rolle in Europa übernehmen.

Das Stromnetzwerk Tenne T ist das Vorbild

Das niederländische Energieunternehmen „Gasunie“ geht davon aus, dass die Niederlande zu einem der größten Wasserstoffproduzenten in Europa werden. Denn in Rotterdam ist es nicht nur möglich, Wasserstoff herzustellen. Über den dortigen Hafen können große Mengen davon auch vie Schiff aus Südeuropa, Afrika (Kenia) und aus Südamerika (Brasilien) eingeführt und anschließend über das neue Wasserstoffnetzwerk in andere europäische Länder weiter verteilt werden. Mit dem Bau des sogenannten Tenne T, eines der größten Stromnetzwerke in Europa, haben die Niederländer bereits gezeigt, dass sie so etwas können.

Tenne T betreibt in den Niederlanden und Deutschland Hochspannungsstromnetze mit einer Länge von 25 000 Kilometern. In den Niederlanden ist Tenne T quasi Monopolist und versorgt mit seinen Netzwerken das ganze Land mit Strom. Die deutschen Tenne-T-Stromnetze reichen von Hamburg über Kassel, Frankfurt bis nach München. Zudem sind sie mit den Netzen in den Niederlanden via Groningen, Ostfriesland und Hamburg eng verbunden. Was mit Strom funktioniert, soll künftig auch mit Wasserstoff funktionieren.

Bis zum Jahr 2030 soll nach Angaben des niederländischen Umweltministers Rob Jetten die Transformation weg von den fossilen Brennstoffen Öl und Gas und hin zu grünem Wasserstoff weitgehend vollzogen sein. „Aufgrund unserer geografischen Lage und hervorragenden Infrastruktur haben wir eine gute Chance, mit Rotterdam als Zentrum zu dem nordwesteuropäischen Wasserstoffhub zu werden,“ sagt Jetten. Der Minister zeigt sich davon überzeugt, dass grüner Wasserstoff die perfekte Kombination aus Umweltschutz und technologischer Innovation und damit ein Geschäftsmodell für die Zukunft ist.

Ehrgeizige Pläne

Bis zum Jahr 2030 will die Europäische Union jährlich zehn Megatonnen grünen Wasserstoff produzieren, dessen Einsatz nicht mehr zur Erderwärmung beitragen wird. Fast die Hälfte des erzeugten und in Europa verteilten grünen Wasserstoffs soll 2030 aus den Niederlanden kommen. Das sind ehrgeizige Pläne, aber bis dahin soll das niederländische Wasserstoff-Pipeline-Netzwerk in Nordwesteuropa fertiggestellt sein, über den dann der grüne Wasserstoff fließen soll.

Grüner Wasserstoff

Elektrolyse
 Grüner Wasserstoff wird mithilfe der Elektrolyse erzeugt. Der dafür benötigte Strom soll aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne oder Wind kommen – daher die Bezeichnung „grüner Wasserstoff“.

Schlüsselrolle
 Wasserstoff gilt als vielfältig einsetzbarer Energieträger. Klimafreundlich hergestellter Wasserstoff und seine Derivate, etwa Ammoniak und Methanol, ermöglichen es, die CO2-Emissionen zu verringern.

Ergänzung
Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zufolge soll Wasserstoff künftig vor allem dort eingesetzt werden, wo die direkte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien nicht ausreicht oder nicht möglich ist.