Die Leiterin des Stadtmuseums hat für ihre neue Ausstellung die Bürger mit ins Boot geholt – und ist begeistert vom Engagement. Was zeigt Birgit Knolmayer?

Überwältigt beschreibt Birgit Knolmayers Gemütslage ziemlich genau. Die Leiterin des Stadtmuseums kann immer noch nicht fassen, wie viele Exponate die neue Ausstellung „Kinderträume unterm Christbaum. Ein Blick in Gerlinger Weihnachtszimmer“ zeigt. Mehr als 100 Stücke haben die Menschen zu ihr getragen, nachdem Birgit Knolmayer im Sommer einen Aufruf gestartet hatte.

 

Birgit Knolmayer wagte Neues, als sie beschloss, eine Ausstellung nur mit dem zu konzipieren, was die Gerlinger bringen. Es sei ein Risiko gewesen. Schließlich wusste sie weder, wie viele Exponate sie erhält noch welcher Art. Die Museumschefin wollte aber unbedingt die Bürger einbeziehen. „Mir war schon klar, dass etwas kommt – aber nicht, dass es so viel ist“, sagt Birgit Knolmayer. Wie sie alles bloß unterkriege, habe sie sich am Anfang gefragt. An der Resonanz merke sie, dass sich viele Gerlinger mit dem Museum identifizieren und sich als Teil der Geschichte der Stadt sehen. Lieferungen nimmt Birgit Knolmayer schon seit geraumer Zeit keine mehr an. Denn sie möchte alles ausstellen, was die Gerlinger ihr geben. „Wir beobachten, was kommt und sehen das als wertvolle Leihgaben, die wir gleichwertig positionieren“, beschreibt Birgit Knolmayer ihre Rolle und die ihres Teams.

Dachböden, Keller – und die Herzen geöffnet

Der Schwerpunkt liegt auf Weihnachtsgeschenken für Kinder aus fast 100 Jahren. Birgit Knolmayer stellt chronologisch dar, wie sie sich verändert haben. „Ich bin begeistert, wie die Gerlinger nicht nur ihre Keller und Dachböden geöffnet haben, sondern auch ihre Herzen“, sagt sie: Jeder hat ihr zu seinem Schatz eine Geschichte erzählt. Die von Joachim Schäfer steht auf dem Banner im ersten Raum, dem Weihnachtszimmer. Die Eisenbahn, um die es auch geht, ist in der Ausstellung so aufgebaut, wie sie es an Weihnachten 1960 war, nachdem Joachim Schäfer und sein Bruder sie unterm Christbaum gefunden haben. Joachim Schäfers Geschichte, sagt Birgit Knolmayer, stehe stellvertretend für die vielen Geschichten der Gerlinger. Sie habe alle ins Herz geschlossen.

Außer dem Klassiker Eisenbahn gibt es in der Schau viele Puppen, Puppenstuben und Kaufläden zu sehen, zudem Kuscheltiere, Musikinstrumente, Bücher, Briefpapier, Zauberwürfel. Neben einem Riesenrad liegt eine Kinotrommel, und der Schaukelstuhl aus Holz lässt sich in Sekundenschnelle in einen Spieltisch verwandeln. Fingerhohe, selbstbemalte Figuren aus Holz von um 1900 gehören zu den ältesten Exponaten. Auch das Polyfon ist aus dieser Zeit. Mit der Dampfmaschine sollten Mädchen stricken üben. Aus den 1960er Jahren datiert die Mondstation – am 20. Juli 1969 landeten mit Neil Armstrong und Buzz Aldrin erstmals zwei Menschen auf dem Mond. „Vielleicht kriegen wir die Station in Betrieb“, sagt Birgit Knolmayer. Sie blickt auf die Vitrine. Aus der Neuzeit hat sie kaum Spielzeug gekriegt, unter anderem Playmobil.

In Ungarn ist das Christkindlspiel weit verbreitet

Birgit Knolmayer sagt, es sei faszinierend, die Unterschiede zwischen arm und reich zu sehen. Oder wie kleinteilig manche Dinge seien und wie einfach die Materialien, deren Ergebnisse Kinder aber glücklich gemacht hätten. Zum Beispiel die Puppenstube aus der Kriegszeit, den 1940er Jahren, die aus Streichholzschachteln und Garnrollen gebaut wurde. Dass der Spielzeughersteller Schuco auch Stofftiere produziert, habe sie erst vor Kurzem erfahren.

Weil das Stadtmuseum ebenfalls Museum der Deutschen aus Ungarn ist, nimmt Birgit Knolmayer auch ihre Traditionen an Weihnachten unter die Lupe. Das Christkindlspiel etwa, eine Kombination aus Sternsinger und Krippenspiel. Die dazu nötigen weißen Kleider sind Leihgaben aus Gerlingens Partnerstadt Tata, ebenso der typische Baumschmuck, Salonzucker in Form von Bonbons. Und dann hängen da noch zahlreiche alte Fotos an den Wänden, von Weihnachtszimmern damals und Spaß im Schnee. Von ihr gebe es zwei Fotos, sagt Birgit Knolmayer, die auch von Stadtarchivar Klaus Herrmann Kindheitserinnerungen erhalten hat.

„Das Stadtmuseum hat so viel Potenzial“

Seit etwas mehr als zwei Jahren leitet Birgit Knolmayer das Museum. Sie sagt: „Es hat so viel Potenzial. Ich bin angekommen.“ Vom ersten Tag an sei ihr der Kontakt zu den Gerlingern wichtig gewesen. Der in der Corona-Pandemie eingeschlafen sei. Doch mit der Sprichwortausstellung – mit mehr als 5300 Besuchern so beliebt wie bisher kaum eine Schau – und nun der Weihnachtsausstellung habe sie viele, vor allem ältere Bürgerinnen und Bürger zurückgewonnen, die bis dato mit dem Museum verbunden waren, und den Kontakt sogar intensiviert.

Dass die neue Ausstellung von Gerlingern gemacht ist, wertet Birgit Knolmayer als einen großen Vorteil angesichts des „riesigen Kulturangebots“. Eine Schau wie die in Gerlingen würden die Menschen nur hier finden. So soll auch das Begleitprogramm möglichst viele Leute aus der Stadt locken. Verschiedene Sinne würden angesprochen, so Knolmayer: beim Backen, beim Singen, beim Entdecken bei Dunkelheit.

Die Weihnachtsausstellung öffnet am Dienstag, 5. Dezember, um 18 Uhr. Zu hören ist der Nachwuchs der Jugendmusikschule.