Der Weitspringer Fabian Heinle vom VfB-Stuttgart hat bei der Leichtathletik-EM in Berlin eine Medaille gewonnen. Welche, das erfuhr der 24-Jährige erst nachts.

Berlin - Am Tag danach hetzt Fabian Heinle von Termin zu Termin. ZDF-Morgenmagazin, Pressekonferenz, Siegerehrung. Das kannte der Weitspringer aus Leinfelden-Echterdingen bislang noch nicht – er war aber ja auch noch nie EM-Medaillengewinner.

 

Herr Heinle, wie ausschweifend haben Sie gefeiert?

Eher gemäßigt. Das eine oder andere Bier habe ich mir natürlich schon gegönnt, um halb drei war ich aber im Bett. Da fand ich zum ersten Mal Zeit, über meinen Wettkampf nachzudenken. Das ging so lange, dass ich keine Minute geschlafen habe.

Haben Sie schon realisiert, was Sie geleistet haben?

So langsam wird es realer. Im ersten Moment konnte ich es noch überhaupt nicht fassen.

Ein völliger Außenseiter waren Sie aber nicht.

Ich hatte ehrlich gesagt schon mit einer Medaille geliebäugelt, denn ich wusste ja: Die anderen sind auch nicht viel besser. Dass es aber tatsächlich klappen würde, war überwältigend.

Wir haben Sie den Wettkampf erlebt? Die Stimmung im Olympiastadion war ja grandios.

In dem Moment, als ich ins Stadion einlief, warf Arthur Abele gerade im Zehnkampf seinen Speer auf 68 Meter. Da habe ich schon einen Vorgeschmack bekommen. Dann kam der Diskus-Wettkampf mit Robert Harting, das Kugelstoßen mit Christina Schwanitz – es war teilweise so laut, dass ich mir die Ohren zuhalten musste. Man versucht, diese Atmosphäre aufzusaugen und in seinen eigenen Wettkampf mitzunehmen.

Schon mal ansatzweise so eine Stimmung erlebt?

Nein. So etwas werde ich auch nicht noch einmal erleben.

Ihr Wettkampf war kurios, es gab immer wieder Verwirrung, weil die Weiten offenbar nicht gestimmt haben.

Bei mir war es so, dass ich im vierten Versuch weit gesprungen bin und mit gutem Gefühl aus der Grube kam. Mindestens acht Meter, dachte ich – und dann leuchten 7,77 Meter auf. Mein Trainer schaute sich gleich danach Videoaufnahmen an und bestätigte mein Gefühl. Er riet mir, Protest einzulegen, was ich dann auch getan habe.

Sie waren nicht der einzige Springer, der sich zu schlecht bewertet fühlte.

Am Ende hat dann auch noch der Schwede nach seinem letzten Versuch Protest eingelegt. Er meinte, in die Medaillenränge gesprungen zu sein. Daher wusste ich nicht, ob ich jetzt Silber oder Bronze gewonnen habe – war aber froh, dass ich immerhin den besseren zweite Versuch als der Ukrainer hatte.

Sie lagen mit Sergej Nikiforow mit jeweils 8,13 Meter auf Platz zwei. Dann muss der jeweils zweitbeste Versuch entscheiden, wer vorne ist.

Den hatte ich, ja. Es war aber noch unklar, ob nicht auch noch der Schwede dazwischenfunkt. Das war eine blöde Situation, nicht zu wissen, ob man Silber oder Bronze gewonnen hat. Viel schlimmer aber wäre es gewesen, wenn es um die Plätze drei und vier gegangen wäre. So wusste ich ja immerhin, dass mir eine Medaille sicher ist.

Wann haben Sie erfahren, welche es ist?

Nachts um halb zwei kam unser Sportdirektor Idriss Gonschinska und sagte, dass alle Proteste durch seien und ich mich über Silber freuen dürfe. Dann konnte ich mich zum ersten Mal so richtig freuen. Als ich nach dem Wettkampf Interviews gab, wusste ich ja noch gar nicht, ob es Silber oder Bronze ist.

Die Gratulanten standen trotzdem Schlange. Wie viele Nachrichten sind am Abend auf Ihrem Handy eingetroffen?

Sehr viele. Allein in einer Whatsapp-Gruppe waren es mehr als 250.