Vier Experten sprechen über das Thema Patientenverfügung und klären viele Fragen.

Weissach - Es bleibt ein Dauerbrenner: Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Generalvollmacht sind eigentlich unabdingbare Vorsorgeinstrumente, so wie die finanzielle Absicherung im Alter. Nur, dass ein Unfall, ein Herzinfarkt oder eine unheilbare Krankheit nicht erst im Rentenalter zuschlagen kann, sondern jederzeit. Ein Mensch, gleich welchen Alters, kann in der Folge nicht mehr über sich selbst bestimmen. Was dann?

 

Darüber haben gleich vier Experten die Bürger in der Weissacher Strudelbachhalle informiert. Andreas Kleiß, der Leiter der Betreuungsbehörde des Landratsamts Böblingen, der Weissacher Notar André Luithien, der Mediziner Bernd Stadler und Manfred Koebler, der Vorsitzende des Kreisseniorenrats (KSR), haben über viele Punkte aufgeklärt.

Ehepartner haben nicht alle Rechte

„Was wir immer wieder feststellen, ist, dass die meisten Menschen nach wie vor nicht wissen, dass sie nicht automatisch für den Ehepartner entscheiden können“, sagt Kleiß und schaut eindringlich in die Runde, „gibt es keine Vollmacht, setzt Vater Staat einen gesetzlichen Betreuer ein. Selbst, wenn der Ehepartner zum Betreuer bestellt wird, muss er Rechenschaft ablegen und jährliche Berichtspflichten erfüllen. Und für alle finanziellen Transaktionen, ob das Haus verkauft werden soll oder Geld vom Sparbuch auf das Girokonto überwiesen wird, muss eine notarielle Genehmigung eingeholt werden.“ „Da entstehen hohe Kosten“, bestätigt Notar André Luithien, „und es wird immens ins Familienleben eingegriffen. Aber mit der Vorsorgevollmacht bleibt der Staat draußen.“

Doch das ist so eine Sache, die gut überlegt sein will. Wem soll Vollmacht erteilt werden? Was ist, wenn derjenige in der Zwischenzeit verhindert ist, im Ausland lebt oder selbst krank ist? Kann auch mehreren Personen eine Vollmacht erteilt werden? Und muss dann immer alles gemeinsam entschieden werden?

Was genau für die individuelle Situation passt, das sollte mit Fachleuten durchgesprochen werden. Sie helfen dabei, die Vorstellungen und Wünsche so zu formulieren, dass möglichst wenig Raum für eventuelle Missdeutungen bleibt.

Um späteren Anfechtungen entgegenzutreten, sollte die Vollmacht beglaubigt werden. Die Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde des Landratsamts genügt so lange, bis Grundbesitz ins Spiel kommt. Dann steht der Gang zum Notar an. „Juristisch ist die Beglaubigung durch das Landratsamt der notariellen gleichgestellt. Doch bei Änderungen von Grundbucheinträgen braucht es nach wie vor die notarielle Beglaubigung“, erklärt Luithien. Auch an Bankvollmachten sollte gedacht werden.

Tipp: Alte Verfügungen erneuern

Bei den Patientenverfügungen hat ein kürzlich veröffentlichtes BGH-Urteil für Aufregung gesorgt: Es erklärt einen Großteil von Patientenverfügungen und den gesundheitlichen Passus von Vorsorgevollmachten für ungültig nämlich dann, wenn Festlegungen zu Umfang und Grenzen lebensverlängernder Maßnahmen unpräzise sind. Das heißt: enthalten die Verfügungen nur Standardklauseln, sind sie nichtig .

Wohl dem, der die Formulare des Böblinger Kreisseniorenrats (KSR) nutzt: Hier sind die Fallstricke schon ausgemerzt. „Trotzdem sollten Patientenverfügungen, die heute älter als drei Jahre sind, ausgetauscht werden“, gibt Koebler einen Tipp, „dann ist man auf der sicheren Seite.“ Stadler ergänzt: „Mündliche Absprachen gelten nicht. Nur das Schriftliche zählt.“

Alle Experten appellieren zum Schluss noch mal an die Besucher: „Schieben Sie das Thema nicht auf die lange Bank! Es dauert nur ein paar Minuten, die Formulare auszufüllen. Und führen Sie das Kärtchen mit dem Hinweis, dass es eine Patientenverfügung und eine Generalvollmacht gibt, immer bei sich. Dann können Sie sicher sein, dass danach gehandelt wird.“